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Nov 28 2012

IceBluemchen

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12. Dies muss ein Albtraum sein!

„Itachi-chan…“, schrie Sasuke auf und erwachte ruckartig.
Die Dunkelheit schwand schlagartig, blendete ihn nun ein helles grelles Licht, sodass er seine Augen sofort wieder schloss. Er benötigte einen Moment, eh er es wieder wagte seine Augen zu öffnen. Dieses Mal vorsichtig und bedacht. Nun wirkte das helle Licht gar nicht mehr so grell, dennoch war es ihm für seinen Geschmack eindeutig zu hell. Außerdem konnte es doch eigentlich gar nicht so hell in seinem kleinen Hotelzimmer sein. Es war Nachmittag gewesen, wo er sich eine Stunde Schlaf zugestanden hatte und außerdem nahm der Sturm jegliches Licht der Sonne. Aber hier war es so hell wie von Lampen erleuchtet.
Er begann mit seinem Blick durch das Zimmer zu wandern, welches er sofort nicht als das kleine Hotelzimmer erkannte. Dieses Zimmer hier war komplett in Weiß gehalten. Weiße Wände, weiße Vorhänge vor dem Fenster, weiße Bettwäsche, ja selbst Sakura Haruno war in einem weißen Kittel gekleidet.
Sofort erfassten seine Augen die rosahaarige junge Frau, welche ihn besorgt musterte. Erschrocken und erstarrt blickte er sie an, überschlugen sich sogleich seine Gedanken.
Was war hier los? Wieso stand Sakura neben ihm? Wo war er hier? Warum fühlte er sich so schwach und benommen? Und wo war sein kleiner Bruder?
Er war völlig verwirrt und durcheinander, ergab dies für ihn keinen Sinn.
Abermals wanderte sein Blick durch das Zimmer und nahm nun neben dem sterilen kalten Weiß auch die Einrichtung war. Es war ein Zimmer wie er es aus dem Krankenhaus kannte. Steril und schlicht, alles leicht zu säubern, sowie medizinische Gerätschaften. Ein Infusionsständer stand neben seinem Bett und auch ein Monitor, welcher seinen Herzschlag aufzeichnete.
Warum war er in einem Krankenhaus? Und warum war sie dort?
Der Gedanke an das Krankenhaus richtete seine Gedanken wieder auf seinen kleinen Bruder.
Wo war Itachi?
„Itachi-chan?“, rief er besorgt und wollte sich aufrichten. Vielleicht lag er ja im Bett neben ihm. Das sich dort eines befand, hatte er erahnen können, aber die direkte Sicht darauf war durch einen Vorhang versperrt, welcher zur Hälfte zugezogen war.
Ein stechender Schmerz ausgehend von seinen Händen und Füßen jagte durch seinen Körper und ließ ihn schmerzlich aufstöhnen. Er sank zurück ins Kissen und registrierte erst jetzt wieder Sakura.
Sie hatte wohl bereits die gesamte Zeit etwas zu ihm gesagt, aber selbst jetzt verstand er nichts. Es war wie mit den Stimmen in der Dunkelheit. Alles was zu ihm drang, war ein verzehrtes Gebrabbel unverständlicher Worte. Jedoch wusste er nun zumindest, woher er diese eine Stimme gekannt hatte. Es war ihre gewesen!
Nun sah er, wie sie etwas in einer Spritze aufzog. Sogleich wollte er sich dagegen währen. Er wusste nicht was hier los war, was mit ihm war und was hier generell vor sich ging. Neben seiner Verwirrung und Sorge, beherrschte ihn ein tiefes Misstrauen. Hier stimmte so einiges nicht und eh er nicht wusste, was hier gespielt wurde, wollte er Niemanden an sich heranlassen. Jedoch wieder jagte eine Welle des Schmerzes durch ihn hindurch und ließ ihn aufstöhnen. Nicht einmal wehren konnte er sich… Was hatten sie nur mit ihm gemacht?
Hilflos musste er mit ansehen, wie sie etwas in seine Infusion injizierte. Er wollte wissen, was sie ihm gerade gegeben hatte. Aber ihre Antwort, wenn ihre unverständlichen Worte überhaupt eine Antwort auf seine misstrauische Frage war, ergab für ihn wieder keinen Sinn.
Es war einfach frustrierend, fühlte er sich hilflos, schwach… ausgeliefert! Er wusste nicht was mit ihm geschehen war, was mit seinem kleinen Bruder war, wo er sich befand und warum er sich so miserabel fühlte. Er hatte Schwierigkeiten sich und sein Umfeld zu begreifen. Schon sich zu begreifen, war fast unmöglich für ihn. Er hatte keinen rechten Bezug zu seinem Körper, als wäre dieser betäubt. Aber sicherlich war dies auch der Fall, denn was immer Sakura ihm gespritzt hatte, es hatte die Wellen aus Schmerz genommen. Er nahm an, das sie ihm irgendwelche Drogen gegeben hatten, damit er schwach und gefügig war, sich nicht wehrte oder es gar nicht erst konnte.
Aber wenn er sich schon nicht körperlich wehren konnte, so wollte er wenigsten irgendwie Antworten. „Wo bin ich hier? Was habt ihr mit mir gemacht? Wo ist mein Bruder? Verflucht, wo ist mein Bruder?“, er hatte schreien wollen, aber seine Fragen kamen ihm nur schwach über die Lippen. Die Droge nahm nicht nur den Schmerz und seine Kräfte, sie machte ihn auch müde.
Sakura schien ihm zu antworten. Ihre Stimme war liebevoll, aber auch betrübt und voller Sorge. Und auch wenn er ihre Worte nicht verstand, so verspürte er von ihr aus keine Feindseligkeit.
Frustriert seufzte er. In was für einen Albtraum war er hier nur geraten! Die dunkle Einsamkeit hatte ihm um Längen mehr zugesagt, als sich nun in den Händen von Sakura wiederzufinden. Sich wohl in den Händen seiner Feinde wiederzufinden, war sie sicherlich nicht allein. Obwohl… wenn er sich zurück erinnerte, hatte sie schon einmal einen Alleingang gewagt, um ihn zu eliminieren. Damals war ihr Versuch fehlgeschlagen. Und heute?
Irgendwie zweifelte er an seinen Gedanken, das sie hier allein war. Das Zimmer war eindeutig das eines Krankenhauses… müde gähnte er auf… er war in einem Krankenhaus… abermals seufzte er, konnte er keinen klaren zusammenhängenden Gedanken mehr fassen. Die Droge schlug nun unerbittlich zu und zog ihn mit aller Macht zurück in die Dunkelheit.
Dieses Mal begrüßte er jedoch die Schwärze um sich. Der Albtraum schien vorbei und sicherlich würde er gleich neben seinem kleinen Bruder erwachen und über diesen albernen Traum lachen…

