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Jan 13 2011

IceBluemchen

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21. Endlich allein! Endlich Zeit zum reden!

Gemütlich saß ich in einem Sessel in Legolas Zimmer und beobachtete ihn, wie er sich frische Kleider anzog. Mein Blick schweifte über seinen nackten Rücken und lies mich grübeln, warum ich ihn irgendwie anders in Erinnerung hatte. Doch dann fiel mir die Narbe ein, die damals dort klaffte und von der heute nicht mal mehr ein Hauch zu sehen war. Nur ein paar Kratzer und blaue Flecken hatte er in der Schlacht abbekommen. Kaum nennenswert und so ignorierte er diese auch. Unter seinen sauberen Kleidern würde sie eh niemand sehen und Verbände wären weit übertrieben gewesen.
„Minuil, du musst mir alles erzählen, was seit deiner Abreise aus Düsterwald geschehen ist.“ Bat er mich, meine Geschichte zu erzählen. Kurz überlegte ich, wo ich anfangen und wie viel ich ihm erzählen sollte. Es gab so einiges, was ich lieber verschwieg, so zum Beispiel die Ewigkeit die ich brauchte, um mich meinen Gefühlen zu stellen.
„Ähm ja… Als Vater und Ich heim kamen, war erst alles wie immer.“ Fing ich einfach an. „Vater ging seinen Verpflichtungen gegenüber dem König nach und ich blieb daheim und half meiner Mutter mit Aro.“ Hier unterbrach er mich kurz. „Der junge Elb der bei dir stand ist Aro?“ fragte er mit hochgezogener Augenbraue. Fast hatte ich das Gefühl, das etwas Eifersucht in seiner Stimme mitklang, aber es könnte auch gut pure Neugier gewesen sein. So nickte ich nur und meinte: „Ja, das war mein kleiner mittlerweile jedoch größerer Bruder Aro.“ Und deutete etwas über mein Kopf, wobei die Größenangabe noch untertrieben war. Von ihm kam nur ein „Oh!“ zurück und ein zufriedenes Lächeln legte sich auf seine Lippen. Seine Reaktion verwunderte mich etwas. Es hatte tatsächlich den Anschein, als wäre er Eifersüchtig gewesen oder zumindest hatte es ihm missfallen, das ich in Begleitung eines ihm unbekannten Elben war. Nun schien er aber beruhigt zu sein und ich führ mit meiner Erzählung fort.
„Der Winter wurde sehr hart für die Menschen in Rohan. Er gab zu wenig zu Essen und das der Winter sich so hinzog, machte es nicht leichter. Wilde Tiere durchstreiften die Lande und eines Tages kam Vater nicht mehr heim. Er wurde von wilden Tieren getötet, als er einigen Leuten half.“ Die Erinnerung schmerzte. Lange hatte ich nicht mehr daran gedacht, die Erinnerung tief in mir unterdrückt. Nun kamen jedoch all die traurigen Gefühle wieder nach oben.
Erst als ich spürte, wie er sanft über meine Wange strich, merkte ich, das ich weinte. Er zog mich in seine starken Arme und beruhigte mich. Und während ich mich wieder in den Griff bekam, genoss ich den wohligen Duft von Wald und erfrischenden Regen. Seine Haare waren noch feucht und daher rührte der neue Duft. Es gefiel mir, in seinen Armen zu liegen und bestätigte nur meine Erkenntnis, der ich mir mit jedem Augenblick nur noch bewusster wurde.
All die Jahre hatte ich mit meinen Gefühlen gehadert und wusste sie nicht recht zu deuten. Jetzt hier und heute war alles so einfach und auch wieder so kompliziert. Wie gerne hätte ich ihm gesagt ‚Ich liebe dich! Ich will für immer mit dir zusammen sein!’, aber gleichzeitig wusste ich nicht, was er für mich empfand. Damals waren wir nur Freunde gewesen. Beste Freunde die nach Außen vorgaben, verliebt zu sein. Was wenn er noch heute so empfand? Dann würde ich alles zerstören, so wie damals seine anderen Freundschaften zerbrachen. Nein, ich musste besonnen vorgehen. Geduld war eine Tugend. Nun hatte ich die Chance zu beweisen, das ich dieser Tugend Herr war.
