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Sep 19 2013

IceBluemchen

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100. Der Schlund zur Hölle

Hätte man Marco noch vor einer Stunde die Frage gestellt, wie er sich den Vorhof zur Hölle vorstelle, so hätte er spontan geantwortet: „Die Schlacht auf Marinefort! Ich hatte an jenem Tag und Ort alles verloren, was mir lieb und teuer war. Es war der bislang düsterste Tag in meinem Leben!“
Doch das was er nun vor sich sah, ließ ihn die Schlacht auf Marinefort so nichtig vorkommen.
An jenem Tag, an welchen er so vieles verloren hatte… sein Zuhause, sank die Moby Dick vor seinen Augen, ohne das er oder die Mannschaft etwas dagegen hatten tun können. Sie war ein gutes Schiff gewesen! Ein Zuhause für so viele heimatlose Piraten und ein Ort, welchen er mit so vielen Erinnerungen verband. Er war auf diesem Schiff aufgewachsen, hatte dort so vieles gelernt und so viele Freunde kennengelernt. Auf diesem Schiff war Ace zu seinem kleinen Bruder geworden, auf welchen er immer ein wachsames Auge gehabt hatte. Doch nicht nur er hatte immer über Ace gewacht!
An jenem Tag hatte er auch seinen geliebten Kapitän verloren… Pops… ja er war ein guter Vater gewesen! Einen Kapitän wie Edward „Whitebeard“ Newgate gab es nicht viele, um nicht zu sagen, dass man solche Kapitäne ohne Schwierigkeiten an nur einer Hand abzählen konnte. Er hatte für seinen Traum, eine große Familie zu besitzen, gelebt. Er hatte sich seinen Traum bereits in jungen Jahren erfüllen können und doch war die Familie nie zu groß. Es hatte immer Platz für noch einen Nakama gegeben, egal ob dieser es auch wollte oder sich dagegen gesträubt hatte, wie Ace es in seinen ersten Tagen getan hatte.
Die Erinnerung an Ace seine ersten widerspenstigen Tage, trieben ein flüchtiges Lächeln auf Marcos Lippen, verschwand es jedoch sofort wieder, als das Bild der geschundenen totgeglaubten Gestalt von Ace vor seinem geistigen Auge auftauchte. Wie er schlaff an seinen kleinen Bruder Ruffy gelehnt hatte und leblos zu Boden sank, nur um dort in seinem eigenen Blut friedlich zu entschlafen.
Marco zweifelte, dass er je den Aufschrei Ruffys vergessen könnte. Genauso wie er niemals den Anblick seines toten Kapitäns vergessen würde oder die Vielzahl der getöteten Nakama oder wie Ace im Feuertanz gleißend blauer Leuchtkäfer schmerzhaft ins Leben zurückgerissen worden war.
Die Schlacht auf Marinefort war ein Desaster gewesen. Ein Vorgeschmack auf die Hölle. Doch was er nun vor sich sah… es übertraf das Bild des zerstörten Marinefort um Längen.
Kazanjima existierte nicht mehr! Das einstige Dschungelparadies, war zu einem Flammenmeer geworden, welches von dicken schwarzen Wolken um wabert wurde und ein grollender magmaspuckender Vulkan sich aus dem Höllenfeuer erhob. Feurige Gesteinsbrocken wurden meilenweit in die Atmosphäre gespuckt, nur um wie Meteore auf die Flammeninsel und das umliegende Meer niederzugehen. Tödliche Geschosse, welche Meterhohe zischende Fontänen in die See schlugen und ihre Gewalt nur vage erahnen ließ.
„Wir können nicht näher an die Insel heran!“, sprach Marco zu Nami und strich sich seufzend durchs Haar. „Wenn nur einer dieser Gesteinsbrocken euer Schiff trifft, wird es schnell sinken, wenn nicht gar in tausend Stücke gerissen.“ Es war eine Situation zum Verzweifeln. Sie mussten auf diese Insel, um Ace zu finden und zu retten, aber sie kamen gar nicht nah genug an sie heran, um überhaupt die Lage vor Ort genau einschätzen zu können.
War auf der Insel überhaupt noch Leben möglich? Oder lebte Ace allein durch seine Teufelskraft noch? Keine dieser Fragen konnte auf dieser Distanz beantwortet werden.
„Und was sollen wir nun machen? Hier rumstehen und Däumchen drehen, während Ace dort stirbt!“, warf Zorro ein und deutete auf die Insel, um die Dringlichkeit seiner letzten Worte zu unterstreichen.
