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Okt 20 2012

IceBluemchen

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85. Eine schreckliche Überraschung

Argwöhnisch sah Nami auf die immer kleiner werdende Insel zurück. Diese Insel wirkte so friedlich und die Bewohner waren so nett und hilfsbereit gewesen. Und dennoch hatte sie sich auf dieser Insel unwohl gefühlt, lag dies jedoch alleinig an ihrem merkwürdigen Gefühl dort beobachtete und verfolgt worden zu sein. Es war einfach merkwürdig gewesen, trügte ihr Gefühl sie sonst nie. Aber weder sie noch ihre Begleiter hatten einen Verfolger ausmachen können. Sicherlich lag es nur an ihren überspannten Nerven. Der gesamte Stress der letzten Monate hatte sie eindeutig überreißt.
Fest presste sie ihre Lippen aufeinander und wand sich ihrer eigentlichen Aufgabe zu. Sie kontrollierte ihren Kurs, korrigierte ihn entsprechend und ging dann in ihr Arbeitszimmer. Vor dem Abendessen wollte sie noch ihre Einkäufe verstauen. Sie hatte zwei Seekarten der nahen Gewässer um Gansho erstanden, würde sie diese erst einmal wegräumen und in den kommenden Tagen genauer studieren. Auch hatte sie neue Tinte und Federn gekauft. Es gab einfach so vieles aufzuschreiben und neue Karten zu zeichnen, hatte sie bereits überlegt die Tinte gleich Fassweise zu erstehen, würde diese ihr dann wohl nicht mehr so schnell ausgehen.
Aber auch Robin verbrauchte einiges an Tinte und Federn. Sie schrieb oft in ihrem Notizbuch, füllten ihre Notizbücher bereits ein ganzes Regalfach. Es waren archelogische Dinge, welche sie dort notierte. Schon aus ihrer zweijährigen Abwesenheit hatte sie einige vollgeschriebene Bücher mitgebracht, aber es waren mindestens doppelt so viele in den letzten Monaten dazugekommen.
Doch Nami störte es nicht, das Robin sich an so manchem Abend zu ihr gesellte und sie gemeinsam still ihrer Arbeit nachgingen. Die zwei Jahre hatten ihrer Freundschaft gutgetan. Nami war erwachsener geworden und verstand Robin nun viel eher. Aber sie mussten bei der Überzahl männlichen Testosteron auch zusammenzuhalten, würden sie sonst einfach untergehen.
Als sie alles verstaut hatte, ging sie wieder aufs Deck. Es war ein lauer Abend, ging am Horizont in einem gleißenden Rot die Sonne unter. Das Wasser wirkte, als würde es in Flammen stehen. Ein wundervoller Anblick.
Die Ruhe war zurückgekehrt, hingen alle wieder ihrer Freizeit nach. Robin las in einem neu erstanden Buch. Brook musste unbedingt seine neue Teesorte ausprobieren, genossen er und Chopper ein heißes Tässchen Tee, während Frankie es gewohnt bei seiner Cola beließ. Auch Nami war nach einer Tasse Tee, weshalb sie zu Sanji in die Kombüse ging.
„Es gibt heute Braten zum Abendessen, Nami-Mäuschen!“, verkündete der stolze liebestolle Smutje und schnippelte seelenruhig dabei Zwiebeln und Karotten. „Klingt gut! Im Moment möchte ich aber nur einen Tee!“, erwiderte sie, fiel ihr Blick auf Ruffy.
Normalerweise duldete Sanji seinen verfressenen Kapitän nicht in seiner Kombüse, wenn er am Kochen war. Der Gummijunge stibitzte zu gerne und dies im größeren Maße, würde er auch glatt den gesamten Braten mopsen, wenn Sanji nicht mit Argusaugen auf das Fleisch achtete. Aber im Moment war Ruffy zu sehr mit einem vergilbten Blatt Papier beschäftigt, konnte dies nur eines bedeuten… Ace!