Traurig sah Sakura auf ihren Freund. Ja, Freund und Teamkameraden. Für sie hatte Sasuke diesen Status nie verloren, auch wenn fast alle anderen ihres Jahrganges und generell fast alle ihn nur noch als den abtrünnigen Nuke-Nin sahen. Für Sakura spielte dies keine Rolle, hatte es nie und seit sie die bittere Wahrheit um die Geschehnisse des Uchiha-Clans kannte, erst recht nicht.
Seufzend legte sie die geleerte Spritze zurück auf das kleine Tablett, welches auf dem Medizinwagen nahe seinem Bett stand. Nur ungern hatte sie ihm das Schmerzmittel verabreicht, wusste sie doch, das er durch dieses wieder einschlafen würde. Dabei hatten sie seit mehr als zwei Wochen darum gebangt, das er endlich aus dem hohen Fieber erwachen und sie erführen würden, was genau mit ihm geschehen war. Aber das Schmerzmittel war notwendig gewesen, mussten seine Schmerzen von den schweren Erfrierungen her unerträglich sein… so unerträglich wie der schmerzliche Gedanke daran, das er immer wieder nach seinem großen Bruder rief.
Sie musste sich zusammenreißen und atmete einmal tief durch, eh sie seine Akte nahm und die Verabreichung des Schmerzmittels notierte, ebenso die genaue Uhrzeit wann er erwacht war.
Dann hieß es wieder warten!
Warten darauf, ob er etwas benötigte, sich etwas an seinem bedenklichen Zustand änderte oder er gar wieder erwachte. Abermals seufzte sie und setzte sich wieder auf den Stuhl nahe seinem Bett, wo sie die letzten Stunden schweigend lesend ausgeharrt hatte… so wie in den letzten Tagen auch.
Aber sie konnte sich nicht mehr auf das medizinische Fachbuch konzentrieren, welches sie vor einer halben Stunde noch förmlich verschlungen hatte. Ihre Gedanken kreisten alleinig um Sasuke und was wohl in ihm vorging.