„Nein! Keiner wird einfach nur rumstehen und zusehen!“, antwortete Marco sofort und sah nachdenklich zur Insel. „Aber ihr werdet euch diesem Ort nicht weiter nähern.“ Alle sahen ihn an, wollten wiedersprechen, aber etwas in seiner Stimme und wie er die Insel musterte, ließ sie alle schweigen. Stumm und fragend sahen sie auf Marco, wie sich seine Miene mehr und mehr verfinsterte.
Es waren die schwarzen Wolken, welche ihm ein mieses Bauchgefühl bescherten. Zum einen waren es normale Rauchschwaden von verbrennendem Holz und rußgeschwärzter Asche des Vulkans. Aber dazwischen waberten diese schwarzen Wolken, welche ihn zu sehr an die Finsternis Blackbeards erinnerten.
Was war auf Kazanjima nur geschehen? Eine Frage welche wohl nicht nur ihm durch den Kopf ging.
„Vielleicht sollten wir die Insel erst einmal umrunden!“, schlug Nami verhalten vor. „Ich meine, Ace seine Vivrecard deutet auf den rechten Teil der Insel.“, sie deutete auf einen Klippenausläufer und etwas, was wie eine verbrannte Hafenanlage aussah und erklärte dann. „Er war doch mit seinem Striker unterwegs und wird diesen wohl nicht direkt am Hafen dort zurückgelassen haben.“ Wenn doch, wäre das kleine Boot nun höchstwahrscheinschlich bereits Schrott und dem Feuer zum Opfer gefallen, was auch dem Hafen und alle sich darin befindliche Schiffe dem Feuer zum Opfer gefallen war.
„Nein, ganz sicher nicht!“, bestätigte Marco. „Im Normalfall versteckt er ihn in Klippenspalten oder kleinen versteckten Höhlen, welche vom Land und vom Meer aus nur schwer bis gar nicht einsehbar sind.“
„Genau das dachte ich auch!“, nickte Nami und fuhr mit ihrem Vorschlag fort. „Wenn wir die Insel in diese Richtung umrunden, wird sich die Positionsanzeige der Vivrecard entsprechend verändern, sodass wir in etwa bestimmen können, wo er sich aufhält und auch wie nah am Meer. Und dann müssen wir nur noch einen Weg finden, wie wir unbeschadet auf die Insel gelangen, um ihn dort herauszuholen.“
„Das werde ich dann erledigen!“, gab Marco sogleich mit deutlichem Nachdruck zu versehen. „Ich kann den Gesteinsbrocken ausweichen und sie können mir auch nichts anhaben, sollte ich doch getroffen werden. Und auch das Feuer der Insel kann mir nichts anhaben.“ Nur vor den schwarzen Wolken werde ich mich in Acht nehmen müssen, dachte er noch, verschwieg er dies den anderen jedoch gegenüber, das er diese der Macht Blackbeards zusprach und keiner normalen Naturgewalt.
„Also doch vorerst Däumchen drehen!“, murmelte Zorro zerknirscht. Es schmeckte ihm überhaupt nicht, das er vorerst nur dastehen und zum Zusehen verdammt war. Er wollte kämpfen! Er wollte für seinen Kapitän den Kampf ausfechten, welchen dieser selbst aufgrund seiner Erkrankung hatte fernbleiben müssen. Doch so war es einfach nur frustrierend und demütigend. Er war einfach nicht der Typ, welcher nur zusah und andere die Arbeit machen ließ.
Ihr Plan stand, zückte Nami einen kleinen Block und zeichnete darauf die ungefähren Umrisse der Insel. Dann sah sie auf die Vivrecard und zog eine gerade Linie in die Richtung, wo sie auf Ace deutete. Ihr Plan sah es vor, jede fünf Minuten die Position neu in ihrer provisorischen Karte zu notieren und so die Position von Ace mehr und mehr einzugrenzen, müsste er sich doch an jenem Punkt befinden, wo sich am Ende die meisten Linien kreuzten.
