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Jan 13 2011

IceBluemchen

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18. Die Hallen des Königs

Die Nacht brach herein und noch immer wurden Verwundete gebracht. Neben den Heilern und Helfern, waren nun auch Frauen dort. Sie kümmerten sich um ihre Ehemänner und Söhne, gaben ihnen Wasser oder Suppe, beruhigten sie oder hielten einfach nur ihre Hand. Um Aro und mich kümmerte sich niemand. Kein Heiler oder Helfer sah mehr nach uns. Es war ganz so, als währen wir gar nicht dort und dies wünschte ich mir auch. Ich wollte nicht dort sein und ich wollte nicht, das es Aro so schlecht ging.
Ich wusste nicht, wie lange Aro noch schlafen würde, doch ich bekam Hunger und auch Aro musste etwas essen, wenn er aufwachte. So rang ich mich durch, legte mir einige Worte zurecht und ging zu einer älteren Frau hinüber, die Wasser und Suppe verteilte. Verwundert und bestaunend schaute sie mich an und war erstaunt, als ich sie um Wasser und Suppe bat. Es kam mir vor, als würde sie sich schämen, das sie mir nichts besseres geben konnte. Dabei schmeckte die Suppe sehr gut und machte satt. Dennoch fühlte ich mich so fehl am Platz.
Irgendwann schlief auch ich ein, wobei ich nicht tief einschlafen konnte. Gerade als ich wieder tiefer eingeschlafen war, rüttelte mich ein mir fremder Mann wach. Erschrocken fuhr ich hoch und schaute in das Gesicht des Mannes, der während der Schlacht an der Seite von Aro gekämpft hatte. „Entschuldigung, ich wollte dich nicht erschrecken. Mein Name ist Eomer aus Rohan. Ich habe euch gesucht.“ Verwirrt schaute ich ihn an. ‚Warum hatte er uns gesucht?’ fragte ich mich, aber was mich noch brennender interessierte war, warum war Aro bei ihm gewesen. „Kommt, eigentlich solltet ihr gar nicht mehr hier sein.“ Sprach er und winkte zwei Helfer herbei. „Aber wo sollten wir sonst sein. Die Soldaten haben uns hierher gebracht.“ Antwortete ich gebrochen. Dadurch das ich die ganze Zeit die Frauen und Heiler sprechen gehört hatte, kam die Erinnerung an die Menschensprache zurück und ich war mir sicher, das ich sie in wenigen Tagen wieder gut sprechen würde. „Sie hätten euch aber nicht hierher bringen sollen. Ihr hättet zur Zitadelle gebracht werden sollen und da bring ich euch nun hin.“ Erwiderte er und gab den Helfern Anweisung, Aro vorsichtig auf eine Trage zu legen. „Bitte seit vorsichtig!“ sprach ich zu den Helfern, als sie Aro leicht anhoben und auf die Trage legten. „Bitte kommt.“ Forderte mich Eomer auf ihm zu folgen und gemeinsam mit den Helfern durchschritten wir die große Halle voller Verwundeter. Liefen durch die Flure der Hallen der Heilung, wo ebenfalls zahllose Verwundete lagen und versorgt wurden. Überall wo ich auch hinschaute, war Schmerz und Leid zu sehen. Weinende Frauen, die vom Tod ihrer Männer und Söhne erfuhren. Kinder die ihre Eltern suchten. Verwundete die wiederum nach ihren Familien fragten. Der Krieg war eine grausame Angelegenheit, die nur Schmerz und Leid hinterlies.
Die Zitadelle war ein Teil des königlichen Palastes und dort befanden sich die Räumlichkeiten der königlichen Heiler. Es waren Heiler elbischer Abstammung, wobei deutlich der menschliche Einfluss zu erkennen war. Wir wurden in ein kleines Zimmer geführt, das obwohl es nur von Kerzenlicht beleuchtet wurde sehr hell und freundlich wirkte. Vorsichtig legten sie Aro in das Bett und sogleich kümmerte sich ein Heiler um ihn. Ich konnte nur daneben stehen und zuschauen, wie er den Verband entfernte, die Wunde von Blutresten säuberte und dann die Naht begutachtete. Er wahr nicht sehr glücklich darüber, aber belies es so. „Die Narbe wird nicht sehr schön aussehen, aber in einigen Jahren wird sie verblasst und vergessen sein.“ Sprach er auf elbisch mit einem menschlichen Akzent zu mir. Ich nickte nur und beobachtete ihn weiter, wie er eine Salbe auf die Wunde auftrug. Sie roch nach Kamille und Ringelblumen. Anschließend verband er sie wieder und deckte ihn zu.
„Er wird wieder ganz gesund!“ sprach der Heiler zu Eomer und mir. Danach verabschiedete er sich und ging. Nun da wir alleine waren, wollte ich diesen Eomer endlich zur Rede stellen, warum Aro bei ihm gewesen war.
„Woher kennt ihr Aro eigentlich? Warum war er bei euch?“ fragte ich ihn und kontrollierte nebenbei, ob Aro auch richtig zugedeckt war. „Kommt mit mir. Ich erzähle euch alles auf dem Weg zu Feldherr Aragorn.“ Sprach er und ging zur Tür. „Nein, ich möchte Aro nicht alleine lassen. Was wenn er aufwacht?“ wiedersprach ich. „Es sind Heiler dort draußen und sie werden regelmäßig nach ihm schauen. Ihr braucht euch keine Sorgen zu machen. Der Kleine ist hier in sehr guten Händen!“ sprach er. Dennoch zögerte ich, haderte innerlich, ob ich ihn wirklich alleine lassen konnte. Doch ich wollte Antworten und diese würde ich wohl nur bekommen, wenn ich mit ihm zu diesem Aragorn ging.

