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Jan 13 2011

IceBluemchen

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17. Rückkehr

Längst hatte ich meinen ersten dreistelligen Winter hinter mir gelassen. Zeit wurde wirklich zu einer Nebensache und Geburtstage verwischten in der Vergangenheit. Wüsste ich nicht den Tag und das Jahr meiner Geburt, ich hätte nicht sagen können, wie alt ich war. Aber so ging es wohl jedem Elb. Großmutter konnte mir nicht einmal sagen, wann sie geboren wurde. Sie wusste es nur noch ungefähr. Aber sie befand dies als irrelevant. Wichtig war nicht die Zahl, sondern das gefühlte Alter. Und wie alt fühlte ich mich?
Alt genug um sagen zu können, ich sei Erwachsen und bereit für meine Zukunft!

Es war Frühjahr und ich durfte Großvater und Aro zur Jagt begleiten. Oft kam dies nicht vor, da Mutter die Jagt für mich als zu gefährlich ansah. So genoss ich das kleine Abenteuer. Ein Grund, warum ich auch nicht oft mitgenommen wurde, war vielleicht auch die Tatsache, das ich immer noch ein miserabler Bogenschütze war. Während Großvater und Aro jede Beute mit einem Schuss erlegten, traf ich nicht einmal eines, wenn es direkt vor mir stand und brav stehen blieb. Also griff ich zu unkonventionellen Methoden. Wenn es nicht mit Pfeil und Bogen klappen wollte, so aber mit meinen Dolchen. So konnte ich wenigsten einmal einen Jagderfolg vorzeigen.
Doch jede Jagt hatte auch einmal ihr Ende und so machten wir uns mit einer guten Ausbeute auf nach Hause. Aro und Ich alberten gerade etwas rum, als wir sie aus der Ferne kommen sahen. Viele Reiter in schweren Rüstungen. Rüstungen, wie ich sie damals in Gondor gesehen hatte. Als wir sie entdeckten, war es bereits zu spät, sich zu verstecken. Sie hielten direkt auf uns zu. Gondor war nie unser Feind gewesen und so ließen wir unsere Waffen stecken. Ein schwerwiegender Fehler, den wir teuer bezahlen mussten.
Als ich wieder zu mir kam, war ich bereits wieder zu Hause. Mein Kopf schmerzte und ich musste mich erst einmal orientieren, wo ich genau war. Mutter saß neben mir. Sie war besorgt und traurig. Sie musste viel geweint haben. „Nana war ist passiert?“ fragte ich sie. „Mein Schatz ihr wurdet angegriffen. Kannst du dich nicht mehr daran erinnern?“ Ich musste nachdenken. Bilder des Angriffes und des Kampfes traten zurück in meine Erinnerung. Ohne Vorwarnung kam der Angriff. Schnell und unbarmherzig. Als erstes hatten sie Großvater niedergeschlagen, dann mich. „Großvater? Ist er in Ordnung? Und wo ist Aro? Geht es ihm gut?“ Mutter fing an zu weinen. „Deinem Großvater geht es gut. Doch Aro ist fort. Sie haben ihn entführt oder gar schlimmeres!“ schluchzte sie. „Aro, Nein!“ brachte ich nur noch heraus und musste ebenfalls weinen. Es durfte einfach nicht sein. Nicht mein kleiner Bruder!
Die nächsten Tage verbrachte ich damit, darüber nachzudenken, warum Reiter aus Gondor uns angegriffen hatte und einen von uns raubten. War Aro eine Geisel? Doch warum sollte Gondor dies tun? Sonnenlande war ein Dorf, das kaum ein Sterblicher kannte. Und selbst vor der Elbenwelt blieben wir verborgen. Wir hatten keine Feinde und die wenigen Menschendörfer, die in dieser kargen Wüste errichtet wurden, hatten kein Interesse an uns, außer ab und an ein wenig Tauschhandel. Es ergab doch alles keinen Sinn!
Doch dann erreichte uns Kunde, das im Norden ein Krieg ausgebrochen war. Gondor zog gegen Mordor in den Krieg, hieß es. Und es gab noch mehr Entführungen. Viele junge Männer der umliegenden Menschenlande wurden entführt und in den Norden gebracht. Sie sollten gegen den Feind kämpfen.
Dies lies uns hoffen, das Aro noch lebte und das es eine Chance auf Rettung gab. Doch Großvater wollte ihnen nicht folgen. Er musste an sein Volk und dessen Sicherheit denken. Einen Konflikt mit Gondor konnte Sonnenlande sich nicht leisten. Wir waren nur ein Dorf in einem weitem toten Land. So sehr es ihm weh tat, er musste Aro seinem Schicksal überlassen.
Aber ich konnte dies nicht. Kaum war die Entscheidung getroffen, das sie Aro nicht helfen konnten, traf ich meine eigene. In der Nacht packte ich meine Sachen und Waffen und verschwand. Ich hinterlies ihnen einen Brief, den ich so hinterlegte, das sie ihn am Morgen finden würden. Doch ich war da schon weit entfernt.
Mein Weg führte mich am Meer entlang. Hier konnte ich mich orientieren und wusste, wie ich überleben konnte, wo ich Wasser und zu Essen fand. Tage dauerte meine Reise durch die karge unwirkliche Wüste gen Norden. Und je nördlicher ich kam, desto kühler wurde es. Die Wüste verschwand und erste Wälder und Wiesen tauchten auf, doch von Aro und den Entführen gab es keine Spur. Schon bald würde ich die Grenze zu Gondor überschreiten und immer noch kein einziges Zeichen.
Gondor! Ein Land aus Wiesen und Wäldern, Seen und Flüsse, Gebirge und das Meer. Vor so langer Zeit hatte ich es durchreist und als schön empfunden. Doch jetzt war es mein Feind, der meinen kleinen Bruder in ihren Krieg hineingezogen hatte. Und ich würde gegen sie kämpfen, um ihn wiederzufinden.