„Ein alter Mann am Dock hat ihm einige Geschichten über Ace erzählt. Die Insel steht unter dem Schutz der Whitebeard-Piraten und sie scheinen dabei einen sehr guten Job zu machen. Was der alte Mann erzählte, klang recht beängstigend.“, begann Sanji auf Namis unausgesprochene Frage zu erzählen. „So wie der Alte es berichtete, scheint die Oro Jackson ein wahrer Albtraum zu sein. Sie soll mit nur einer Salve einen Marinekreuzer in Schutt und Asche zerschmettern können. Und ihr Kapitän…“, Sanji brach ab, faltete Ruffy gerade das Papier zusammen und verstaute es im inneren Hutband seines Strohhutes.
„Raus Ruffy!“, ertönte nun der klare Befehl des Smutjes. Solang Ruffy in seinen Gedanken an Ace hing, konnte nicht einmal das köstlichste Essen ihn dort herausreißen. Jedoch nun da er sich wieder gefangen hatte, war alles Essbare in höchster Gefahr.
„Aber Sanji…“, wollte Ruffy sofort protestieren, bekam aber lediglich einen Apfel an den Kopf geworfen. Eine übliche Geste, kannte jeder an Bord dieses „Ritual“ und auch Ruffy kannte dies zur Genüge. Bis zum Abendessen würde Sanji ihm nichts weiter zugestehen und auch wenn er es gerne darauf anlegen würde, doch noch einen kleinen Diebstahl zu wagen, war das scharfe Messer in der Hand des Smutje eine gute Abschreckung.
Gelangweilt nahm Ruffy einen Bissen von dem Obst und trottelte aus der Kombüse, wobei seine Augen förmlich am Braten klebte und er sich bereits jetzt sehr auf das Abendessen freute.
Nami folgte ihm mit ihrem Tee. An Deck setzte er sich zu Frankie und Lysop. Sie begannen ein neues Kartenspiel. Sogleich fragte sich die Navigatorin, was der alte Rayleigh ihrem Kapitän außer dem Haki noch beigebracht hatte. Früher hatte Ruffy kaum eine Ahnung von Poker oder Skat gehabt. Er hatte es dennoch oft gespielt und fast immer verloren. Aber diese Pechsträhne hatte er in den letzten zwei Jahren abgelegt, war er nun ein ausgezeichneter Kartenspieler.
In einem lustigen Gelächter versank die Sonne am Horizont und die sternklare Nacht brach über sie herein. „Abendessen ist fertig!“, rief Sanji, war von Ruffy nur noch eine Staubwolke in Form seiner Silhouette zu sehen.
Mit großem Hunger fixierten Ruffys Augen den gewaltigen Braten, welchen Sanji für sie zubereitet hatte. Dampfend lag er auf einem Bett aus Salat und Karotten und wirkte wie ein krosser brauner leckerer Berg, bedeckt mit einer Lasur aus Honig. Nebenbei standen noch Kartoffeln, eine Saucenterrine und zwei Schalen mit Gemüse. Sanji hatte sich mit seinem Essen einmal mehr übertroffen, sah alles einfach nur voll lecker aus, roch auch alles verführerisch.
Gerade wollte der Smutje beginnen, den Braten zu zerteilen, als plötzlich eine laute Sirene ertönte und sogleich darauf Schüsse den ohrenbetäubenden Lärm durchschnitten.
„Meine Alarmanlage!“, sprang Lysop sofort auf und auch Frankie war aufgesprungen. Sie hatten die Alarmanlage kurz nach ihrer Ankunft in der neuen Welt installiert, nachdem sich einige fremde feindliche Piraten auf die Sunny schleichen wollten. Seit her war die Anlage immer aktiv, wenn sich niemand an Deck aufhielt.
Das Essen war für diesen Augenblick vergessen, war ein feindlicher Angriff zu befürchten und nun alle Kampfbereit.

