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Mrz 30 2013

IceBluemchen

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96. Verloren geglaubt verloren

Auf wackeligen Beinen und bandagiert wie eine Mumie kroch Ruffy auf allen Vieren durch das Jungenschlafzimmer. Hier und da spähte er unter eines der Hochbetten, unter die Spinte und selbst in jede Ritze der Planken des Fußbodens. Verzweifelt suchte er jeden Millimeter wieder und wieder ab, in der schlichten Hoffnung, er hätte beim ersten Mal nicht gründlich genug nachgesehen und sie einfach übersehen.
„Verdammt, wo ist sie nur?“, fluchte er ungehalten und riss seinen Spint auf, um diesen erneut zu durchwühlen, wobei das bereits angerichtete Chaos in diesem und im Zimmer nur noch schlimmer wurde, sah das gesamte Jungenschlafzimmer bereits so aus, als wäre ein tollwütiger Tornado hindurchgefegt. Nun flogen neuerlich Shorts und Hemden durch die Luft, landeten auf dem Boden oder blieben an irgendwelchen Gegenständen hängen.
„Ruffy, da bist du ja!“, hörte er beiläufig Nami sagen, welche im nächsten Moment einer einzelnen Sandale geschickt ausweichen musste, war Ruffy bereits bis zu seinen Schuhe angelangt. „Sag mal, was veranstaltest du hier eigentlich?“, herrschte sie ihn sogleich an, während ihr Blick verwundert aber auch leicht wütend über das vorherrschende Chaos schweifte. So eine Unordnung hatte sie noch nie gesehen beziehungsweise noch nie alleinig von Ruffy angerichtet. „Du gehörst ins Bett! Chopper sucht dich bereits und sagt, du hast noch immer Fieber und deine Verletzungen sind noch lang nicht soweit verheilt, das du aufstehen darfst. Also schwing deinen Hintern zurück auf die Krankenstation!“
„Nein!“, kam es jedoch prompt aus dem Spint, welcher aber im nächsten Moment lautstark zuflog und Ruffy erneut begann, den Fußboden abzusuchen.
„Ruffy…“, wollte Nami ihn erneut anherrschen, aber allein die Tatsache, das ihr Kapitän auf allen Vieren und hoch konzentriert über den Boden robbte und dabei störende Kleidungsstücke zur Seite warf, ließ sie inne halten. „Sag mal, was suchst du eigentlich, das du wie ein irrer Tornado das ganze Zimmer in einen Saustall verwandelt hast?“, hackte sie daher nach.
„Ace’s Vivrecard!“, antwortete Ruffy und hielt in seiner Suchaktion inne. Tief atmete er durch, ran Schweiß über sein fiebrig errötete Gesicht, wodurch sein geschwächter Zustand mehr als ersichtlich wurde. „Du hattest sie mir doch wieder in meinen Hut genäht. Aber als ich meinen Hut nahm, da war sie weg! Ich muss sie verloren haben… hier irgendwo!“, deutete er auf das Zimmer. „Ich lasse meinen Hut doch nur hier aus den Augen! Sonst achte ich doch immer auf ihn, nur wenn ich schlafe…“, er wollte mit seiner Suche fortfahren, doch wurde nun von zwei Händen an seinen Schultern zurückgehalten.
„Du hast Ace’s Vivrecard nicht verloren!“, Ruffy war so verzweifelt und traurig, dass er glaubte die Card verloren hatte, das Nami nicht anders konnte, als zumindest zu versuchen ihn mit der Wahrheit zu beruhigen. „Ich habe sie!“
„Wieso hast du die Card?“, hackte er prompt nach und ließ sich von ihr bereitwillig auf die Füße helfen und hinaus aus dem Zimmer führen.
Nami seufzte und ließ sich viel Zeit mit ihrer Antwort. Was sollte und konnte sie ihm sagen? Er sollte und durfte sich nicht aufregen, aber bereits das sie so lang schwieg und ihn nachdenklich durch den Korridor zum Krankenzimmer führte, ließ ihn unruhig werden. „Weil wir gebeten wurden, zur Oro Jackson zu kommen!“, sie waren im Krankenzimmer angekommen, wo sie ihn sofort auf das Bett drückte.
