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Jan 21 2011

IceBluemchen

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31. Das Geschenk

Legolas tauchte am Abend wieder auf und war nicht mehr böse auf mich. Ich vermied es tunlichst, dieses Thema auch nur wieder ansatzweise anzuschneiden. Wenn Merilia ein rotes Tuch für ihn war, konnte ich mich sehr gut darauf einstellen. Würde einer meiner Schlachtpläne greifen, müsste ich mir zukünftig eh keine Gedanken mehr um sie machen und er würde sie dann auch wieder mit anderen Augen sehen.
„Minuil, möchtest du morgen ausreiten?“ fragte er mich plötzlich während des Essens und ich stimmte sogleich freudig zu. Alleine mit ihm durch den weitläufigen Garten oder im Düsterwald zu reiten, klang sehr gut. Außerdem hatte ich das Gefühl, das es ihm leichter fiel mit mir zusammen zu sein, wenn wir alleine waren. War jemand bei uns, benahm er sich immer sehr zurückhaltend. Aber jeder beobachtete auch unser Verhalten und dies war sehr unangenehm. Es war, als hofften sie, er würde vor mir auf die Knie fallen und mir einen Antrag machte. Das dies aber gar nicht seine Art war, dies schienen sie zu ignorieren oder nicht zu wissen.
Froh das er nicht nachtragend war, ging ich zu Bett und erwartete voller Vorfreude den morgigen Tag.

Nach unserem gemeinsamen Frühstück machten wir uns zu den Stallungen auf. Ich hatte Aro gebeten, das er Gimli den gesamten Tag beschäftigen sollte, damit Legolas und ich ungestört sein konnten. Aro tat dies gerne, denn in Gimli hatte er jemanden gefunden, der gerne und ausgiebig Geschichten erzählte. Und ich war froh, das wir diesen wandelnden Schatten heute nicht am Hacken hatten.
Gemütlich schlenderten wir den Pfad entlang, der zu den Stallungen führten. Am liebsten wäre ich ja gerannt, aber Legolas hatte es überhaupt nicht eilig. Als wir an einem Sommerapfelbaum vorbei kamen, pflückte er in aller Seelenruhe einige Äpfel. Völlig hippelig stand ich daneben und hätte ihn am liebsten angefaucht, das die dummen Äpfel auch später noch dort hängen werden, aber ich verkniff es mir und wartete.
„Hier den wirst du gleich brauchen!“ sprach er und reichte mir einen der Äpfel, während er die anderen in einen kleinen Beutel verstaute. Irritiert nahm ich den Apfel und überlegte, was dies sollte, kam jedoch nicht darauf.
An den Stallungen angekommen, führte er mich zur kleinen Koppel, wo damals Kimo und Rasan standen. Nun standen dort drei andere wundervoll Pferde.
„Der Schwarze ist Brig. Ein sehr starkes Tier und wie alle meine Hengste ein wahrer Dickschädel.“ Oja, Rasan war auch nicht ohne. Der Hengst konnte nur von Legolas geritten werden und der Stallmeister hatte oft seine Mühe, ihn unter Kontrolle zu halten.
„Die Braune ist Maja. Sie ist schon recht alt.“ Sie war wunderschön und auch wenn sie schon sehr alt war, so schien sie vor Energie zu strotzen. Legolas liebte seine Pferde und dies sah man ihnen auch an.
„Und die weiße Stute ist Kiros. Sie wurde vor zwei Jahren geboren. Majas letztes Fohlen und sie sieht ihrer Urahnin Kimo sehr ähnlich.“ Ähnlich? Wären nicht über einhundert Jahre vergangen, dann hätte ich schwören können, das dort Kimo stand.
„Versuch sie mal anzulocken! Sie liebt Äpfel.“ Deswegen also der Apfel. Viel machen brauchte ich gar nicht. Kaum hielt ich den Apfel ihr hin, kam sie schon angetrottet, während Legolas Maja und Brig ablenkte und ihnen auch je einen Apfel aus seinem Beutel gab.
„Sie ist wunderschön!“ sprach ich voller Freude, als die junge Stute mir den Apfel aus der Hand fraß und ich ihr nebenbei etwas den Kopf kraulte.
„Sie gehört dir! Du musst sie nur noch zureiten, dazu bin ich noch nicht gekommen!“ Erstaunt schaute ich Legolas an. Hatte er dies eben ernst gemeint? Schenkte er mir gerade eines seiner Pferde?
„Ich… äh… ich…“ Ich wusste einfach nicht was ich sagen sollte. Dieses Geschenk war wundervoll und überwältigte mich vollkommen.
Lächelnd kam er zu mir und freute sich, das er mich sprachlos gemacht hatte. „Seit du fort warst, wurde keine weiße Stute mehr geboren. Sie waren alle braun, bis vor zwei Jahr. Wie eine Schneeflocke im Sommer überraschte sie mich und als wäre es ein Zeichen, überraschtest du mich letztes Jahr.“
Ganz nahe stand er nun und nur wenige Zentimeter trennten uns noch voneinander. Mein Herz begann zu rasen und meine Hände zitterten. So nah war er mir seit damals nicht mehr gekommen und in meinem Bauch fing es an zu kribbeln, als würden Hunderte Schmetterlinge einen Freudentanz flattern. Zärtlich strich er mir über die Wange und langsam kamen seine Lippen meinen näher.