So löste ich mich aus seinen Armen, wischte mir einmal übers Gesicht und atmete einmal tief durch. „Alles wieder gut?“ fragte er mich besorgt. „Ja! Es waren nur die schmerzlichen Erinnerungen an damals.“ Antwortete ich und machte es mir wieder bequem im Sessel. Wie unpraktisch nur so ein Sessel sein konnte, da er sich nun einen Stuhl heranzog. Mit der Lehne zu mir zeigend, setzte er sich verkehrt herum darauf, legte seine Arme auf die Lehne und stützte seinen Kopf darauf ab. Es war die selbe Angewohnheit, die auch Aro hatte und die Großmutter immer wieder zur Weisglut trieb. ‚Stühle sind zum sitzen da und nicht zum lümmeln!’ meinte sie dann immer. Ich schmunzelte nur und ärgerte mich weiter, das es in seinem Zimmer kein Sofa gab. Auf diesem hätten wir nebeneinander sitzen können und vielleicht hätte er mich dort dann in seine Arme geschlossen, während ich meine Geschichte erzählte. Innerlich seufzte ich und beschloss, endlich fortzufahren.
„Gut wo war ich stehen geblieben… Vater war von uns gegangen und Mutter war nicht mehr sie selbst. Ihr Heimweh, das nur durch die Liebe zu Vater unterdrückt wurde, kam mit voller wucht zum Vorschein. Ihr Wunsch nach Hause zurückzukehren war so groß, das sie das Haus mit den ersten Frühlingsstrahlen verlies und wir nach Sonnenlande aufbrachen.“ Kurz seufzte ich, denn nun war ich an dem Punkt angelangt, wo ich ihm erklären musste, warum ich ohne Nachricht an ihn, einfach aus dieser Welt verschwand.
„Damals war Aro noch ein Baby und ich konnte und wollte Mutter nicht alleine eine so weite Reise antreten lassen. Ich wusste noch nicht, das ich das unsterbliche Blut meiner Mutter geerbt hatte und so sah ich es auch als richtige Entscheidung, weit von Jolan und dir zu kommen.“ Ein fragender Blick traf mich, aber ehe er etwas sagen konnte, sprach ich weiter.
„Mutter sagte immer, es sei nicht gut, wenn ein Sterblicher und ein Unsterblicher eine Bindung eingehen. Selbst Freundschaften enden so immer schmerzlich. Und durch den Verlust von Vater und ihren Schmerz, wurde mir dies nur alt zu deutlich. Ich wollte nicht, das ihr wegen mir leidet.“ Nun unterbrach er mich jedoch.
„Ich hatte schon immer Freundschaften mit Sterblichen. Früher waren die Beziehungen zu den Menschen noch besser und Vater nahm mich oft mit in die verschiedensten Regionen. Erst in den letzten zwei dreihundert Jahren verschlechterten sich die Beziehungen. Mittlerweile haben wir gar keinen Kontakt mehr zu Menschen, wenn wir von der Dreiecksbeziehung zu Gondor über Bruchtal absehen. Aber meine zwei besten Freunde sind Sterbliche. Aber so schnell werde ich sie nicht verlieren, da Aragorn ein Dunedain ist und noch gute einhundert Jahre vor sich hat. Und Gimli hat auch noch gute zweihundert Jahre, wenn nicht sogar noch mehr.“ Er schüttelte den Kopf.
„Aber das ist nicht das, was ich sagen will. Auch als Elb, als Unsterblicher, sind wir sterblich und ich habe viele Elben sterben sehen. Ich habe noch nicht gelebt, als mein Großvater Oropher starb. Meine Mutter starb kurz nach meiner Geburt, sodass ich mich auch daran nicht erinnern kann. Jedoch hatte ich Freunde die in Schlachten fielen. Der Tod umgibt auch uns Unsterbliche und der Verlust eines Unsterblichen wiegt genauso, wie der Verlust eines Sterblichen. Du siehst, es spielt keine Rolle, ob Sterblich oder Unsterblich. Der Verlust ist gleich und er tut gleich weh.“ Er hielt kurz inne und sein Blick wurde traurig. Ob er gerade an die Verschiedenen dachte? Ich hatte nicht gewusst, das er nie seine Mutter kennen gelernt hatte. Bis heute hatte er sie nie erwähnt und ich hatte mich damals nicht getraut zu fragen, wo sie war. Schon das Arie so fürsorglich zu ihren Brüdern war, hatte mich stutzig gemacht. Sie hatte wohl nach dem Tod ihrer Mutter die Mutterrolle übernommen.