„Wieso?“, fragte er, während Nami versuchte, ihn zum Hinlegen zu bewegen und auch Chopper sich bemühte, seinen Patienten wieder ordentlich ins Bett zu bekommen, während er unablässig mit Ruffy schimpfte, was ihm einfalle, in seinem Zustand einfach von der Krankenstation zu türmen. Aber Ruffy wollte jetzt nicht liegen und überhörte geflissentlich die Schimpftirade des Schiffarztes. Eher fragte er sich, wieso sein Bruder ihn zu sich gerufen hatte. Ob er von dem Zwischenfall mit dem Admiral gehört hatte? Sicherlich! Auch wenn es bislang nicht in der Zeitung erschienen war und es damit von der Marine noch nicht als bestätigt galt, hatte Ace mit Sicherheit bereits davon erfahren. Nun machte er sich wohl Sorgen, jedoch war dies für Ruffy kein wirklicher Grund. Es war nicht ihr erster Zwischenfall mit der Marine und sonst hatte es Ace doch auch nicht gekümmert, vertraute er seinem kleinen Bruder. Nur warum dieses Mal nicht?
Seufzend strich er sich über sein Gesicht. Er war von seinem kleinen Ausflug erschöpft, auch wenn er dies niemals freiwillig zugeben würde. „Wenn Ace glaubt, dass ich mich mit Akainu übernommen habe und er sich deswegen sorgt, dann vergesst es! Gib mir die Card zurück und setze wieder Kurs auf unser Ursprungsziel. Wir sehen uns eh bald… wir liegen doch gut in der Zeit für den Allianzplan.“
Schweigend sahen Nami und Chopper sich an. Sie brauchten keine Worte, um sich zu verständigen, dass sie den Kurs nicht zurück auf ihr Ursprungsziel setzen konnten, aber sie durften Ruffy auch nicht zu sehr aufregen. Es ging Ruffy nicht sehr gut, hatte der Vorfall mit Akainu seinen Preis gekostet. Durch das viele geschluckte Wasser hatte er sich eine Lungenentzündung zugezogen, welche ihn die letzten Tage mit hohem Fieber und Hustenkrämpfen ans Bett gefesselt hatte. Nun klang sie endlich ab, aber sie war noch lang nicht überstanden, dass er sich in einen gefährlichen harten Kampf stürzen könnte. Doch genau darauf würde es doch abzielen, wenn er von der veränderten Situation erfuhr. Er würde sich nicht aufhalten lassen und seinem Bruder zur Hilfe eilen… irgendwie würde er dies schon bewerkstelligt bekommen… komme was wolle und egal wie und zu welchem Preis!
„Was ist hier los?“, machte Ruffy das Schweigen und dieser merkwürdige Blick, mit welchen Nami auf Chopper sah, misstrauisch. „Nami, gib mir die Vivrecard zurück und ändere unseren Kurs… sofort!“
„Das kann ich nicht Ruffy!“, widersprach sie ihm jedoch seufzend und setzte sich zu ihm auf die Bettkante, wodurch sie ihn dazu bewegen konnte, sich richtig ins Bett zu setzen. „Du wirst dich jetzt hinlegen und auf mich hören! Du wirst dich nicht aufregen und du wirst im Bett bleiben! Wenn nicht, wird Chopper dich ruhig stellen!“, drohend sah Nami ihren Kapitän an und drückte ihn sanft aber bestimmend auf das Kopfkissen.
„Was wird hier gespielt?“, Ruffy wollte nicht, aber Nami war hartnäckig und Chopper hatte bereits eine Spritze in der Hand.
„Liegen geblieben und zuhören!“, ernst und drohend sah Nami ihn nach wie vor an, gab Ruffy es vorerst auf. Er wollte wissen, was gespielt wurde. Wenn er dazu vorerst im Bett liegen musste, würde er dies tun… zumindest so lang, bis Nami endlich mit der Sprache herausrückte. „Okay, aber wehe du regst dich auf oder machst Dummheiten!“, drohte sie nochmals und sammelte sich.