Auf dem Flur vor Aro seinem Zimmer liefen geschäftig einige Helfer und Heiler umher. Eomer führte mich den Flur entlang und wir bogen auf einen großen Hauptkorridor ab, der die Zitadelle mit dem restlichen Palast verband. „Bitte erzählt mir nun, warum Aro bei euch war!“ forderte ich ihn auf, mir alles zu berichten. „Wir griffen ihn vor zwei Tagen, gefesselt und fliehend vor Haradrim, auf. Er erzählte uns, das er von ihnen aus seiner Heimat entführt wurde. Und da ihm der Weg nach Hause durch den Krieg abgeschnitten war, wollte er sich zu seiner zweiten Heimat nach Rohan durchschlagen. Mir kam diese Geschichte erst etwas merkwürdig vor, aber als wir dann seine Verfolger aufspürten und erschlugen, glaubten wir ihm. Die Haradrim hatten Teile von gondorianischen Rüstungen getragen. Für jemanden, der die Rüstungen von Gondor nicht kennt, muss geglaubt haben, das dies Soldaten aus Gondor waren. Mordor greift wirklich zu den hinterlistigsten Mitteln, um den Hass zwischen den Menschen und Völkern zu schüren.“ Erzählte er und ich ärgerte mich, das ich tatsächlich auf diese Finte hereingefallen war. „Aro erzählte uns außerdem, das noch mehr Männer aus dem Süden entführt wurden und man sie zwingen wollte, gegen Gondor zu kämpfen. Wer sich weigerte, wurde getötet. Alle anderen sind heute auf dem Schlachtfeld gefallen.“ Es war einfach nur schrecklich und stimmte mich traurig. Wäre Aro nicht geflohen, hätten sie ihn bestimmt getötet, denn gegen Gondor hätte er nie freiwillig gekämpft.
Wir erreichten den Palast und er führte mich in den Thronsaal. Ehrfürchtig schaute ich mich in der großen Halle um. Die Wände waren aus weißem geschliffenem Granit. Der Fußboden mit Fließen aus Granit in diversen Grautönen zu einem Muster zusammengefügt. Eine Treppe führte zu einem imposanten Thron aus geölter Eiche, über dem die Königskrone schwebte. Rechts vor der Treppe stand ein kleinerer Thron, auf dem es sich ein Zwerg bequem gemacht hatte und genüsslich eine Pfeife rauchte. Vor diesem Thron standen noch zwei Männer uns den Rücken zugewandt, unterhielten sie sich. Einer der Männer war ein alter weißhaariger Mann in einem weißen Mantel gehüllt und sich auf einen weißen Stab stützend. Neben ihm stand ein schwarzhaariger Mann. Dies musste wohl Feldherr Aragorn sein, dachte ich mir.