„Das Leben ist oft mehr als wir sehen, erst durch Trauer und Schmerz spüren wir das Leben tief in unserem Herzen. Manchmal erkennen wir erst durch einen Verlust, das wir falsch gehandelt haben. Aber eine zweite Chance gibt es nicht!“ Sprach er gedankenverloren weiter. Sein Blick ruhte nun in weiter Ferne. Und während wir schweigend dasaßen, überschlugen sich meine Gedanken.
Wie meinte er dies, das der Verlust Fehler aufzeigte? Meinte er damit unser Verhalten von damals? Sah er dies jetzt als Fehler? Hatte er damals anders für mich empfunden? Hatte er sich damals unbemerkt in mich verliebt? Wurde ihm dies er nach meinem Fortgang bewusst? Und wie meinte er dies mit ‚Eine zweite Chance gibt es nicht!’? War mit meinem Verlust auch seine Gefühle für mich gestorben? Panik stieg in mir auf, da ich das Gefühl hatte, das meine damalige Entscheidung mir jetzt alles zerstörte.
„Willst du mir erzählen, was dann in Sonnenlande geschah oder seit ihr vorher woanders hingezogen?“ riss er mich mit seiner Frage aus meinen trüben Gedanken.
„Nein, Nein…“ sprach ich entgeistert und musste erst einmal wieder meine Gedanken ordnen, bevor ich überhaupt einen klaren Gedanken formulieren konnte. „Mutters Heimat ist Sonnenlande und dort sind wir hingezogen. Die Reise hatte einige Zeit gedauert und war recht anstrengend, aber der erste Blick auf Sonnenlande entschädigte für all die Strapazen. Die Siedlung ist eine idyllische Oase in der Wüste und grenzt direkt ans Meer. Ich habe mich dort schnell eingelebt und Großmutter hatte mich elbisch gelehrt.“ Ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen. Natürlich sprach ich jetzt elbisch. Wir unterhielten uns die gesamte Zeit schon auf elbisch. Da hätte ich mir diesen Kommentar auch eben ersparen können.
„Großvater, Großmutters neuer Lebensgefährte, lehrte Aro und mich in der Waffenkunst. Ich besitze deine Dolche noch immer und bevorzuge es, mit ihnen zu kämpfen.“ Er zog erstaunt eine Augenbraue hoch. Dies hatte er wohl nicht erwartet. Aber diese zwei Dolche waren mein größter Schatz. Wenn ich sie in den Händen hielt, dann war ich glücklich und fühlte mich frei. Und obwohl ich lange Zeit versucht hatte, den Düsterwald und damit auch Jolan und Legolas aus meinem Kopf zu verbannen, hatte ich mit ihnen immer ein Stück Düsterwald bei mir. Wenn ich jetzt daran zurück dachte, musste ich innerlich schmunzeln. Allein durch sie hätte ich nie den Düsterwald und Legolas vergessen können. Legolas und die Dolche waren eine Erinnerung. Sie waren wie ein unsichtbares Band. Und ich Dummchen habe dies über all die Jahre nie gemerkt.
„Großvater hat auch versucht mir das Bogenschießen beizubringen, aber ich treffe nicht mal ein Schwein, wenn es direkt vor mir steht und ich den Pfeil auch ohne Bogen in dessen Leib rammen könnte.“ Nun biss er sich auf die Lippen, um nicht laut loszulachen. Wahrscheinlich stellte er sich dies gerade vor, aber es entsprach nun einmal der Tatsache, das mir das Bogenschießen einfach nicht lag.
„Ganz anders Aro. Er ist ein wahrer Meisterschütze. Er verfehlt nie sein Ziel. Ich glaube er würde selbst im Dunkeln sein Ziel treffen.“ Merkte ich noch an. Legolas zog wieder eine Braue hoch und ein schelmisches grinsen machte sich auf seinem Gesicht breit. „Na das müssen wir mal bei Gelegenheit herausfinden, ob er sich wirklich ein Meisterschütze nennen darf.“ Unweigerlich kamen mir die Erinnerungen an das damalige Duell von Jolan und Legolas. Er war noch ein Schüler gewesen und hatte knapp gegen seinen Bruder und Lehrmeister Jolan verloren gehabt. Ob er mittlerweile seine Ausbildung abgeschlossen hatte? Vielleicht hatte er es ja sogar geschafft, Jolan zu besiegen? Zeit genug war ja vergangen, das er besser werden konnte. Es sprach also nichts dagegen, das er mittlerweile zumindest genauso gut war wie Jolan. Aber auch Aro war gut und ohne direkten vergleich mochte ich ungern sagen, wer der Beste der Drei war.
