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Jul 08 2011

IceBluemchen

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30. Abschied von Niwato

Geknickt saß Leigh in der Mensa und stocherte appetitlos in ihrem Essen herum. Sie dachte an die Menschen, die so schlecht über Ace sprachen und Whitebeard für seine Entscheidung anklagten. So viele mochten den alten Herren. Die Sympathie zur Bande war damals sehr groß gewesen. Jedoch davon war nichts geblieben. Wie eine Aussätzige hatte sie sich gefühlt, einfach fehl am Platz und tief getroffen.
In Gedanken strich sie über das Buch, das sie in der Buchhandlung erstanden hatte.
„Geschichten weiser Kapitäne und närrischer Matrosen – Band 1“
Ein Buch voller fesselnder Geschichten verschiedenster Kapitäne und ihren Abenteuern. Manche Geschichte waren bereits so alt, das sie eher an Legenden und Sagen erinnerten. Andere waren jünger, stammten aus den Zeiten, wo Whitebeard noch keine gewaltige Bande besaß und Gol D. Roger noch das Milchfläschchen der Sakeflasche den Vorzug gab.
Sie hatte es bereits vor einem Jahr auf der Moby Dick gelesen, wo sie es auf dem Schreibtisch von Doc entdeckte hatte. Silly hatte es dort liegen gelassen, las sie es in den freien Stunden, wo es auf der Station nichts zutun gab. General hielt irgendwann jede Krankenschwester das Buch in der Hand und vernachlässigte dabei auch schon einmal einen Patienten, wenn sie an einer zu spannenden Stelle angelangt war.
„Ein sehr schönes Buch. Ich kann es dir nur empfehlen. Es fesselt und selbst Paps hat es förmlich verschlungen.“ Riss Marco sie aus ihren Gedanken und ließ sie aufblicken.
„Ich weis, ich habe es vor einem Jahr selbst gelesen.“ Antwortete sie und musste bei dem Gedanken lächeln, als sie sich vorstellte, wie Whitebeard sich in das Buch vertiefte.
„Ich glaube jeder auf der Moby hat das Buch gelesen. Da hat Thatch echt einmal eine gute Lektüre gewählt, wenn ich daran denke, was er sonst immer las.“ Sprach Marco und seufzte gedanklich über die Erinnerung an den Kobold. Thatch war einer seiner besten Freunde gewesen, sein tragischer Tod ein tiefer herber Schlag. Jedoch hatte er schnell seinen Tod überwinden müssen, als die wahre Katastrophe begann, ihren Lauf zu nehmen. Und dennoch war der Schmerz immer da und in Momenten wie zur Beerdigung Whitebeards, gegenwärtiger den je. Nachdenklich sich ein leichtes lächeln abringend, begann er sein etwas abgekühltes Mittagessen zu genießen.
„Thatch? Ich glaube nicht, dass das damalige Buch ihm gehörte, sondern das er es sich auch nur geborgt hatte.“ Meinte Leigh und langsam kam auch ihr Appetit wieder, was durchaus auch an Marcos Gesellschaft lag, die sie sehr schätzte. Er mochte es nicht, wenn sie traurig oder betrübt war, versuchte sie daher immer zum lächeln zu bringen.
„Ach wirklich? Mhh, ich hatte es damals durch Zufall in seiner Kajüte entdeckt und er hatte nichts dagegen, das ich es mir borge. Wem gehörte denn dann das Buch?“ Es war doch irgendwie typisch für Thatch, das er ein selbst geborgtes Buch weiter verborgte. Und wenn Marco daran dachte, wie das Buch Reihum ging, da stellte sich ihm die Frage, was der echte Besitzer wohl darüber dachte. Ob er es überhaupt gewusste hatte?
„Ace! Er besitzt Band 2 und Band 3. Aber Band 1 fehlt.“ Antwortete sie und musste sogleich lachen, als sie Marcos entgeistertes Gesicht sah. Zum einen hatte er nicht gewusst, das es von diesem Buch noch weitere Bände gab. Aber zum anderen fand er es erstaunlich, das Ace der Auslöser für einen Leseboom auf der Moby war.
„Das hätt’ ich nicht gedacht. Ich weis das er viel liest und das er Paps Bibliothek gerne durchstöbert hat. Aber ist doch schon irgendwie merkwürdig, wie ein Buch das er offensichtlich sehr mag, die gesamte Bande in den Bann ziehen kann.“ Sprach Marco nachdenklich. Spontan fiel ihm kaum jemand ein, der das Buch nicht in den Händen gehabt hatte.
„Ja schon merkwürdig. Weist du noch was im Einband stand und jeder rätselte, was dies bedeutete!“ sprach sie und überlegte, bekam sie die Worte nicht mehr zusammen.
„Ich glaube…
„Für unseren Bruder,
eines Tages werden wir unseren Traum wahr machen,
wir werden Frei und ohne Reue unser Leben genießen
und niemand wird uns je aufhalten können.
Deine Brüder“
…oder so ähnlich. Er hat es wohl von Sabo und Ruffy bekommen.“ Meinte Marco und nun ergaben die Worte auch einen Sinn. Nachdem musste er das Buch auch schon sehr lange besessen haben, war Sabo doch sehr früh von ihm gegangen.
„Wer ist Sabo?“ fragte Leigh stirnrunzelnd. Den Namen hatte sie noch nie gehört, aber sie kannte Ace Vergangenheit auch kaum, wusste nur von Ruffy und seit dem Krieg auch von seinen Ziehgroßvater Monkey D. Garp.
„Das war ein Freund von ihm, mit dem er wie mit Ruffy Bruderschaft getrunken hatte. Aber er starb sehr jung. Er war als Pirat aufgebrochen und wurde noch an der Küste versenkt. Ace Armtattoo, das durchstrichene S, ist ein Andenken an ihn.“ Antwortete ihr Marco knapp. Sehr viel mehr wusste er auch nicht, sprach Ace über Sabo kaum. Während er über Ruffy wie ein Wasserfall erzählen konnte, schwieg er sich über Sabo eher aus. Marco hatte es immer darauf geschoben, das Ace ihn wohl vermisste. Sie waren gemeinsam aufgewachsen und hatten viel gemeinsam erlebt. Der frühe Verlust musste ihn sehr getroffen haben. Aber wenn er dann doch einmal über ihn sprach, dann mit einer Freude und Elan, die jeden in das Abenteuer mit hinein zog.
„Oh, ich dachte immer, das sich der Tätowierer vertan hätte.“ Gab Leigh zu und musste darüber schmunzeln. Auch Marco lachte kurz auf und schüttelte leicht den Kopf.
„Willst du ihm das Buch schenken, wenn wir Yukito erreichen?“ fragte er sie und schaute sich dabei lächelnd an. Leigh nickte nur leicht, spielte sie bereits seit sie von Whitebeard Island aufgebrochen waren mit diesem Gedanken, hatte sie doch bemerkt, das es in seinem Regal fehlte und sogleich war ihr das Buch auf der Moby in den Sinn gekommen. So war es ein Glücksfall gewesen, das sie es in der Auslage entdeckt hatte, hatte ihr die nette alte Verkäuferin des Buchladens doch erzählt, das dieses Band vergriffen und dies eines der letzten noch neuen Exemplare war.
„Dann solltest du ihm vielleicht auch etwas nettes in den Einband schreiben.“ Schlug er vor. Wenn sie ihm schon ein so aufmerksames Geschenk machen wollt, dann sollte es auch eine persönliche Note haben.
„Mhh…“ kam es nur als Antwort. Mit ihren Gedanken war sie bereits wo ganz anders.

