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Jan 10 2011

IceBluemchen

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01. Charon’s Dank

Unsicher schaute Ace sich um.
Wo war er hier nur gelandet?
Dies war doch nicht mehr das Schlachtfeld!
Wo war Ruffy?
Wo war sein Paps Whitebeard?
Wo waren seine Nakama?

Irritiert schaute er sich um, aber alles was er sah war einfach nur dunkler nackter Felsen und ein weiter düsterer See, auf dem Nebelschwaden langsam ihre Bahnen zogen.
Jedoch neben der Umgebung und der Tatsache, das er hier vollkommen alleine war, interessierte ihn noch etwas…
„Oh Gott, da kann einem ja schlecht werden!“ sprach er zu sich selbst, als er auf seinen durchschlagenen Oberkörper blickte. Zögerlich fuhr er über das Loch, das dort klaffte und rümpfte angewidert die Nase. Aber er war auch irritiert, verspürte er keinerlei Schmerzen oder ähnliches.
Was war hier nur los?

„Einen Obolus für den Fährmann!“ hörte er plötzlich eine krächzende Stimme und ließ ihn vor Schreck zusammenfahren. Seine Augen weiteten sich, als ein kleines Boot auf ihn zu hielt und ein Skelettartiger Mann dieses steuerte.
Langsam dämmerte es ihn, wo er sich hier befand.
„Der See der Toten… Charon der Fährmann… Der Obolus…“ stammelte er und fing an in seiner Hosentasche zu kramen. Sein Großvater hatte ihm auf dem Schafott doch dort etwas hineingesteckt mit den Worten: „Es tut mir leid, das ich nicht mehr für dich tun kann. Das wirst du noch brauchen!“
In seiner Tasche ertastete er eine kleine Münze und zog sie heraus.
„Ein Marinedollar!” flüsterte er und betrachtete die Münze genauer. Jeder Marinesoldat besaß so eine Münze und während auf der einen Seite das Emblem der Marine geprägt war, prangte auf der anderen Seite das Konterfei des Besitzers und dessen Geburtsname. Beim Eintritt in die Marine wurde so eine Münze geprägt und bei der Vereidigung übergeben. So eine Münze war nicht wertvoll und selbst Piraten rührten sie nicht an, da niemand es wagte, den Obolus an Charon zu stehlen. Dem Aberglauben nach brachte es einen direkt in die Hölle, stehle man doch so eine Münze.
Nun sah er auf das Konterfei eines 16 jährigen Jungen und den eingravierten Namen… „Gol D. Ace” las er leise. Eine einzelne Träne bahnte sich sein Gesicht hinab. Großvater musste sie prägen lassen haben, als er für ihn den Weg der Marine wählte. Jedoch hatte Ace sich für den Weg eines Piraten entschieden und somit nie diese Münze erhalten.
Jetzt wo er wusste, wo er war und wer dort auf ihn wartete, kamen alle Erinnerungen der letzten Ereignisse wieder in ihm hoch. Bitter lächelte er und schüttelte den Kopf. Er war für etwas gutes gestorben, hatte Ruffy vor Akainu geschützt und wieder einmal damit seinen kleinen Bruder das Leben gerettet.
Tief atmete er durch, straffte seine Schultern und schritt auf das kleine Boot zu. Es wurde Zeit für seine letzte Reise. Bald würde er ins Paradies einkehren und dort seine Eltern und viele seiner Freunde wiedersehen. Er dachte an seine Mutter, von der er nur ein kleines vergilbtes Bild besessen hatte. An Sabo, dem er eine Menge zu erzählen hatte, und an Thatch, dessen Tod er nicht rächen hatte können. Und da die Schlacht noch nicht aus war, befürchtete er auch, das er noch einige weitere Freunde dort wiedersehen würde.
Seufzend warf er Charon die Münze zu und betrat das wackelige Boot. In sich gekehrt setzte er sich und erwartete das unvermeidliche.
Charon der Fährmann legte ab und langsam schwebte das Boot über den See der Toten. Ab und zu durchfuhren sie eine Nebelbank, die Ace Haut befeuchteten, doch kalt wurde ihm nicht.

Die Überfahrt schien ihm elendig lang vorzukommen. Aber das Boot war auch sehr langsam und trieb eher, als das Charon es aktiv vorantrieb.
„Wie lange dauert die Überfahrt?“ fragte er den Fährmann daher neugierig.
„Spielt Zeit noch eine Rolle?“ antwortete Charon.
„Nein…“ flüsterte Ace und schaute wieder auf die Weite des Sees hinaus. Nur spärlich beschien die Kerze in der kleinen Laterne die Umgebung und eigentlich konnte Ace kaum etwas in der Dunkelheit erkennen. Aber da ihm langweilig war und er diesen See nur einmal sehen würde, entfachte er ein Leuchtkäferlicht und schickte es hinaus in die Weite Dunkelheit.
Erstaunt stellte Ace fest, das dieser See unterirdisch war. Die Felswände und Decke waren aus dunklem Gestein und hier und dort glitzerte etwas auf. Da dieses Glitzern immer paarweise auftrat, zog Ace sein Licht zurück. Er wollte lieber nicht herausfinden, was dort genau glitzerte. Und so spielte er nun mit dem Leuchtkäferlicht herum.
„Werde ich dort meine Teufelskraft verlieren?“ fragte er Charon.
„Ich weis es nicht. Ich bin nur der Fährmann und habe nie das Tor durchschritten.“ Antwortete er und schaute interessiert auf das spielerische Treiben seines Fahrgastes.
Ace ließ die kleine grüne Feuerkugel über seine Hand wandern, warf sie gekonnt in die Luft und fing sie mit der anderen Hand wieder auf.
Das Kerzenlicht flackerte leicht und Ace sah, das die Kerze bald heruntergebrannt sein würde.
„Hier, das schenke ich dir!“ sprach er und sperrte das Leuchtkäferlicht in der Laterne ein. Es leuchtete etwas heller als die Kerze und hüllte das kleine Boot nun in ein unheimliches grünes Licht.
„Es ist ein ewiges Feuer! So wirst du keine Kerzen mehr benötigen.“ Sprach er weiter und schaute wieder gelangweilt in die Dunkelheit.
„Ich danke dir für dieses wertvolle Geschenk!“ bedankte sich Charon höflich.
„Ach es ist nur ein Licht und ich werde es wohl nicht mehr benötigen, dort wo ich nun bald einkehren werden.“ Winkte Ace nur ab und seufzte.