Wir traten an die Männer heran, die sich nun uns zuwandten. „Ah, Minuil aus Sonnenlande. Es ist schön euch wohlbehalten wiederzusehen. Wie geht es euren Bruder?“ begrüßte mich Aragorn und ich erkannte ihn vom Schlachtfeld wieder. „Es geht ihm den Umständen entsprechend gut. Der Heiler sagt, er wird wieder gesund.“ Antwortete ich schüchtern. „Ich möchte euch erst einmal Gandalf den Weißen vorstellen. Zauberer und mein engster Berater.“ Sprach Aragorn und deutet auf den älteren weißhaarigen Mann. Freundlich begrüßte dieser mich und ich ihn zurück. „Dies ist Gimli, Gloins Sohn. Er ist ein Abgesandter der Zwerge und kämpft an meiner Seite gegen Mordor.“ Stellte er mir Gimli vor, der mich ganz zwergisch mit einem fröhlichen Grinsen begrüßte. „Und Eomer, Feldherr aus Rohan, kennt ihr bereits.“ Sprach er weiter und ich nickte zustimmend. „Aber ihr habt mich doch nicht hierher gebeten, nur um mir eure Begleiter vorzustellen. Ich möchte schnellstens zu meinen Bruder zurück. Darum bitte ich euch, mir euer Anliegen vorzutragen, damit ich wieder gehen kann.“ Drängte ich, auch wenn dies etwas unhöflich war. „Selbstverständlich. Ich wollte mit euch sprechen, da mir und meinen Begleitern Sonnenlande vollkommen unbekannt ist. Wir wussten nicht einmal, das es im Süden Elbische Siedlungen gibt.“ Erklärte er mir. „Es gibt nur eine elbische Siedlung im Süden. Sie liegt etwa zehn Tagesritte von hier entfernt, wenn man schnell und mit nur wenigen Pausen reitet. Und wer den Weg nicht kennt, findet Sonnenlande nicht. Wir sind friedliche Einsiedler und wollen keinen Krieg. Wir mischen uns auch nicht in äußere Angelegenheiten ein. Im Grunde tun wir alles, um so wenig Kontakt nach Außen zu haben, wie irgend möglich.“ Erzählte ich und hoffte seine Fragen damit beantwortet zu haben. „Und dennoch kämpftet ihr hier.“ Sprach er. „Ich habe die Entführer meines Bruders verfolgt und bin so in diesen Krieg gezogen worden. Und damit ist auch erklärt, warum Aro hier gekämpft hat. Wenn Aro wieder gesund ist, kehren wir Heim. Wir wollten uns nie in diesen Krieg einmischen. Es ist nicht unser Kampf!“ antwortete ich ihm energisch. „Dieser Krieg geht jedem etwas an. Wenn Mordor gewinnt, wird die Welt untergehen und damit auch unweigerlich eure Heimat.“ Sprach er zu mir. „Wenn ihr Hilfe aus Sonnenlande erhofft, dann gebt diese Hoffnung auf. Wir haben nicht genügend Krieger für einen Kampf außerhalb unserer Grenzen. Wenn es stimmt, was ihr sagt, dann sind unsere Krieger zu Hause zur Verteidigung besser aufgehoben.“ Zerschlug ich ihm gleich seine Hoffnung auf elbische Unterstützung. „Und was ist mit euch? Aro kämpft erstaunlich und euer Kampfstil ist bemerkenswert.“ Fragte mich Eomer, doch ich schüttelte den Kopf. „Ich bleibe bei Aro!“ antwortete ich. „Ich denke auch, das alles gesagt ist. Ich danke euch für eure Gastfreundschaft und Hilfe für Aro. Aber ich kann nicht für euch kämpfen. Bitte entschuldigt mich!“ sprach ich hastig, daher teils in elbisch, verneigte mich kurz und ging.