Der Nachmittag war davon geprägt, das die erstandenen Vorräte in die Lagerräume geschafft wurden. Wenigsten war Vista von Hasstiraden verschont geblieben. Die Großhändler hatten für so etwas auch nicht die Zeit. Ein Schiff mit Proviant für mehrere Wochen an nur einem Tag auszustatten, war logistisch eine Herausforderung für sich.
So wurden Kistenweise frisches Obst und Gemüse in das Kühllager geschafft, ebenso Fleisch, Würste und Schinken, säckeweise Mehl, Zucker, Salz in das Trockenlager bestapelt und diverse Großkonserven ins allgemeine Vorratslager verstaut.
Aber auch Schießpulver und Munition, Segeltuch, Taue und vieles anderes, was für den Segelalltag unumgänglich war, wurde nun in die entsprechenden Lagerräume geschafft.
Geschäftiges Treiben herrschte auf dem Schiff und in den Zugängen zum Dock. Nur einer bekam von dem allen nichts mit, schnarchte tief im Traumland versunken in seinem kuschelig warmen Bett und träumte von vergangenen, aber auch bevorstehenden Abenteuern.
Auch Leigh und Silly waren nun voll beschäftigt und kümmerten sich um die neuen Vorräte an Medikamenten, Infusionen und Verbandszeug, die Doc eingekauft hatte. Aber Hilfe bekamen sie von ihm nicht. Er hatte ein neues medizinisches Gerät gefunden und erstanden, dessen ganze Aufmerksamkeit er nun schenkte. Irgendwie waren die Damen aber auch froh, das er sich nicht in die Logistik des Medikamentenlagers mit einmischte. Letztendlich mussten sie die Dinge wiederfinden und nicht er, begab Doc sich doch kaum ins Lager.
„Was ist das für ein Ding, das er sich da gekauft hat?“ fragte Leigh ihre Schwester und ordnete die Infusionen nach Verfallsdatum.
„Irgend so ein Teil, womit man in den Körper hineinsehen kann, ohne das der Mensch dabei aufgeschnitten werden muss. Hört sich jedenfalls praktisch an und vor allem unblutig.“ Antworte Silly und hackte auf ihrer Inventurliste die Verbandsmaterialien ab, die sie gerade eingeräumt hatte.
„Naja, solange er uns nicht als Versuchskaninchen missbraucht!“ meinte Leigh und wand sich den nächsten Flaschen zu, in denen Injektionslösungen waren.
„Nein, vorerst foltert er Micka. Der alte Kater genießt das auch noch, hält es für eine Streicheleinheit. Wenn Marco sieht, wie das faule Vieh wieder verwöhnt wird, anstelle Mäuse zu jagen, wird er ihn doch noch im hohen Bogen über Bord werfen.“ Leigh schaute sie entsetzt an, lachte aber im nächsten Moment laut los. Micka war der wohl faulste Schiffskater den es weit und breit auf der Grandline gab. Leigh hatte ihn als halb verhungerten Streuner in einem Hafen aufgegriffen und mit an Bord genommen. An für sich auch eine gute Idee, würde der Kater nicht so ein Feigling sein, der vor alles Angst hatte, was er eigentlich jagen sollte. Nur vor einem hatte er keine Angst. Marco! Der Kater fauchte ihn in einer sturen Regelmäßigkeit an, kratzte und biss ihn, sobald er ihm zu nahe kam, sodass Marco ihn schon einige Male über Bord befördern wollte. Nur das er dies niemals Leigh antun könnte.