„Ja, bei Gelegenheit sollte ein Duell ausgetragen werden. Jolan, Aro und Du. Dann werden wir sehen, wer der wahre Meisterschütze ist.“ Schlug ich vor. „Soll das heißen, du begleitest mich nach Hause?“ fragte er sofort und er hatte ein leuchten in den Augen, so als halte man einem Kleinkind einen dicken Lolli vor die Nase und sage ‚Nimm schon, der gehört dir ganz alleine!’. So nickte ich mit einem freudigen lächeln. Düsterwald… Nach Hause… Ja das hörte sich für mich richtig an und mein Herz machte einen kleinen Hüpfer bei dem Gedanken, dorthin zurückzukehren und zu leben.
„Aro und Ich müssen zuvor zwar noch nach Sonnenlande und Mutter beruhigen. Schließlich wurde Aro von Fremden verschleppt und ich bin einfach heimlich davongelaufen, um ihn zu suchen. Sie und Großmutter und Großvater, sicherlich die gesamte Siedlung werden sich große Sorgen machen. Wir müssen erst dort hin und sie beruhigen. Aber dann werde ich meine Sachen packen und dir in den Düsterwald nachfolgen.“ Erklärte ich. Er zog ein Gesicht, als habe ich ihm gerade den Lolli wieder weggenommen und ihm gesagt ‚Den bekommst du erst, wenn du brav deine Pflichten erfühlt hast.’.
„Und du wirst auch wirklich bald nach Düsterwald nachkommen?“ hackte er nach und er sah dabei so nervös aus, als habe er Angst, das ich ihn wieder sehr lange alleine lassen würde. „Ja wirklich! Du glaubst gar nicht, wie lange ich schon vor hatte, nach Düsterwald zu reisen.“ Verdutzt schaute er mich nun an. „Oh wirklich? Und warum hast du dies bis heute nicht umgesetzt?“ Ich seufzte. Ich wollte ihm nicht sagen, das ich Ewigkeiten mit mir selbst haderte.
„Damals war ich noch zu jung und so vergingen die Jahre. Ich bin Wort wörtlich in das Loch der Zeit gefallen und merkte irgendwie gar nicht, wie die Jahre dahinflossen und ich zwar meine Pläne schmiedete, aber immer etwas dazwischen kommen ließ.“ Dies war nicht gelogen, aber auch nicht alles. Doch was er nicht wusste, das konnte ihn auch nicht verstimmen.
„Du musst auf jeden Fall nach Düsterwald kommen.“ Sprach er hoffnungsvoll. „Ich habe nämlich etwas für dich!“ Nun schaute ich ihn verdutzt an. „Du hast etwas für mich?“ fragte ich neugierig. „Ja, aber was es ist, verrate ich dir erst, wenn du zu mir in den Düsterwald gekommen bist!“ antwortete er mir mit einem sanften Lächeln auf den Lippen und einer Vorfreude in den Augen, das in mir eine unbändige Neugier geweckt wurde. Jetzt war es schon ein Muss in den Düsterwald zu reisen, denn sicherlich würde mich meine eigene Neugier die nächsten Tage und Wochen verzerren.