Eilig verlies ich den Thronsaal, deutlich ihre Blicke in meinem Rücken spürend. Es war unhöflich von mir, sie so abzuwürgen. Aber ich war nicht hier, um in einem Krieg zu kämpfen. Ich war hier, um Aro nach Hause zu bringen. Dennoch fühlte ich mich schlecht dabei, ihnen eine Absage zu erteilen. Hastig lief ich den großen Korridor entlang und achtete nicht auf die Menschen, die ich passierte. Auch das mich jemand rief, ignorierte ich, wollte ich doch nur schnellstens wieder zu meinem kleinen Bruder.
Plötzlich hielt mich jemand am Arm und riss mich herum. „Was soll das?“ protestierte ich und wollte mich losreizen, als ich in die wunderschönsten tiefblauen Augen sah, die ich je in meinem Leben gesehen hatte und die ich seit so langer Zeit schmerzlichst vermisst hatte. „Legolas?“ mehr brachte ich nicht über die Lippen. Mein Kopf war wie leergeblasen und lies keinen Platz für rationales denken. „Minuil? Bist du es wirklich? Wie kann das sein?“ fragte er mich und lies meinen Arm los. Er musterte mich von Oben nach Unten, während ich einfach nur sprachlos dastand und die Gefühle, die mein Körper gerade durchströmten, nicht zuordnen konnte. Mein Herz schlug mir bis zur Kehle und drohte herauszuhüpfen. Schmetterlinge rasten in meinem Bauch und tanzten einen chaotischen Tanz der Freude. Meine Knie wurden weich und meine Hände ganz feucht. „Legolas, ich… ich weis nicht was ich sagen soll.“ Stammelte ich und dann übermannten mich meine doch noch alt zu menschlichen Gefühle und ich fiel ihm heulend um den Hals. „Minuil, du bist es wirklich!“ flüsterte er und drückte mich fest an sich. „Ich habe dich so vermisst!“ schluchzte ich und durchweichte weiter sein Hemd mit meinen Freudentränen. „Ich habe dich gesucht. Ich war in Rohan, aber ihr wart fort und niemand konnte mir sagen, wohin ihr gegangen seit. Ich dachte, ich hätte dich für immer verloren. Und nun treffe ich dich hier, nach so langer Zeit und am wirklich unmöglichsten Ort wieder. Wie ist es dies überhaupt möglich!“ sprach er und ich versuchte mich zu beruhigen, meine Gedanken zu ordnen und mein Gehirn wieder in gerade Bahnen denken zu lassen. „Es ist eine so lange Geschichte.“ Antwortete ich ihm, aber ich wollte ihm wenigsten das wichtigste erklären. „Vater war im Winter gestorben und Mutter wollte in ihre Heimat nach Sonnenlande zurück. Obwohl ich zurück zu dir wollte, konnte ich Mutter nicht alleine mit Aro lassen und begleitete sie daher. Seit dem habe ich in Sonnenlande gelebt. Und dort habe ich auch erfahren, das ich mehr elbisch bin, als ich immer gedacht habe. Mutter hatte es mir verschwiegen, da sie Vater nicht unglücklich machen wollte. Und seit ich es weis, wollte ich zurück. Doch es ist ein weiter Weg und… Es ist wirklich eine sehr lange Geschichte…“ Erzählte ich und konnte einfach nicht den Blick von seinen Augen abwenden. „Es ist egal wie lang die Geschichte ist. Hauptsache ich habe dich wieder!“ freute er sich und schloss mich erneut in seine Arme. Es war so wundervoll ihn zu sehen und zu spüren, das ich alles um mich herum vergessen konnte. So lange hatte ich mich nach ihm gesehnt und nun war er hier und er freute sich, mich zu sehen. Er hatte mich vermisst, mich sogar gesucht. Meine Gefühle spielten total verrückt, bis mir wieder Aro in den Sinn kam. Wehmütig löste ich mich aus seiner Umarmung. „Mein Bruder wurde in der Schlacht verletzt. Ich muss jetzt wieder zu ihm.“ Sprach ich, aber im Gegensatz zu meinen Worten bewegte ich mich keinen Millimeter. Besorgnis machte sich auf seinem Gesicht breit. „Ich muss auch gehen. Ich werde erwartet.“ Sprach er, aber auch er bewegte sich keinen Millimeter. Verlegen biss ich auf meiner Unterlippe herum. „Ich muss jetzt wirklich zu Aro!“ sprach ich und setzte mich endlich langsam in Bewegung. „Ich auch. Sehen wir uns nachher?“ fragte er mich noch und hielt mich an der Hand zurück, sodass ich wieder stehen blieb und mich wieder in seine Augen verlor. „Ja auf jeden fall!“ antwortete ich ihm. Ich konnte einfach meinen Blick nicht von ihm abwenden, es einfach nicht glauben, das ich ihn gerade eben hier getroffen hatte. Es war wirklich der ungewöhnlichsten Ort zur ungewöhnlichsten Zeit die es gab.

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