Sie gab Sanji die Anweisung den Kurs so zu ändern, dass sie die Insel nun einmal entgegen dem Uhrzeigersinn umrunden würden. Weitere Anweisungen gingen an Zorro, Chopper, Frankie und Brook, mussten Segel eingeholt und der Schaufelradantrieb in Gang gebracht werden, wollten sie die Insel nicht im Eiltempo umrunden. Sie mussten Wachsam sein, weshalb Lysop die Küste aufmerksam durch sein Fernglas beobachtete und jede Auffälligkeit an Marco und Robin weitergab, damit auch sie sich dies durch ihre Ferngläser genau ansehen konnten. Auch Nami blieb nicht untätig. Sie stand neben Sanji und hielt die Vivrecard immer genau in die Richtung, in welche sie wies, schaute dabei immer wieder auf die kleine Sanduhr, welche ihr Sanji gereicht hatte und zeichnete die zweite Linie in ihre kleine Karte, als die Uhr das erste Mal durchgelaufen war.
Viel schien sich an der Position nicht verändert zu haben, befand sie die Änderung als sehr gering.
„Ich habe etwas entdeckt!“, schrie Lysop auf. Nami hatte gerade die dritte Linie in ihre Karte eingezeichnet und sah nun auf und in die Richtung, auf welche Lysop deutete. Auch Marco und Robin sahen nun durch ihre Ferngläser auf diesen Punkt.
„Das sind verkohlte Leichen von mindesten einem Menschen und einem Pferd.“, entsetzen schwang in Lysops Stimme mit. Obwohl es nicht die ersten Leichen seines Lebens waren, war es für ihn ein schwer zu ertragender und abscheulicher Anblick. Die verkohlten Überreste deuteten darauf, dass die Betroffenen noch hatten ins Meer fliehen wollen… aber vergebens. Das Feuer oder der Vulkan waren schneller gewesen.
„Das sind Mitglieder aus der Blackbeard-Bande. Sie hatten ein Pferd besessen und meist ritt ihr Arzt auf diesem.“, glaubte Marco den rechten Schluss gefasst zu haben. Er vermutete auch, dass diese zwei Bandenmitglieder nicht die einzigen Opfer der Flammen und der Magma geworden waren. Kazanjima verschlang alles im Fegefeuer der Hölle.
„Ace ist dort jedenfalls nicht in der Nähe. Die Card deutet weiter nach rechts auf die Klippen!“, konnte Nami wenigsten diese Sorge vorerst dämpfen, dass sich womöglich Ace dort in der Nähe aufhielt und wie diese Flammenopfer am Dahinscheiden war.
Sie verfolgten weiter ihre Strategie… doch je länger sie den umrundenden Kurs beibehielten wurde eines deutlich…
„Er ist nicht auf der Insel!“, schrie Nami über das Deck und deutet auf einen Punkt, welcher knapp an der Insel vorbei führte. „Er muss sich aufs Meer gerettet haben. Die Vivrecard deutet jetzt deutlich aufs Meer hinaus!“
Sofort wanden sich Lysop, Marco und Robin dem Meer zu. Eine weite Linie am Horizont und eine Suche, wie die Nadel im Heuhaufen. Es war eines, ein großes Schiff auf dem Meer auszumachen, aber Ace sein Striker war eine Nussschale und auch noch in einer eher ungünstigen Farbe lackiert worden. Sein alter Striker war Sonnengelb mit einem Roten Streifen gewesen. Diesen hatte man eigentlich immer leicht auf dem Meer ausmachen können, stach er immer wie ein störendes Objekt aus dem weiten Blau heraus. Doch sein neuer Striker war schwarz lackiert worden, half bei der Sichtung auch nicht wirklich der rote Zierstreifen etwas. Das kleine Boot verschwamm in der Ferne mit dem Meer und war förmlich unsichtbar, wenn Ace nicht gerade als lebende Fackel darauf Purzelbäume schlug.
„Neuer Kurs!“, gab Nami die neue Richtung vor, jedoch interessierte Marco dies nicht mehr! Ace war nicht auf der Insel und mit einem Fernglas war es eher pures Glück ihn so auszumachen, ohne das er ihnen ein Zeichen gab.
Blaue Flammen züngelten über seinen Leib und mit einem lauten mystischen Aufschrei, stieß er sich von der Reling ab. Wenige Flügelschläge genügten, um ihn hoch hinaus in das Himmelsblau zu tragen, während die Sunny von der Insel abdrehte und nun einen leicht abdriftenden Kurs wieder hinaus aufs offene Meer einschlug.

Marco wusste, auch aus der Luft würde es alles andere als einfach sein, seinen Kapitän… besten Freund und kleinen Bruder auszumachen. Er hatte genau auf die Richtung geachtet, in welche die Navigatorin gedeutet hatte. Es war genau jene Richtung, in welche auch die schwarzen Wolken vom Wind getragen wurden…

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