Marco war am Abend auf der Suche nach Mr. Peeker. Er hatte den alten Werftbesitzer seit dem Mittag nicht mehr gesehen, während Woody die Dockarbeiter mit Pinsel und Farbeimer über das Schiff jagte.
Das Schiff war technisch in einwandfreiem Zustand und auch am Rumpf hatten sie keine Schäden mehr gefunden. So waren nur Schönheitsreparaturen zu erledigen, weshalb sich Mr. Peeker nach Woodys Aussage um die Liste kümmern wollte, was sie alles für den neuen Striker brauchten.
An der Tür zum Dockbüro wollte Marco gerade anklopfen, als der alte Mann gerade die Tür aufriss und aus seinem Büro wollte.
„Oh Marco, was gibt es?“ fragte er perplex und trat zurück in sein Büro, wo er Marco einen Stuhl anbot und sich selbst hinterm Schreibtisch platzierte.
„Woody sagt, das er soweit mit allem durch sei, außerdem sind wir mit laden fertig. Was bedeutet, das wir wieder aufbrechen wollen.“ Der alte Mann nickte und schaute auf seine Liste.
„Diese Liste ist merkwürdig. Was will er denn mit einer Strahlenturbine? Und dann das ganze Metall? War gar nicht so leicht es zu ordern und billig auch nicht.“ Sprach er und schaute Marco fragend an.
„Ach Woody bastelt gerne herum, probiert aus, wer versteht schon Schiffszimmermänner?“ entgegnete Marco ihn ausweichend. Es ging dem alten neugierigen Mann nichts an, was sie damit wollten. Sollte er sich doch denken, was er wollte. Von Marco würde er diesbezüglich keine Antwort erhalten.
„Du willst es mir nicht verraten. Ihr plant etwas, aber wollt es noch geheim halten.“ Mr. Peekers Blick war verschlagen und er versuchte aus Marcos Mienenspiel etwas abzulesen, das ihn des Rätsels Lösung näher bringen würde. Jedoch Marco zeigte sich unbeeindruckt, hielt den Blick ohne große Mühe stand und ließ den Alten weiter im Dunkeln herumstochern.
„Wir sollten zum Geschäft kommen!“ wechselte er letztendlich einfach das Thema, ging es nun an die Rechnung. Mr. Peeker füllte sich in seiner Annahme bestätigt, das die Whitebeard-Piraten irgendetwas planten, aber er würde das Rätsel wohl nicht gelöst bekommen. So holte er ein Stück Papier aus seiner Ablage hervor und las es noch einmal flüchtig durch.
„Es sollte alles darauf sein und wie ich euch kenne, werdet ihr bar und sofort bezahlen!“ Bei Piraten war eine Barzahlung ein muss und auch, das die Summe vollständig und sofort beglichen wurde. Normalerweise bevorzugte er Vorkasse oder zumindest eine größere Summe als Anzahlung. Aber den Whitebeard-Piraten vertraute er soweit, das er wusste das sie immer zahlten, wenn auch manchmal etwas verspätet.
Auch hier blieb das Feilschen um den Preis nicht aus. Marco konnte mit dem Geld nicht wild um sich werfen, was seine Gedanken wieder auf den Einkauf der Damen lenkte und der Aussage, sie hätten sogar noch Geld übergehabt. Vielleicht sollte er sie das nächste mal zum Einkaufen der Vorräte schicken…

