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Sep 25 2011

IceBluemchen

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37. Verpatzte Mission

Im tiefen Rot versank die Sonne am Horizont und übergab der dunklen finsteren Nacht die Herrschaft. Mürrisch starrte Marco aufs Meer hinaus, erwartete er die Rückkehr seines jungen Kapitäns. Seine Standpauke hatte er sich längst zurecht gelegt, würde er den hitzköpfigen Feuerteufel nicht ohne dies durchgehen lassen.
Noch immer fragte er sich, was Ace sich bei seinem wiederholten Alleingang eigentlich dachte. Wieso war er allein losgezogen? Warum hatte er ihren eigentlichen Plan verworfen und begab sich stattdessen in größte Gefahr?
Den gesamten Tag dachte er über diese Aktion nach. Teils wirre Gedanken ließen ihn den Kopf schütteln und verzweifeln. Was wenn ihm etwas passierte? Betrübt erinnerte er sich an die Schlacht auf Marinefort und wie Ace Tod in den Armen seines kleinen Bruders zusammensackte. So sehr hatte es ihn geschmerzt, war es wie ein Dolchstoß ins eigene Herz.
„Verdammt Ace, wieso? Ist deine Todessehnsucht so groß, das du überhaupt nicht erkennst, welchen Fehler du begehst und andere damit verletzt?“, fragte er sich still und seufzte. Er hatte geglaubt, das Ace wirklich leben wolle und er mit seiner neuen Aufgabe auch ein Ziel im Leben hatte, welches sich zu leben lohnte. Aber nun war er sich in dem nicht mehr sicher. Hatte er recht gehandelt, als er dem Jungen die schwere Kapitänsbürde überließ? Hätte er nicht vielleicht warten sollen, bis Ace sich im klaren gewesen wäre, was er mit seinem zweiten Leben anfangen wolle. Hatte er ihn überfordert und war selbst für dieses Dilemma verantwortlich.
„Verdammt!“, fluchte er und schlug mit geballter Faust auf die Reling, die leicht unter dem Schlag ächzte und einige Splitter davon stoben. Seufzend sah er aufs Meer hinaus und wartete.

„Marco, Namur kommt zurück und er hat Ace Striker im Schlepptau.“, berichtete der Ausguck. Sogleich wand Marco seinen Blick in die Richtung, in die der Nakama im Krähennest wies und versuchte in der dunklen Ferne etwas auszumachen.
„Und Ace? Siehst du ihn auch?“, fragte er ins Sprechgerät und bekam eine beängstigende Antwort zurück. „Nein, Namur scheint allein zu sein.“
Alles zog sich in Marco zusammen, jeder Muskel seines Körpers spannte sich an und ließ ihn kurz erstarren. Tief atmete er ein, versuchte ruhig zu bleiben, aber gleichsam fürchtete er, das seine schlimmsten Befürchtungen war geworden waren. Sie hatten Ace erwischt und alles was überblieb, war der verwaiste Striker.
In der Ferne den kleinen Punkt fixierend, bemerkte er nicht einmal, wie alle Kommandanten neben und hinter ihn traten und ebenfalls der Dinge abwarteten, die dort nun immer näher auf sie zu kamen.
Bald war Namur für jeden erkennbar und auch der Striker, den er an einem Seil hinter sich herzog. Marco verbat sich seine Ängste, wieder alles verloren zu haben. Er wollte es nicht an sich heranlassen und war froh, als Jozu ihn bestärkend eine Hand auf die Schulter legte, auch wenn diese schwer dort wog.
„Er liegt im Striker!“, meinte Blenheim plötzlich und wirklich jeder schaute nun auf das näherkommende Dunkel. Hatte der Striker erst verwaist gewirkt, konnte nun auch Marco die dunkle Gestalt darin ausmachen, die sich jedoch nicht regte. Schlief er nur? Oder… Nein, wieder verbat Marco sich solche Gedanken. Ace lag im Striker und schlief sicherlich nur. Etwas anderes konnte und durfte einfach nicht sein.
Fast hatte Namur die Orca erreicht, als Fossa und Vista an der Außenwand hinabkletterten und sie in Empfang nahmen. Den Striker sichernd, sah Vista besorgte auf Ace, der zitternd in der Feuerwanne lag und zu schlafen schien. „Was ist passiert?“, fragte er besorgt, registrierte Ace nicht einmal, das er wieder zu Hause und in Sicherheit war.
„Es ist meine Schuld! Ich habe Mist gebaut!“, gab Namur nur als Antwort und half seinen Kapitän aus dem Striker zu heben und aufs Deck zu schaffen.