Er hatte wieder nach seinem Bruder gerufen, sogar direkt nach ihm gefragt. Es hatte Sakura das Herz zerrissen und Tränen in die Augen getrieben. Seit gut zwei Wochen ging es so, murmelte er im hohen Fieber immer wieder seinen Namen. Was er wohl träumte?
So wie Sasuke in seinen Fieberträumen vor sich her murmelte, durchlebte er wohl einige Ereignisse aus seiner glücklichen Kinderzeit. Oft war der Name „Itachi-chan“ gefallen und er hatte dabei fast immer ein Lächeln auf den Lippen. Es war ein so unwirkliches Bild, hatten sie ihn schon so lang nicht mehr glücklich lächeln sehen. Sonst immer so kontrolliert emotionslos oder finster und wütend, konnte er im Fieber jedoch seine starre kalte Maske nicht aufbauen. Hatte je jemand infrage gestellt, ob Sasuke überhaupt noch positive Gefühle besaß, war dies die beste Antwort darauf. Zumindest gegenüber seinem großen Bruder schien er noch so etwas wie Liebe zu empfinden.
Langsam wanderte ihr Blick über seine Silhouette, blieb dieser an seinen verbundenen Händen haften und wieder stellte sie sich die Frage, was vor zwei Wochen nur geschehen war, das er in eine so missliche Lage hatte kommen können.
Nach seinem Anschlag auf den Nakano-Schrein, hatte er die Flucht auf seinem gewaltigen Falken angetreten und war in die Dunkelheit der Nacht entschwunden. Seinen Jägern blieb nichts anderes übrig, als wie immer nach Gefühl ihm in ungefähre Richtung zu folgen. Jedoch immer wenn sie einen Hinweis oder eine Spur von ihm fanden, war diese bereits kalt und er längst fort. Nur dieses Mal nicht!
Als die ANBU seine Fährte wiederfanden, führte diese sie direkt zu ihm. Bewusstlos und halb erfroren hatten sie ihn in einem kleinen Wäldchen, geschützt in einer kleinen Baumhöhle gefunden. Er hatte sich dort höchstwahrscheinlich vor dem Schnee in Sicherheit gebracht. Jedoch weshalb er noch dort und nicht weiter geflohen war, konnte sich niemand erklären.
Seinen Erfrierungen und geschwächten Zustand nach zu urteilen, hatte er dort schon länger gelegen. Wohl zwei oder drei Tage. Und obwohl man ihn sofort medizinisch versorgt und nach Konoha ins Krankenhaus gebracht hatte, hatten sie lang um sein Leben gebangt.
Er war stark unterkühlt gewesen, hatte man bereits auf dem Heimweg damit begonnen, ihn langsam aufzuwärmen. Aber erst im Krankenhaus und unter Tsunades Aufsicht, hatte das medizinische Team intensive Maßnahmen ergriffen, seinen Körper wieder auf Normaltemperatur zu bringen.
Nebenbei mussten seine halb erfrorenen Hände und Füße versorgt werden. Tief war das Gewebe betroffen und Teils bereits abgestorben. Tsunade, Shisune und Sakura hatten all ihre Kraft und Können aufbringen müssen, um seine Hände und Füße zu retten. Und obwohl die Erfrierungen so schwerwiegend gewesen waren, hatten sie all seine Finger und Zehen retten können… experimenteller Hauttransplantation sei Dank! Aus wenigen körpereigenen Hautzellen hatten sie mehrere Kulturen angelegt und mittels Chakra zum Wachsen gebracht. Zehn Tage hatte diese Prozedur beansprucht. Zeit in der die Wunden seiner Hände und Füße offen lagen. Es war ein hohes Infektionsrisiko, aber nur so hatte wenigsten eine kleine Chance bestanden, dass sie ihm keine Finger oder Zehe amputieren müssten.
Sie waren mit ihrer Methode erfolgreich gewesen, dennoch würde er über Monate seine Hände und Füße nicht belasten können. Die Wunden mussten abheilen, hatte man dazu dicke Verbände angelegt, welche eine Bewegung von Fingern und Zehen unmöglich machte. Seine Gelenke würden steif werden und die transplantierte Haut wäre auch nur minimal elastisch. Für eine normale Bewegung und Belastung von Händen und Füßen würde eine Physiotherapie notwendig sein.
Und auch wenn sich dieser Verlauf relativ einfach anhörte, so hing doch alles von seiner Kooperation ab. Aber genau darin lag das Problem, war fest davon auszugehen, dass er sich gegen strenge Regeln und Bevormundung wehren würde. Sein Vertrauen in Konoha war tief erschüttert bis ganz zerstört. Niemand konnte recht sagen, wie er reagieren würde. Ihre größte Hoffnung lag einfach darin, dass er Aufgrund der Begleiterkrankungen, welche durch die starke Unterkühlung hervorgerufen wurden, noch zu schwach wäre, wenn er zu sich käme, sodass er sich gegen seine Behandlung erst einmal nicht stellen könnte. Diese Zeit müssten sie ausnutzen, um ihn zumindest soweit zur Kooperation zu bewegen, dass er während seiner Genesungszeit mitspielte. Kühne Gedanken, aber noch wusste niemand, wie sie dies genau bewerkstelligen sollten.
Seufzend riss sie sich von seinen Händen los, wanderte ihr Blick nun zu seinem fiebrig geröteten Gesicht. Aufgrund der Unterkühlung hatte er eine schwere Lungenentzündung, sowie Nieren-Beckenentzündung entwickelt. Seit sie ihn aufgewärmt hatten, schwankte sein Fieber zwischen 39 und 41 Grad. Fieberkrämpfe und Schüttelfrost ließen seinen Körper immer wieder aufbeben. Es war auch das hohe Fieber, welches ihn teils sehr lebhaft träumen ließ. In den letzten Tagen hatte er oft über Stunden vor sich her gemurmelt, als würde er jemanden eine Geschichte aus seinen Erlebnissen erzählen. Zwar konnten sie sein Gemurmel nicht immer verstehen, aber wenn, dann fiel grundsätzlich der Name „Itachi-chan“.

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