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Jan 13 2011

IceBluemchen

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25. Es hat begonnen…

Friedlich und ruhig lag der Wald vor uns.
Jedoch der Schein trügt.
Es war zu friedlich und zu ruhig!
Kein Vogel sang ein friedvolles fröhliches Lied.
Kein Windhauch entlockte den Blättern ein sanftes rauschen.
Es war wie die Ruhe vor einem todbringenden Sturm!

„Heerführer Jolan!“ kam uns ein Reiter entgegen. Völlig abgehetzt wirkte er und erst als er sein Pferd vor uns zügelte und zum Stillstand brachte, erkannte ich Lanu. Wie auch Jolan, Tolan und Mereen, trug er diese schwarze Kampfkleidung. Seine Waffen waren kampfbereit geschultert und seine Nachricht ließ uns auch wissen, warum.
„Lanu was gibt es? Warum bist du nicht an der Ostgrenze?“ fragte Jolan sogleich, ohne den Jungen richtig zu Atem kommen zu lassen.
„Das Signal zum Angriff wurde gegeben. Hauptmann Elias hat vor drei Stunden den Abrückbefehl gegeben und mich zu euch geschickt, damit wir ihnen ohne Verzögerung folgen und aufschließen.“ Sprach er keuchend und nahm dankbar den Wasserschlauch von Mereen entgegen.
„Dann hat es also begonnen!“ Jolan war plötzlich wie ausgewechselt. Von seiner lockeren ruhigen Art, blieb nur noch die Ruhe. Doch es war eine unheimliche Ruhe. Zum ersten mal erblickte ich den wahren Heerführer. Den strategisch denkenden kühlen ruhigen todbringende Anführer einer Elitegruppe von Waldelben. Selbst als wir damals von den schwarzen Wölfen angegriffen wurden, hatte er diese Seite von sich nicht gezeigt. Jedoch waren es jetzt auch nicht nur ein Rudel Wölfe, das es zu bekämpfen gab. Auf uns wartete eine Schlacht, deren Ausmaß Aro und Ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal erahnen konnten.
„Ich hatte gehofft, wir hätten noch mehr Zeit. Das wir wenigsten die Ostgrenze erreichen, bevor die Schlacht ausbricht.“ Sprach er zu Aro und mir. „Nun habe ich keine andere Wahl, auch wenn ich es lieber gesehen hätte, das ihr an der Grenze auf den Ausgang wartet.“ Schon wollte ich protestieren, jedoch stoppte ich mich auch sogleich, als er weitersprach. „Nun muss ich euch mit in eine Schlacht führen, deren Ausgang sehr ungewiss ist.“
Innerlich war ich nun zwiegespalten. Zum einen wollte ich nicht zurückgelassen werden, wie ein kleines dummes Mädchen das sich nicht selbst verteidigen kann. Aber zum anderen keimte in mir eine Angst auf, was uns nun bevorstand.
„Am nächsten Talan können wir unser Reisegepäck lagern. Von dort reiten wir quer durch den Wald und erreichen hoffentlich noch die Grenztruppe, bevor sie in die Schlacht eingreifen.“ Fügte er noch an und ohne auf eine Antwort zu warten, trieb er sein Pferd an und ritt in einem zügigen Tempo voran.