Und so kam mir eine Idee. „Warum begleitetst du mich nicht nach Sonnenlande? Dann könntest du meine Mutter und Großmutter kennen lernen und ich könnte…“ doch ich unterbrach mich, da er schmerzlich den Kopfschüttelte. „Es tut mir leid, aber das geht nicht!“ Er klang dabei so traurig. „Ich verstehe schon!“ Gab ich zu. So wie ich schnellstens zu Mutter wollte, um sie zu beruhigen, das Aro und ich noch lebten. So ging es ihm wahrscheinlich auch. „Du musst nach Hause. Sicherlich hat auch dort der Krieg gewütet. Da würde ich auch so schnell wie möglich nach Hause kommen wollen.“ Wollte ich ihn trösten, aber er winkte ab. „Das ist es nicht. Es ist das Meer!“ meinte er jedoch. Ich stutzte. Dies hätte ich nicht erwartet. „Wieso das Meer? Ich verstehe nicht!“ Ich war so verwirrt, denn ich verstand den Zusammen hang nicht. „Ich war noch nie am Meer, bis vor einigen Tagen. Ich wurde davor gewarnt, das es mein Herz aufwühlen würde und ich im Wald keinen Frieden mehr finden würde.“ Er seufzte. „Ich höre die Möwen kreischen und es ist, als würden sie mich rufen. Ich spüre, wie das Meer anfängt mich zu verschlingen.“ Er schauderte. Dieses Gefühl war ihm so unangenehm. „Um ehrlich zu sein, will ich so schnell wie möglich vom Meer weg!“ Schuldbewusst schaute er mich an. Sonnenlande lag am Meer und ich nannte diesen Ort Heimat. Er befürchtete wohl, das ich es ihm Übel nahm, das er das Meer nicht mochte. Aber wie konnte ich ihm dies verübeln? Ging es mir doch genauso, nur nicht mit dem Meer sondern…
„So fühle ich mit dem Wald, nur das er mich längst verschlungen hat, ohne das ich es merkte oder mir eingestehen wollte.“ Ich lächelte ihn an, denn er war es der bewirkt hatte, das mich der Wald schon damals so in den Bann gezogen hatte. Er hatte mir gezeigt, wie schön der Wald sein kann. Ein sanfter Blick traf mich und er lächelte wieder. Dann aber zog er die Stirn in Falten. „Jetzt musst du mir aber das mal mit Aros Verschleppung erklären! Ich habe nur beiläufig etwas von Eomer aufgeschnappt, aber daraus wurde ich nicht schlau.“
„Oh…“ Ich musste unweigerlich grinsen, denn wir waren von meiner Geschichte ganz anbekommen. Verlegen legte ich einen Finger auf meinen Mund, riss mich zusammen und erzählte ihm von dem Vorfall.
„Nun ja, Großvater, Aro und Ich waren auf der Jagt. Als wir auf dem Heimweg waren, wurden wir von Fremden angegriffen. Sie überwältigten uns und als ich wieder zu mir kam, war Aro fort. Die Fremden hatten ihn verschleppt. Da sie gondorianische Rüstungen trugen, sind wir erst davon ausgegangen, das die Fremden auch aus Gondor kamen. Da auch in benachbarten Menschendörfer junge Männer verschleppt wurden, ging Großvater davon aus, das Gondor Krieger für den Krieg gegen Mordor rekrutiert. Aber Sonnenlande ist nur eine kleine Siedlung. Wir können die Siedlung verteidigen, aber nicht in den Krieg ziehen. Er konnte niemanden hinter Aro herschicken. Ich war darüber so wütend…“
„Also hast du dir deine Sachen geschnappt und bist ihm alleine nachgejagt.“ Beendete er die Erzählung. Ich nickte und zuckte mit den Schultern. „Und es war die richtige Entscheidung, denn so hat Aro überlebt und ich habe dich wiedergetroffen!“ meinte ich und ein strahlendes lächeln trat in mein Gesicht. Mein Lächeln war anscheinend ansteckend, denn auch er strahlte nun. Aber irgendwie war ich nun auch der Meinung, das ich genügend über mich erzählt hatte. Ich wollte auch wissen, was er die letzten Jahrzehnte erlebt hatte.
„Und du? Was geschah, als du merktest, das ich fort war?“ fragte ich ihn daher. Sofort versteifte er sich, als hätte ihm jemand einen Dolch in den Rücken gerammt. „Erst suchte ich dich, aber niemand konnte mir sagen, wohin ihr gegangen wart. Also bin ich wieder heim. Ich wusste ja, das deine Mutter aus Sonnenlande stammte und so fragte ich Vater, ob er wisse, wo dieses Land liege. Er sagte nein, aber richtig glauben konnte oder wollte ich ihm dies nicht. Aber nachhacken brachte auch nichts. Er beharrte darauf, das er von so einem Land noch nie gehört habe.“ Er verzog den Mund. Wahrscheinlich hatte er seinen Vater nie geglaubt, aber was hätte er machen sollen.
„Schnell kam dann der Alltag zurück und… du kannst dir sicherlich vorstellen, was dies bedeutete.“ Er verdrehte die Augen und mir kam eine leise Ahnung. „Ich dachte in fast dreitausend Jahren hätte er alle Frauen aus Düsterwald durch, aber er kam andauert mit einer Neuen an. Ich frag mich echt, wo er sie alle ausgegraben hat.“ Seufzend schüttelte er den Kopf. Er tat mir richtig leid, das sein Vater dieses Spielchen wieder angefangen hatte. „Und was hast du dagegen unternommen? Hast du ihm gesagt, das er damit aufhören soll!“ fragte ich daher.