Entsetzt sah Marco zu, wie Fossa Ace über die Reling an Jozu weiterreichte, der ihn sogleich davon und unter Deck schaffte, musste er schnellstens auf die Krankenstation. Am liebsten wäre er ihm nachgelaufen, jedoch würde dies auch nichts nützen. Doc würde ihn achtkantig von der Station verbannen und vor dieser zu kampieren und die Crew ängstigen, wäre auch keine gute Idee.
Sein Blick fiel zu Namur, der gerade über die Reling geklettert kam und betrübt zu Boden sah, als sich ihre Blicke trafen.
„Namur, was ist geschehen?“, fragte Marco, musste er es einfach wissen, würde ihn die Unklarheit keine Ruhe gewähren.
„Ich habe Mist gebaut!“, begann Namur und sah wütend auf sich selbst zur Seite. „Ich habe ihn nicht erkannt und in Gefahr gebracht. Es tut mir Leid…“, Marco verstand dies nicht. Wieso hatte Namur seinen Käpt’n und Freund nicht erkannt? Was hatte dies zu bedeuten?
„Erzähl mir alles!“, forderte er den Fischmenschen daher auf und alle lauschten nun den Ausführungen des 8ten Kommandanten.

Vom Meer aus beobachtete Namur das Treiben im Hafen. Alles wirkte ruhig und nichts deutete auf Ace’ Anwesenheit hin. Im Schutz der tiefen Flut tauchte er an den Rand des Hafenbeckens und versuchte mit Hilfe seines Ortungssonars den Striker seines Käpt’ns auszumachen. Jedoch war er sich nicht recht sicher, ob er so wirklich Erfolg haben würde.
Früher hätte er den Striker auf anhieb ausmachen können, kannte er den Rückschal, den das kleine Boot zurückgab. Aber bei dem neuen Striker hatte er noch nicht die Gelegenheit gehabt, sich den Rückschal einzuprägen und so musste er einfach seinem Instinkt folgen und die Spuren verfolgen, bei denen er glaubte, richtig zu liegen.
Mit Glück war bereits das vierte Boot das richtige und er schüttelte über sich selbst den Kopf, hätte er es sich doch denken können, das Ace seinen Striker nicht offen an einer Pier binden würde, sondern geschickt unter einem breiten hölzernen Ausläufer versteckte, wo er vor neugierigen und ungebetenen Blicken verschont blieb.
Sich umsehend, wie Ace von dort weggekommen war, entdeckte er in naher Entfernung eine baufällige Leiter, die empor und durch eine kleine Luke führte. Er selbst würde dort nicht durchpassen, jedoch Ace war schmächtiger und hatte keine Haifinne auf dem Rücken.
So suchte er sich einen anderen Weg und spähte über die Mauer des Hafenbecken auf die weite Schiffsanlage. Hadernd überlegte er, ob er ihn nun suchen sollte oder hier einfach ausharrte und abwartete was geschehen würde.
Er entschied sich für die Suche und kletterte aus dem Becken empor. Sich im Schatten der Gassen fortbewegend, wurde ihm bald klar, wie dumm diese Idee doch war. Schnell hatten sie ihn entdeckt und zu allem Überfluss ertönten auch schon die Alarmglocken der Festung, war Namur doch kein Unbekannter. Jeder Soldat der neuen Welt erkannte die Kommandanten der Whitebeard-Piraten und somit auch ihn.
Alleine kämpfen gegen ein gefühltes Heer von Soldaten die nun auf ihn zugestürmt kamen, war aussichtslos und stand im klaren Gegensatz zu dem, was seine Bande eigentlich wollte. War ihr Bestreben doch, sich so unauffällig wie möglich ihrem wahren Ziel zu nähern, hatte er dies nun gehörig in den Sand gesetzt.
„Mist!“, fluchte er und eilte in Richtung Hafenbecken zurück. Das Wasser wäre seine Zuflucht, würden die Soldaten ihm dort nicht folgen können.
„Aus dem Weg!“, brüllte Namur einen Offizier an, der es anscheinend ebenfalls recht eilig hatte und ihm direkt vor die Füße lief.
„Haltet den Piraten!“, riefen die Soldaten den Offizier entgegen, krachten jedoch im selben Augenblick erste Schüsse.