Östlich der Grenze entdeckte ich ein riesiges Lager mit hunderter von Männern. Sie kamen alle aus dem Süden, was ich deutlich an ihrer braungebrannten Haut erkennen konnte. Jedoch ehe ich mich an sie heranschleichen konnte, setzten sich diese Truppen in Bewegung und mir blieb nichts anderes übrig, als ihnen im Verborgenen zu folgen. Sie zogen gegen Gondor, somit waren es für mich keine Feinde. Waren es die Truppen der südlichen Lande, die ihre entführten Jungen wieder befreien wollten? Ich kam kaum näher an sie heran, da sie einen sehr flotten Marsch einhielten. Nur Nachts, wenn sie rasteten konnte ich etwas Zeit gut machen. Aber auch ich musste Rasten und so folgte ich ihnen bereits seit vier Tagen.
Der nächste Tag brach an und alles war anders. Die Truppen marschierten nicht wie gewohnt weiter, sondern bereiteten sich auf den Kampf vor. Endlich hatte ich eine Chance sie einzuholen. Doch schon setzten sie sich wieder in Bewegung und ihr Marsch war nun zielstrebig und eilig. Heute war der große Schicksalstag gegen Gondor. Die Schlacht um Minas Tirith und Ich wurde direkt hineingezogen.
Aus einstigen Freund war nun mein Feind geworden.
Das Schlachtfeld war gigantisch. Tausende Orks kämpften gegen einen unterlegenen Feind. Katapulte schleuderten Felssteine gegen die Mauern der gigantischen Stadt. Der erste Ring brannte bereits und die einfallenden Orks erschlugen jeden Mann, der sich dort noch befand. Drachenähnliche Wesen beritten von schwarzen Gestalten jagten über das Schlachtfeld und ergriffen ihre Beute. Kampfschreie mischten sich mit Schreie des Schmerzes. Das grüne Gras verwandelte sich in ein rotes Meer aus Blut und Leichen.
Die Truppen der südlichen Länder kamen von der Flanke auf das Schlachtfeld und die gewaltigen Orlifanten trampelten ihre Gegner ohne gnade nieder. Die Fußtruppen suchten sich ihren Gegner und schlugen diesen nieder. Es war ein Gemetzel auf beider Seiten und ich war mitten drin. Ich schleuderte mein Schwert in einem tödlichen Tanz um mich und streckte einen Gegner nach dem anderen nieder. Doch immer darauf bedacht zu schauen, ob ich meinen Bruder erspähen konnte.
Die Schlacht dauerte schon Stunden, als ich es sah. Langes Schwarzes Haar zu einem Zopf geflochten. Braune samtene Haut und geschmeidige Bewegungen, die klar aus der Maße von Menschen und Orks hervorstach. Aro!
Doch er war nicht allein. Ein dunkelhaariger junger Mann aus Rohan kämpfte an seiner Seite und sie erschlugen einen Ork nach dem anderen. Was ging hier nur vor sich? Hatte ich mich geirrt? Kämpften hier drei Parteien gegeneinander? Nein! Ich hatte alles aus einer falschen Sicht gesehen. Im blinden Glauben, das Gondor meinen kleinen Bruder entführt hatte und für seine Zwecke zu missbrauchen, war ich nie auf die Idee gekommen, das dies vielleicht auch eine perfide Finte des wahren Feindes gewesen sein konnte. Ich war völlig verwirrt, wer hier noch Freund und wer Feind war. Ich musste zu ihm. Nur dies zählte im Moment.