Deutlich konnte ich Aros Anspannung sehen. Der Schreck seiner ersten Schlacht lag noch in seinen Knochen und nun folgte die Nächste. Jedoch war es nicht die Schlacht an sich, die ihm Sorge bereitete. Es war der Wald und damit das Unbekannte. Noch nie hatte er in einem Wald gekämpft. Offenes Gelände war das Schlachtfeld in seinem Kopf. Hier gab es dies jedoch nicht. Bäume versperrten einem die Sicht und standen der Bewegungsfreiheit im Wege. Zwar boten sie auch Deckung und Schutz, doch dies galt gleichermaßen auch für den Feind. Seine Anspannung, vielleicht gar Angst, war somit berechtigt.
Und auch mir bereitete dieser Umstand großes bedenken. Auch ich hatte noch nie in einem Wald gekämpft. Mir wurde schlagartig klar, wie dumm ich doch eigentlich bin, das ich mich unbedingt in diese Schlacht mit einbringen wollte. Ich kannte das Gebiet nicht und wollte hier kämpfen? ‚Minuil wie dumm bist du eigentlich, das du die kleine Tatsache der Bäume übersehen hast, obwohl sie zu Hunderten gar Tausenden direkt vor deiner Nase stehen!’ dachte ich nur und hätte mir am liebsten selbst in den Allerwertesten getreten.
„Minuil, Aro, welche Kampferfahrungen habt ihr?“ riss mich Jolan aus meinen Gedanken.
„Aro und ich haben erst in einer Schlacht gekämpft. Der Kampf um Minas Thirit. Sonst habe ich nur den Kampf gegen die schwarzen Wölfe damals mitverfolgt.“ Antwortete ich sogleich. Jolan verzog keine Mine, aber dennoch hatte ich das Gefühl, als fluche er innerlich.
„Und eure Stärken? In was wurdet ihr ausgebildet?“ fragte er weiter.
„Bogenschießen und Schwertkampf, dies sind meine Stärken. Wobei ich ein besserer Bogenschütze als Schwertkämpfer bin.“ Sprach Aro und deutlich war seine Nervosität herauszuhören.
„Ich bin im Dolch- und Schwertkampf ausgebildet worden.“ Fügte ich an. Jolan grübelte. Anscheinend schien ihn an meiner Antwort etwas zu missfallen.
„Was ist mit dem Bogen?“ fragte er mich.
„Oh Himmel nein, gebt ihr bloß keinen Bogen in die Hand, wenn ihr die Schlacht gewinnen wollte.“ Sprudelte es nur so aus Aro heraus. „Selbst wenn sich der Feind direkt auf ihren Pfeil werfen würde, würde sie noch daneben schießen!“
„Aro halt den Mund!“ fuhr ich ihn an, aber schon sah ich Tolan gegen einen Lachanfall kämpfen. Mereen spähte gespielt in den Wald, kämpfte aber ebenfalls verbissen gegen einen Lachanfall. Eben welcher sich Lanu nur erwehren konnte, indem er sich auf die Unterlippe biss und eine Hand vor den Mund hielt. Und selbst bei Jolan zuckte kurz der Mundwinkel. Prima!
„Wie sehen eure Erfahrungen im Geländekampf aus, vor allem im Wald und Deckungskampf?“ fragte Jolan weiter und versuchte über Aros Bemerkung bezüglicher meiner Unzulänglichkeit im Bogenspießen zu übergehen.
„Großvater hat mit uns vor allem im offenen Gelände geübt. In der Wüste und am Meer gibt es nicht gerade viele Bäume oder sonst etwas, das als Deckung dienen könnte. Daher hat er dies mit uns auch nicht so trainiert.“ Antwortete Aro und verzog leicht das Gesicht. In Sonnenlande war unsere Ausbildung vielleicht sehr brauchbar gewesen, aber hier schien sie uns nicht viel zu nützen.
„Was ist mit Verstecke spielen?“ fragte Jolan. Was hatte Verstecke spielen denn nun wieder mit unserer Situation zu tun, das wir bald in eine Schlacht zogen ohne auf das Gelände vorbereitet zu sein?
„Ähm, wieso Verstecke spielen? Das haben Aro und Ich als Kinder sehr oft gespielt…“ erklärte ich.
„Minuil vergieß Großmutters Plätzchen nicht!“ fiel mir Aro ins Wort und erntete dafür einen bösen Blick.