Namur rechnete damit, das der Offizier ihn festhalten und festnehmen würde. Zur Gegenwehr bereit, war er recht erstaunt, als er seinen Käpt’n in der wohl besten Verkleidung die man sich vorstellen konnte, ausmachte. Froh ihn gefunden zu haben, erstarrte er als Ace unter den Schüssen zusammensackte und hart auf den Boden aufschlug. Blut befleckte die weiße Uniform. Geistesgegenwärtig zog Namur ihn wieder auf die Beine und sprang, eh die Soldaten sie erreichten und hätten festnehmen können.

„Er hat eine Geisel!“, klangen laute Rufe durch den Hafen. „Der Offizier wurde verletzt. Sein Mantel ist voller Blut!“, rief irgend jemand anderes. „Wir brauchen Taucher!“, befahl ein weiterer Offizier.
Aber Namur scherte dies alles nicht, hatte er weit größere Probleme und Sorgen, als eine Horde Soldaten, die wirr wie Ameisen den Hafen in ein Chaos katapultierten. Nur kurz war er mit Ace im Griff getaucht, bis er einen Pier erreicht hatte, der etwas Deckung bot. Seinen Käpt’n nun über Wasser haltend, schwamm er weiter. Sorge beherrschte ihn, atmete Ace zwar, jedoch war er nicht bei Bewusstsein und hing schlaf im starken Griff des Fischmenschen.
„Marco wird sauer sein!“, fluchte er leise. „Da schickt er mich dich zu suchen und zu beschützen… und was mach ich…?“ Seufzend sah er auf den schwarzhaarigen Jungen, der keinerlei Regung zeigte und nur sein angestrengter Atem zu hören war.
Vorsichtig hievte er ihn in die Feuerwanne des Strikers und kletterte ebenfalls auf das kleine wacklige Boot, mit der Frage im Kopf, wie Ace eigentlich allein mit diesem Ding über das Meer jagen konnte, ohne Angst zu haben, das er kentern und ertrinken würde. Aber vielleicht lag genau darin die Antwort. Ace hatte einfach keine Angst davor, vertraute dem handwerklichen Geschick Woodys, das er das Boot schon stabil genug gebaut hatte und es auch bei rauer See gut im Wasser lag. So ein Vertrauen musste man auch wirklich haben, wenn man an dieser Nussschale so einen großen gefallen fand.
Unsicher was er jetzt machen sollte, zog er Ace das Hemd von der Schulter, wo noch immer Blut aus einer klaffenden Wunde austrat. Jedoch wie war dies nur möglich? Normal hätten die Kugeln ihn in Feuer durchschlagen müssen. So oft hatte Namur dies schon gesehen. Warum war es dieses mal nicht geschehen? Warum verletzte ihn plötzlich eine Gewehrkugel und löste so starke Schmerzen aus?
Er hatte keine Antwort darauf, riss ein Stück der Uniform ab und presste sie auf die Wunde, musste er die Blutung doch stoppen. „Ahh…“, stöhnte Ace auf und reflexartig schnellte seine Hand an seine Schulter, ergriff Namurs Arm und wollte ihn fortdrücken. Aber Namur war stärker.
„Ace, halt still!“, brubbelte Namur ihn an und versorgte weiter die Wunde, indem er den Stofffetzen mit einem weiteren Stück Stoff des Hemdes fixierte. Es würde eine Weile halten, aber Ace musste schnellsten zu einem Arzt, hatte der Fischmensch keine Austrittswunde ausmachen können, was bedeutete, das die Kugel noch in seinem Körper steckte.