„Vor einigen Tagen meldete sich Marco von den Whitebeard-Piraten bei uns.“, leicht verengte Ruffy seine Augen. Warum Marco? Warum nicht Ace? „Er unterrichtete uns, dass es so weit sei und die Allianz sich auf Sutāairando zusammenzieht. Deswegen habe ich Ace’s Vivrecard genommen, um unseren Kurs auszurichten und anzupassen. Wir segeln seit Tagen unter vollen Segeln… selbst nachts. Außerdem hat Franky den Schaufelradantrieb wieder installiert und ihn mit Hilfe der Cola-Energie soweit hochgetourt, das wir förmlich über das Wasser fliegen.“
Schweigend und mit großen Augen hörte Ruffy zu, während sich seine Hände zu Fäusten ballten und die Zudecke fest gepackt hielt. Es war so weit! Die Schlacht gegen Blackbeard stand unmittelbar bevor und er… er lag wie ein Schwächling im Bett!
Nein, dies durfte doch einfach nicht wahr sein! Er hatte es seinen Bruder doch versprochen, dass er an seiner Seite stehen würde, wenn sie gemeinsam der Finsternis entgegentreten würden. Er wollte mit seinem Bruder kämpfen und ihm helfen. Und nicht wie jetzt, wie ein nutzloser Protagonist von der Bettkante aus das Geschehen verfolgen und hoffen, das alles gut ausging.
Ohne auf Nami Rücksicht zu nehmen, setzte er sich wieder auf und schwang seine Füße aus dem Bett. „Ruffy, leg dich sofort wieder hin!“, rannte die Navigatorin ihn mahnend an, während Chopper die Spritze mit dem Beruhigungsmittel bereithielt.
„Ich muss zu Ace! Sofort!“, schon wollte er aufstehen, wurde jedoch zurückgehalten.
„Ruffy, wir haben Sutāairando gerade erst vor einer Stunde passiert. Wir werden voraussichtlich erst morgen Früh Kazanjima erreichen, wenn nicht gar erst morgen Abend, denn die Gewässer zwischen Sutāairando und Kazanjima sind tückisch und voller Riffe und Untiefen.“
„Nami, soviel Zeit haben wir aber vielleicht nicht!“, er wollte wieder aufstehen, wurde aber weiter von ihr zurückgehalten. Dabei ärgerte es ihn sehr, dass dies Nami ohne größere Mühe gelang. Er war schwach… so schwach, das er sich nicht einmal gegen sie behaupten konnte. Wie sollte er da seinem Bruder eine Hilfe sein? Aber er musste! Er konnte Ace in diesen entscheidenden Stunden doch nicht allein lassen! Er hatte es doch versprochen! Und ein Versprechen durfte er nicht brechen, egal wie schwach er im Moment war und egal wie schlecht er sich fühlte.
„Ruffy, wir haben noch genügend Zeit! Der Kampf hat doch noch gar nicht begonnen… sieh…“, nach Namis Informationen waren die Whitebeard-Piraten selbst noch auf dem Weg nach Kazanjima und Ace als Vorhut vorgezogen. Doch er würde nicht allein gegen Blackbeard kämpfen… sein Vorhaben lag lediglich darin, die Blackbeard-Piraten an einer Flucht zu hindern und alles für die Ankunft der Allianz vorzubereiten. So hatte sie es von Marco berichtet bekommen, jedoch die auf die Hälfte geschrumpfte und glimmende Vivrecard in ihrer Hand sprach eine andere Geschichte.
„Nein! Ace! Nein!“, schrie Ruffy panisch auf und riss sich von Nami los. Der Schock saß tief, hatte er das Gefühl alles wiederhole sich. Adrenalin jagte durch seine Venen, wollte er aus dem Zimmer eilen und zu Ace… irgendwie, aber er musste sofort zu ihm.