„MINUIL!“ zerriss ein Schrei je unsere Zweisamkeit. Überrascht schaute Legolas sich zu dem schreienden Elb um, während ich Mordpläne an meinen kleinen Bruder schmiedete. Und wäre es nicht schlimm genug, das Aro gerade den Pfad angerannt kam, folgte ihn ein schnaufender Zwerg auf den Fuße.
„Minuil, Minuil, du kannst dir gar nicht vorstellen, was ich soeben erfahren habe. Es ist fantastisch!“ sprach er aufgeregt, während Gimli nach dem kleinen Spurt schon außer Puste war.
„Aro was ist?“ fragte ich ihn gereizt. Legolas hatte längst wieder etwas abstand genommen und schaute interessiert auf meinen kleinen Bruder. Ob er auch diverse Mordszenarien in seinem Kopf durchspielte?
„Sie haben mich bei der königlichen Wache aufgenommen!“ sprach er gerade heraus.
„Das ist schön!“ sprach ich freudig. ‚Himmel dies stand seit unserer Ankunft fest. Und nur weil es jetzt offiziell war, musste er mich gerade jetzt stören?‘ dachte ich gereizt.
Aber dies waren noch nicht alle freudigen Nachrichten. „Außerdem hat mir Jolan noch erzählt, das es in einer Woche ein Sommerfest geben wird.“ Berichtete er und ich schaute erstaunt Legolas an.
„Stimmt dies? Es gibt ein Fest?“ fragte ich ihn hoffnungsvoll. Ein Fest war eine gute Gelegenheit für gemeinsame Momente. Wobei, vielleicht bekam ich auch nachher beim Ausritt nochmals eine Chance.
„Ja, ich wollte es dir nach dem Ausritt erzählen. Vater möchte den Frieden feiern und…“ er hielt kurz inne und schaute auf Aro. Ein Lächeln huschte über seine Lippen, eh er weiter sprach. „Es wird auch ein Turnier im Bogenschießen geben.“ Dies klang sehr interessant. Aro strahlte über das gesamte Gesicht. Seine Aufnahme in die königliche Wache und das Fest stimmte ihn sehr glücklich.
„Ich werde auch am Turnier teilnehmen!“ verkündete er dann auch noch mit leuchtenden Augen, wobei ich aus den Augenwinkeln erkennen konnte, das Legolas kurz fast unmerklich auflachte. Aro hatte keinerlei Chancen gegen Jolan oder Legolas, dem war ich mir sicher und Legolas schien dies wohl auch so zu sehen. Aber ich sagte diesbezüglich nichts und lies Aro in seiner Traumwelt, das er eine Chance auf den Sieg habe.
„Das verspricht ein spannendes Turnier zu werden!“ sprach ich nur und wollte nun die Zwei Störenfriede wieder fort schicken, als auch noch Tolan auftauchte.
„Legolas dein Vater möchte dich sprechen!“ überbrachte er seine Nachricht. Ich seufzte. Dies war es dann wohl mit unserem Ausritt.
„Es tut mir Leid Minuil. Ich muss gehen. Aber vielleicht können wir unseren Ausritt später nachholen!“ sprach er und schenkte mir ein liebevolles Lächeln.
„Ich warte hier auf dich!“ antwortete ich ihm und erwiderte sein Lächeln.
„Wenn du magst, kannst du gerne Kiros durch den Garten führen. Der Stallmeister hilft dir beim anlegen der Zügel, da sie etwas zickig sein kann.“ Sprach er noch und schon machte er sich auf den Weg zurück zum Schloss. Etwas traurig schaute ich ihm nach. Mich jetzt mit meiner Kiros zu beschäftigen klang zwar gut, aber dies zusammen mit ihm zu tun, hätte ich noch besser gefunden.

Diesen Tag sah ich ihn erst am Abend wieder. Thranduil hatte ihm einen Auftrag gegeben, wofür er den Rest des Tages unterwegs gewesen war.
Und die nächsten Tage sah es nicht besser aus. Wir sahen uns meist nur beim Frühstück und Abendessen. An alleine sein, war gar nicht zu denken.
Und so verbrachte ich die Tage mit Kiros. Ich hatte sie mittlerweile soweit, das ich sie alleine gezügelt bekam, was ich natürlich stolz Legolas berichtete. Er freute sich, das mir sein Geschenk so sehr gefiel und erfreute. Und so versprach er mir, das wir nach dem Fest Kiros gemeinsam zureiten würden und er mir dann den Düsterwald in all seiner Schönheit zeigen wollte.

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