Der Weg durch das Kampfgetümmel war anstrengend. Erschlug ich die waren Feinde? Oder hatte ich mich längst zu einem Feind gemacht? Orks waren den Elben schon immer feindlich gesinnt und so machte ich wenigsten in dieser Hinsicht keinen Fehler. Immer näher kämpfte ich mich so an ihm heran. Orks erschlagen, Menschen lieber aus dem Weg gehen.
Doch gerade als ich glaubte ihn erreicht zu haben, geschah es. Ein hässlicher Ork schlug auf Aro ein. Er hatte den Angriff nicht gesehen und sank nun leblos zu Boden. Geschockt, stieg die Wut in mir hinauf und ich war blind für jegliches um mich herum. Ich schlug mit voller Wucht auf den Ork ein und trennte ihm den Kopf vom Leib. Angewidert trat ich ihn davon und dann war dort nur noch mein kleiner Bruder.
Verkrampft lag er auf dem Boden und hielt sich den Bauch. Ich vernahm ein wimmern und sah das er zitterte. Er lebte, doch wie lange noch?
„Aro bitte, halt durch!“ sprach ich zu ihm. Ich sank auf den Boden und nahm ihn schützend in meinen Arm. Ein verwirrender Blick traf meinen.
„Minuil?“ Fragte er kraftlos.
„Ja Aro, ich bin es. Bitte halte durch. Ich bring dich in Sicherheit!“ sprach ich zu ihm und musste mir meine Tränen verkneifen. Seine Bauchwunde war groß und blutete stark. Sie ging von der linken Brust hinunter zum rechten unteren Rippenbogen. Was sollte ich bloß machen? Vergeblich versuchte ich die Blutung zu stoppen, aber ich hatte weder das Wissen noch die Mittel ihm wirklich helfen zu können.
Der Mann aus Rohan kniete sich zu uns hinunter und besah sich Aro. „Hey Kleiner, das wird wieder!“ sprach er beruhigen und schaute mich dann durchdringend an. Er musterte mich, doch war mir unklar, was er erhoffte zu sehen. „Bleibt bei ihm! Ich werde Hilfe schicken!“ sprach er und sprang auf.
Natürlich, die Schlacht ging weiter und Verluste und Verletzte gab es viele. Aro war nichts weiter als ein Verletzter von Vielen und so lange die Schlacht tobte, war an Hilfe nicht zu denken. Doch wenigsten hielt der Fremde uns die angreifenden Orks vom Halse, sodass ich Aro weiter beruhigen konnte und versuchte seine Wunde mit einem Fetzen seines Umhanges zu verbinden.
Entsetzte Schreie um uns herum rissen mich von meinem Bruder los. Eine gigantische grünliche Geisterwolke kam direkt auf uns zu. Verschlang Orks und Haradrim und verschonten die Kämpfer aus Gondor und Rohan. Entsetzt drückte ich meinen Bruder schützend an mich und wand mich der Geisterwolke ab, als sie uns gleich erreichen würde. Ich spürte die Kälte des Todes auf meinem Rücken und wie diese an mir riss. Doch ich gab nicht auf. Ich musste Aro beschützen und durfte diesem Unwirklichen nicht nachgeben.
Es schien eine Ewigkeit zu vergehen, als die Kälte endlich verschwand und die Schreie sich entfernten. Vorsichtig schaute ich auf und sah nur den Tod um uns herum.
„Aro, alles in Ordnung?“ fragte ich ihn und er nickte kaum merklich. Der Tod war gegenwärtig und überall. Männer aus Gondor und Rohan sorgten dafür, das die, die den Angriff der Geister überstanden hatten, nun ihren schnellen Tod fanden.