Ein lauter Donnerhall von Kanonen riss Ace aus dem Schlaf und ließ ihn sofort auf den Beinen sein. Ein schneller Blick aus dem Bullauge zeigte ihm, das es schon Abend war. Die Sonne musste gerade untergegangen sein, waren nur noch letzte Lichtfetzen am Horizont zu erkennen. Hastig eilte er aus seiner Kajüte, dachte überhaupt nicht daran, das er von jemanden Fremden gesehen und erkannt werden könnte, und rannte an Deck, wo Marco gerade dem Befehl zum Abfeuern einer erneuten Kanonensalve schmetterte.
Wieder krachten die Kanonen. Der Geruch von Schießpulver umwaberte sie und Ace hastete hoch zur Brücke.
„Was ist los?“ fragte er sogleich und schaute in die Richtung, wo Marco gerade durch sein Fernglas etwas rauchend qualmendes begutachtete.
„Kopfgeldjäger, aber wenn sie sich nicht mit dem löschen des Feuers auf dem Achterdeck beeilen, wird wohl bald ihr Munitionslager hoch gehen.“ Sprach er trocken und reichte Ace das Fernglas.
Das Schiff der Kopfgeldjäger brannte und verzweifelt versuchte die Mannschaft den Brand zu löschen. Aussichtslos, dachte Ace und hätte ihnen am liebsten den Gnadenstoß versetzt. Aber er riss sich zusammen, wollte er doch ab jetzt besonnener handeln und eine Feuerfaust wäre da sehr unpassend.
Seufzend gab er Marco das Fernglas zurück und musste sich eingestehen, sehr besonnen war er gerade nicht gewesen, als er unbedacht an Deck stürmte, um der Ursache des Feuergefechts auf den Grund zu gehen. Nicht daran denkend, das sie auch noch im Dock hätten sein können, hatte er das Deck kampfbereit gestürmt…
‚Ace an deinen Vorsetzen musste du aber noch gewaltig arbeiten!’, dachte er sich leicht schmunzelnd.

„Und ist alles zu unserer Zufriedenheit gelaufen?“ fragte er, nachdem das Schiff der Kopfgeldjäger einige Minuten später in die Luft geflogen war.
„Ja das meiste.“ Marco verzog leicht das Gesicht, wurmte ihn das mit dem Paten schon sehr.
„Oh und was ist schiefgelaufen.“ Hackte er nach Marcos knappen Antwort nach.
„Der Pate macht Schwierigkeiten. Das waren seine Leute auf dem Schiff. Aber um das Problem kümmern wir uns ein anderes Mal. Jetzt haben wir wichtigeres zu tun.“ Antwortete er und berichtete Ace nun von seinem Zusammentreffen mit Ginger und der Karte über die Toten Gewässer.

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