„Großmutters Plätzchen?“ fragte sich Jolan, als Aro auch schon locker fröhlich zu einer Erklärung ansetzte.
„Na ja, Großmutter backt die besten Feigenplätzchen die ich kenne. Minuil und ich haben uns immer heimlich ins Haus geschlichen, um welche zu stibitzen. Und Großmutter kann sehr gefährlich werden, wenn sie einen dabei erwischt. Einmal da hat sie Minuil dabei erwischt und…“
„Aro das reicht!“ fuhr ich ihn erneut an und mein Blick ließ ihn nicht daran zweifeln, das ich kurz davor war, ihm den Hals umzudrehen.
Aber es war bereits zu spät. Tolan und Lanu lachten schallend und Mereen sah so aus, als würde er gleich platzen, wenn er nicht gleich seinen Lachanfall loswerde. Nur Jolan schaute mich kühl an und zog eine Augenbraue hoch.
„Was?“ fauchte ich ihn an. „Nichts!“ meinte er und dann stahl sich selbst in sein Gesicht ein grinsen. Prima, in kürzester Zeit hatte Aro es tatsächlich geschafft, mich zwei mal lächerlich zu machen. Na das würde ich ihm büßen lassen, sobald dieses Chaos hier vorbei war.
Nachdem sich alle wieder einigermaßen gefasst hatten, erklärte Jolan uns seinen Plan.
„Wegen Verstecke spielen fragte ich daher, da dies im Waldkampf nichts anderes ist. Ihr versteckt euch, spät nach Feinden und schlagt zu, sobald diese in reichweite sind, natürlich ohne von anderen Feinden gesehen zu werden.“ Ach dies steckte also dahinter. Gut, dies war recht leicht umzusetzen, denn darin waren wir geübt… dank Großmutter!
„Aro du wirst dich an Lanu halten. Ihr sucht euch ein schönes Plätzchen auf einem Baum und nehmt den Feind von dort aus unter Beschuss. Wenn eure Pfeile aufgebraucht sind, schlagt ihr euch zur Siedlung durch.“ Sprach er und schaute warnend auf Lanu. „Kein unnötiges Risiko. Vom Siedlungswall aus, könnt ihr die Stadtwache unterstützen.“ Lanu nickte und auch Aro stimmte dem zu. Was sollte er auch widersprechen. So war es für ihn am besten und mit Glück, würde er die gesamte Schlacht auf einem Baum hocken und das machen, was er am besten konnte… Bogenschießen!
„Und ich?“ fragte ich ungeduldig.
„Du meine Liebste, wirst dich an Mereen halten.“ Antwortete er mir. Was sollte das denn werden? Wieso sollte ich beim Heiler hocken?
„Aber ich bin nicht sonderlich gut in medizinischen Dingen!“ wand ich daher ein.
„Das ist auch nicht deine Aufgabe!“ antwortete mir Mereen. „Es wird viele Verwundete geben, aber diese während einer Schlacht gegen Orks zu versorgen, ist ohne Rückendeckung faktisch unmöglich. Jolan will sicherlich, das du mir den Rücken freihältst, damit ich meine Aufgabe erfüllen kann und Tolan und er sich vollkommen auf den Kampf konzentrieren können.“ Ach so war dies. Und nun viel mir wieder die Struktur der königlichen Wache ein. Sie agierten bevorzugt in Zweierteams und normalerweise gab Tolan dem Heiler die nötige Rückendeckung. Aber dies wäre auch eine große Verschwendung, in einer so großen Schlacht.
„Ja, genau so meinte ich dies. Ich brauche Tolan frei auf dem Schlachtfeld und Minuil… Mereen ist unser wichtigster Mann. Durch seine Versorgung, können Verwundete weiter kämpfen. Beschütze ihn mit aller Kraft, aber denk auch an dein Leben. Wenn es du brenzlig wird, scheue nicht davor, Mereen um Hilfe zu bitten. Ein Rückzug ist keine Schande!“ Den letzten Satz sprach er mit so viel Nachdruck, das ich nur verstehend nicken konnte.
Unsere Plätze in der Schlacht waren nun klar. Unsere Aufgaben zugeteilt. Wir würden gehorchen. Was blieb uns auch anderes übrig, wenn uns unser Leben lieb und teuer war!

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