Er lachte gequält. „Mit Vater kann man über dieses Thema nicht reden, außer ich hätte mich für eine entschieden. Also hab ich die Flucht angetreten und wirklichen jeden Auftrag übernommen, der mich weit von den Frauen weg brachte. Ich war viel an den Grenzen oder machte Jagt auf dunkle Kreaturen, die sich leider in den letzten Jahrzehnten im Düsterwald heimisch einrichteten. Mittlerweile verdient der Wald diesen Namen zu recht, denn er wimmelt dort nur so von Untieren und es ist müßig, sie von der Siedlung fern zu halten. Ich hoffe das sich dies jetzt wieder legt, nachdem der Schatten von Mordor endlich fort ist.“ Es betrübte ihn, seine Heimat so im argen zu sehen. „Auf jeden fall bin ich so letztendlich in Bruchtal gelandet. Eigentlich hatte ich nur die Aufgabe eine Botschaft von Vater an Lord Elrond zu überbringen und dann schnellst möglich Heim zu kehren. Aber dann kam alles anders.“ Ich hatte von der Ringgemeinschaft gehört, dachte aber, das Lord Elrond Legolas für diese Gruppe ausgewählt hatte. Dies hier hörte sich jetzt aber so an, als habe er sich indirekt selbst in die Gruppe geschoben. Indirekt müsste ich mich bei seinem Vater bedanken. Hätte er Legolas nicht so genervt, wäre er wohl nie so in diesen Ringkrieg gezogen und ich wäre ihm hier nie begegnet, hätte immer noch mit meinen Gefühlen gehadert und wäre einfach nach Sonnenlande zurückgekehrt. Wahrscheinlich wäre ich auch nie aus eigenem Antrieb nach Düsterwald aufgebrochen.
Hier hatte das Schicksal aber wahre Höchstarbeit geleistet.

Bis zum Abend unterhielten wir uns noch über dies und das. Jolan war ein Thema, aber so richtig wollte er mir nichts erzählen. Er meinte, das müsse ich mir mit eigenen Augen ansehen, da ich es sonst nie glauben würde. Was er damit meinte, verriet er mir nicht. „So hast du noch einen Grund mehr, nach Düsterwald zu kommen!“ meinte er mit deutlichem Schalk in den Augen. Als müsse man mich noch mehr überzeugen oder antreiben. Schon das Geschenk oder was auch immer er für mich hatte, reichte aus, das ich vor Neugier fast platzte und sogar mit dem Gedanken spielte, Aro alleine nach Sonnenlande zu schicken. Was ich natürlich nie machen würde, aber der Gedanke war schon reizvoll. Und nun tischte er mir das nächste Geheimnis auf und stachelte meine Neugier noch mehr an. Diese Elb verstand es, mich zu foltern.
Die Erzählung über die Ereignisse des Ringkrieges nahmen jedoch die meiste Zeit in Anspruch. Wir verloren uns regelrecht in die Schlachten, das wir gar nicht merkten, wie es langsam draußen dunkel wurde. Er konnte sie aber auch zu deutlich wiedergeben, sodass ich fast das Gefühl bekam, selbst dort gewesen zu sein.
Erst als Gimli und Aro in der Tür standen und uns zum Abendessen abholten, wurde uns klar, das wir den gesamten Nachmittag verquatscht hatten. Mein Bruder tat mir leid, das ich ihn so lange mit Gimli alleine gelassen hatte. Aber bereits auf dem Weg zum Speisesaal bereute ich, das es mir leid tat. Aro verstand sich blendet mit Gimli. Kein Wunder, dachte ich mir, Aro hört Geschichten für sein Leben gerne und Gimli hatte ihm wahrscheinlich ein Ohr abgekaut.
Innerlich schwante mir nichts gutes. Denn ich befürchtete, das ich wohl oder übel über kurz oder lang mit Gimli auskommen musste. Er war Legolas bester Freund und sie hatten jede Menge erlebt und durchgemacht.
Und wenn ich ehrlich zu mir selbst war, war der Zwerg eigentlich ganz witzig… wenn ich von seiner komischen Art absah. Irgendwie war er immer maulig oder zumindest hatte ich das Gefühl, das er immer etwas zu knurren hatte. Vielleicht war das ja eine Eigenart der Zwerge?
Vielleicht waren wir aber auch alle nur hungrig und müde? Die letzten Tage waren für sie anstrengend gewesen und für mich sehr aufwühlend. Morgen sah die Welt vielleicht schon anders aus…

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