„Wie bist du gestorben?“ fragte Charon nach einer ganzen Weile des Schweigens.
„Ich habe meinen kleinen Bruder vor einem tödlichen Schlag gerettet.“ Antworte Ace.
„Das ist sehr nobel von dir gewesen. Hattest du ein erfülltes Leben, sodass du dein Ende nicht bereust?“ fragte er weiter.
„Ich lebte frei als Pirat. Und doch war ich immer ein Gefangener meines Schicksals. Mein Vater war Gol D. Roger, der König der Piraten, und sein Erbe war mein verderben. Die Welt hasst ihn und so hassen sie auch mich. Mein Tod war in ihren Augen etwas gutes, aber ich erkannte erst auf dem Weg zu meinem Tod, das ich eigentlich leben wollte. Zu spät erkannte ich, das ich meinen Freunden und meiner Familie sehr wichtig war. Ich war ein Narr, das ich glaubte, mein Leben wäre nichts wert und das es besser gewesen wäre, wenn ich nie geboren worden wäre. Jedoch ist es nun zu spät dies zu bedauern und irgendwann werde ich meine Freunde wiedersehen. Ich werde sie doch wiedersehen oder?“ sprach Ace und legte seinen Kopf auf seine Arme ab, die er auf der Reling abgelegt hatte.
„Wenn die Zeit gekommen ist, wirst du sie alle wiedersehen. Jeder findet eines Tages den Weg ins Reich der Toten.“ Diese Worte waren für Ace beruhigend. Er würde all seine Freunde irgendwann wiedersehen und er hatte ja jetzt sehr viel Zeit zu warten.

„Wenn du eine zweite Chance erhalten würdest, könntest du dein Leben anders leben?“ fragte Charon, nachdem er eine Weile geschwiegen hatte.
„Wie meinst du dies? Ich glaube ich würde mein Leben genauso führen, wie ich es geführt hatte. Ich bereue nichts. Alles was ich getan hatte, tat ich ohne Reue. Ich stehe zu meinen Taten und den daraus entstandenen Konsequenzen.“ Antworte Ace und Charon schwieg.
„Ich kann dir eine zweite Chance geben!“ sprach der Fährmann plötzlich und Ace führ zu ihm herum.
„Wie du kannst mir eine zweite Chance geben?“ fragte er ungläubig.
„Ich bin dir zu Dank verpflichtet. Du hast mir ein sehr wertvolles Geschenk gemacht. Noch nie hat mir jemand etwas geschenkt und du tatest es aus freien Stücken und ohne ein Vorteil für dich darin zu sehen. Ich kann dir eine zweite Chance ermöglichen, jedoch ist dies auch an eine Bedingung gebunden.“ Antwortete Charon und Ace schaute ihn neugierig an.
„Und was ist die Bedingung?“ hackte er nach.
„Damit dein Leben ein anderes Schicksal erfährt, darfst du nicht das Leben eines Piraten führen. Dein Schicksal würde sich wiederholen und du würdest auf gleich grausamer Art den Tod finden.“ Erklärte der Fährmann und legte am Steg zum Tor des Paradieses an.
„Was ist deine Entscheidung? Leben oder Tod?“
Ace sah den Fährmann nachdenklich an. Er wollte leben. Wollte für seinen kleinen Bruder da sein und ihn weiterhin beschützen. Auch wollte er Whitebeard und seine Freunde wiedersehen und selbst seinen Großvater vermisste er.
„Wie soll dies überhaupt funktionieren? Werde ich noch einmal geboren als ein anderer Mensch oder lebe ich mein Leben erneut? Werde ich mich an mein altes Leben erinnern können?“
„Ich weis es nicht? Ich bin nur der Fährmann! Entscheide nun… Leben oder Tot?“ sprach Charon und erwartete die Antwort seines Fahrgastes.
Ace grübelte. Leben klang gut. Aber nicht als Pirat leben zu dürfen, dies konnte er sich kaum vorstellen. All seine Freunde waren Piraten. Ruffy war Pirat. Wie sollte er sie je wiedersehen und mit ihnen gemeinsam glücklich leben, wenn nicht als Pirat?
Er hatte seinen Tod auf dem Schlachtfeld akzeptiert. Hatte die Welt mit einem reinen Herzen verlassen.
Dennoch, Leben klang besser und so war seine Entscheidung gefallen.
„Meine Antwort ist LEBEN!“ sprach er mit fester Stimme und ein Lächeln umspielte seine Lippen.

Author’s Notes:

Charon ist in der griechischen Mythologie der Fährmann auf dem Totenfluss Acheron. Gegen einen Obolus (eine Münze die den Toten auf die Augen oder unter die Zunge gelegt wird) fährt Charon die Seele des Toten über den Fluss ins Jenseits. Hat der Tote keinen Obolus bei sich, muss er 100 Jahre am Ufer als Schatten warten, bis er ins Jenseits einkehren darf.

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