Ein Mann näherte sich uns. Er war von stattlicher Statur, jedoch waren seine Kleider alles andere als stattlich. Die dunkle Kluft war zerschlissen und dreckig. Er kam auf uns zu und richtete das Schwert gegen uns. Doch er griff nicht an.
„Hilfe!“ brachte ich nur hervor. Schon zu lange hatte ich die Sprache der Menschen nicht mehr gesprochen. „Mein Bruder stirbt, bitte!“ ergänzte ich auf elbisch, auch wenn ich keine große Hoffnung hatte, das dieser Mann mich verstand.
Der Mann senkte das Schwert und kniete sich zu uns hinunter. „Ihr seit elbischen Geblüts?“ sprach er, während er sich Aros Wunde besah und wieder en Fetzen fest auf die Wunde drückte.
„Wir sind Elben aus Sonnenlande! Ich heiße Minuil und dies ist mein Bruder Aro!“ antwortete ich. Er schaute erstaunt auf mich. Sein Blick war fragend und musternd. „Ich bin Aragorn, Arathorns Sohn.“ Stellte er sich auf elbisch vor. Ich war erstaunt, lies mir dies aber nicht anmerken. Behände hatte er Aro einen provisorischen Verband gebunden.
„Das wird halten, bis er in den Hallen der Heilung ist.“ Sprach er und winkte zwei Soldaten heran, die uns in die Hallen der Heilung geleiten sollten.
Der Weg zu den Hallen der Heilung war weit und meine Angst um Aro stieg. Doch als die Soldaten uns in ein riesigen Gebautekomplex geleitete, wurde aus meiner Angst Mitleid. Hier in dieses prächtigen Hallen aus weißem Alabaster, lagen Hunderte verwundete Männer. Leises Wimmern erfüllte den Raum und klang von den Wänden wieder. Heiler und Helfer huschten wie geschäftige Ameisen von Mann zu Mann. Behandelten sie und linderten ihre Schmerzen. Ab und an wurde einer hinaus getragen, abgedeckt mit einer Decke. Ich musste tief durchatmen, denn der Anblick war schrecklich.
Der Soldat legte Aro auf ein bereitgestelltes Lager am äußersten Ende der Halle. Sogleich kam ein Helfer und besah sich Aro, nur um schnell einen Heiler herbeizurufen. Keine Sekunde wich ich von seiner Seite. Er hatte Angst und große Schmerzen. Meine Anwesenheit konnte diese kaum lindern, aber sie gab ihm die Gewissheit, das er nicht alleine in dieser Fremde war. Der Heiler hatte die tiefe Wunde gesäubert, genäht und fest verbunden. Dann war er wieder verschwunden und lies uns alleine zurück. Aro hatte während der ganzen Behandlung tapfer durchgehalten, doch nun schlief er.
Wieder schweifte mein Blick über die vielen Verwundeten und trieben mir Tränen in die Augen. Kriege waren grausam! Was hatten Aro und Ich nur hier verloren? Wir gehörten nicht hier her!

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Author’s Notes:
Dieses Kapitel waren eigentlich mal Zwei. Es ist einiges der Schere zum Opfer gefallen, aber die Kapitel hatten mir einfach nicht gefallen. Es wirkte einfach alles künstlich in die Länge gezogen.
Ich hoffe, das euch das Kapitel auch so gefällt!

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