„Namur…?“, fragte Ace mit zusammengebissenen Zähnen, sich darauf konzentrierend, das er vor Schmerzen nicht aufschrie oder gar losheulte. Seine Schulter brannte wie Feuer und bereits reines atmen verstärkte die Qual um ein vielfaches.
„Ja Ace, ich bin es. Marco hat mich geschickt dich zu suchen…“, das Beschützen verkniff er sich, hatte er das Gefühl versagt zu haben. „Wie fühlst du dich?“, fragte er stattdessen.
„Beschissen…“, war die knappe Antwort, während Ace versuchte, sich etwas bequemer zu positionieren, schliefen ihm allmählich in dieser eingequetschten Lage die Beine ein. Namur war ihm sogleich behilflich sich hinzusetzen und abermals bedauerte Ace, das Woody keinen Masten mit Segel angebaut hatte, wäre der Mast jetzt eine gute Rückenlehne gewesen.
„Es wird bald dunkel, dann können wir hier verschwinden.“, sprach Namur und späte zur Sonne, die nach seinem Geschmack noch viel zu hoch stand. Ace nickte nur und rieb sich mit der linken Hand über seinen rechten Arm.
„Alles okay?“, fragte Namur sogleich besorgt. „Ja… Nein… meine Schulter wird langsam taub und mir ist verdammt kalt.“ Ein leichter Schauer lief ihm über den Rücken und ließ ihn erzittern. Schmerzlich griff er sich an seine Schulter und stöhnte auf. „Verdammt, wie ist das überhaupt passiert?“, fragte er sich fluchend und deutete sogleich auf seinen Rücksack, der vor Namurs Füßen lag. Sogleich griff der Fischmensch danach und öffnete ihn.
„Hier…“, reichte er ihm eine Decke, sowie eine Wasserflasche. „Danke!“, nahm Ace die Wasserflasche entgegen und ließ es zu, das Namur ihm die Decke umlegte.
„Du weist es nicht?“, hackte Namur nach, überlegte er bereits, wie er dieses Desaster nur erklären sollte. „Nicht so recht. Das letzte an was ich mich erinnere, bevor mich ein Schmerz durchfuhr, war das mir ein Soldat ins Gesicht schrie, ich wäre ein Geist. Ich bin dann schleunigst abgehauen und dann waren da schon die Schüsse und…“
„Ich…“, sprach Namur dazwischen. „Ich hatte dich gesucht, wurde aber schnell entdeckt. Auf dem Weg zurück zum Hafenbecken kamst du aus einer anderen Richtung und dann ging alles viel zu schnell. Ich hab dich nicht gleich erkannt, angerempelt und dann fielen schon Schüsse. Ich habe dann nur noch reagiert, als du getroffen wurdest und bin mit dir ins Wasser geflüchtet.“, er seufzte und sah betreten zur Seite. „Sie waren hinter mir her und dich hat es erwischt. Es tut mir Leid.“
„Schon okay, sieht wahrscheinlich schlimmer aus, als es ist.“, recht beruhigend wirkte dies nicht einmal auf Ace, dem seine mittlerweile richtig taube Schulter Sorgen machte. Was war dies nur für eine Kugel, das sie ihn verletzen konnte?
Erschrocken sah er Namur an und dann auf seine Hand, wo er nun versuchte eine kleine Flamme zu bilden. Aber nichts geschah. „Verdammt… Seestein…“

Author’s Notes:

Tja, war doch alles anders, als manche es sich gedacht haben.
Wo die Seesteinkugel her kam, wird noch aufgeklärt (in Kapitel 39)!

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