Jedoch seine Schwäche machte ihm diesbezüglich einen Strich durch die Rechnung. Er hatte sich bereits zu viel abverlangt, als er verzweifelt nach der Vivrecard gesucht hatte und ohne bedacht aus dem Krankenzimmer entschwunden war. Sein Körper war für diese Belastung noch nicht bereit gewesen und auch das Adrenalin half nun nicht. Als erklimme er einen steilen Berg, ging er in die Knie und schlug der Länge nach hart auf den Boden, fühlte sich sein Körper in jenem Moment so schwach wie Pudding an und der schmale Gang zwischen Bett und Schreibtisch zur Tür steil wie eine Felsklippe.
„Nein…“, schluchzte er verzweifelt. Er musste doch zu Ace.
„Ruffy…“, schrie Nami spitz auf, als sie ihren Kapitän fallen sah. Sofort waren Chopper und sie an seiner Seite und halfen ihm wieder ins Bett. Jedoch während Chopper sich sogleich um seinen Patienten kümmerte, stutze Nami. Warum lag ihr Schiff in solch einer Schräglage?
Kaum das sie diesen Gedanken ausformuliert hatte, erklang auch ein lauter Alarm. Etwas stimmte nicht… stimmte so ganz und gar nicht. Noch einmal sah sie zu Ruffy und Chopper, jedoch hatte der Schiffsarzt auch allein alles unter Kontrolle. Er verabreichte Ruffy gerade trotz aller Gegenwehr ein Beruhigungsmittel, würde dies ihn zumindest für einige Stunden außer Gefecht setzen und seinen Körper wieder zur Ruhe kommen lassen. Doch dann…?
Nami hatte keine Zeit dafür, sich bereits jetzt mit diesem kommenden Problem auseinander zu setzen. Im Moment galt ihrer Sorge mehr dem Schiff. Schnellen Schrittes eilte sie aus dem Krankenzimmer und auf die Brücke.
Bereits auf dem Weg dorthin konnte sie spüren, wie die Sunny sich weiter in eine gefährliche Schräglage begab. „Was ist passiert?“, rief sie Sanji entgegen, welcher das Steuer fest umklammert hielt.
„Eine riesige Welle!“, antwortete er und deutete voraus.
„Das ist ein Tsunami!“, war ihre prompte Erkenntnis, als sie die gewaltigen Ausmaße der Welle erblickte.
„Die Welle war ganz plötzlich da! Ohne Vorwarnung!“, berichtete Sanji weiter und verlagerte sein Gewicht, um das Steuer auf Kurs zu halten.
„Sanji, setz das Steuer auf den Gipfel der Welle!“, wies Nami an. „Nicht mit der Welle, sonst kentern wir. Wir müssen über die Welle!“
Die Anweisung war klar, aber das Steuer ließ sich nur schwer beherrschen. Die Gewalt des Tsunami und die davon ausgehende Strömung hatte sie fest im Griff.
„Lass mich mal ran!“, schob Franky den Smutje zur Seite und brachte das Steuer mit Leichtigkeit in die gewünschte Position.
„Oh Mann… oh Mann… oh Mann…“, jammerte Lysopp und krallte sich haltsuchend an der Reling fest. „Was für mordsspaß!“, flötete Brooke und lachte schallend auf, wobei sich sein Lachen panisch brach, als die Sunny über den Gipfel des Tsunami hinausschoss und einen kleinen unsanften Satz machte.
„Haben wir es geschafft?“, fragte Lysopp und wagte einen Blick zurück. So schnell wie die Welle aus dem Nichts gekommen war, so schnell entfernte sie sich, rollte sie ohne Vorwarnung auf Sutāairando zu.
„Ja, aber haltet nach weiteren Wellen Ausschau!“, wo eine Welle war, konnte eine Zweite und Dritte nicht unmöglich und fern sein.
„Woher kam die Welle bloß?“, fragte Sanji sich und sah ihren Kurs entgegen.
„Vielleicht ein Seebeben oder ein unterirdischer Vulkanausbruch…“, mutmaßte Nami. „Marco warnte mich vor diesen Gewässern vor, aber Tsunamis hat er vergessen zu erwähnen!“

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