Ein breites Grinsel lag auf Ace seinem Gesicht. Seit einem halben Jahr trieb sich sein kleiner Bruder in den Gewässern der neuen Welt herum, aber bis zum heutigen Tage hatten sich ihre Wege nie gekreuzt. Ab und an war es knapp gewesen, hatten sie sich nur um wenige Tage verfehlt. Jedoch dieses Mal schien es passen.
Es war ein purer Zufall gewesen, das Ace sich ausgerechnet an diesem Nachmittag auf Gansho aufhielt. Der zweite Geburtstag seines kleinen Sohnes stand an und auf der Oro Jackson herrschte eine rege Hektik, wurde alles für eine große Feier auf Yokito vorbereitet. Ace hatte dabei das Gefühl gehabt, nur im Wege zu stehen. Und wie sein Vater, war auch Any eine kleine neugierige Spürnase, welche zielstrebig die versteckten Geschenke suchte oder in der Kombüse sich über die vorbereiteten Biskuitböden seiner Torte hermachte.
So war es eine Erleichterung für die Crew, das sich die zwei Ds zu einer kleinen Spritztour aufmachten, gefiel dies Any sehr. Er mochte gern mit seinem Vater über die See jagen und genoss die unbändige Freiheit der Geschwindigkeit.
„Any, wollen wir deinem Onkel einen kleinen Besuch abstatten und ihn zu deinem Geburtstag einladen?“, eine Frage die keine Antwort bedurfte. Any kannte Ruffy nur vom Hörensagen und dem Steckbrief an der Wand über dem Bett seiner Eltern. Aber alles was mit „Geburtstag“ zu tun hatte, klang gut und wurde freudig zugestimmt.
Ace dachte sich, es wäre ein großer Spaß, wenn er seinem kleinen Bruder einen Überraschungsbesuch abstattet, anstatt einfach so zum Hafen zu gehen und „Hallo!“ zu sagen. Eine Überraschung käme tausend Mal besser, vielleicht auch verbunden mit einem kleinen Streich. Eine Idee hatte er bereits, grinste er nun spitzbübisch und schlich sich ungesehen zum Hafen und seinem Striker.
Im Schutz der untergehenden Sonne konnte er der Thousand Sunny gut folgen. Sie würden ihn nicht ausmachen können, war es eh schwer sein kleines Boot auf hoher See zu erkennen. Lediglich sein Feuer war ein Punkt welcher vor allem in der Nacht ein Anschleichen fast unmöglich machte. Aber dieses Risiko würde er eingehen. Würden sie ihn dann doch eher entdecken… sei es drum, auch wenn der Spaß einer Überraschung dann dahin wäre.
Die Nacht brach herein und müde kuschelte sich Any an seinen Vater. Gähnend murmelte er ein „Hunga!“, fielen ihm jedoch bereits die Augen zu. „Wir sind gleich bei Ruffy! Dann bekommst du gleich etwas!“. Any hatte dies jedoch schon gar nicht mehr mitbekommen, war er trotz seines Hungers tief und fest eingeschlafen.
Ace war erleichtert, das er es in der Tat unentdeckt bis zur Thousand Sunny geschafft hatte. Das Deck schien verwaist. Zu dieser Zeit bedeutete dies wohl „Abendessen!“, konnte Ace den verführerischen Duft von gebratenem Fleisch ausmachen. Sogleich knurrte sein Magen auf. Auch er hatte Hunger und dies gewaltig. Die letzte Mahlzeit lag gut sechs Stunden zurück und auch wenn sie reichlich ausgefallen war, so hatten Any und er schon ihre festen Zeiten, bekundete sein Magen lautstark, dass das Abendessen längst überfällig war.
Lautlos legte er am Schiff an und vertäute sein Boot gut, eh er die schmale Wartungsleiter am Rumpf emporkletterte. Any hatte sich im Schlaf wie ein kleines Äffchen an ihn geklammert, was gerade jetzt bei der kleinen Kletterpartie recht praktisch war, hatte Ace so beide Hände frei.
Wie gedacht, was das Deck verwaist und der Duft eines köstlichen Abendmahls wurde immer stärker. Wieder knurrte sein Magen laut und auch Anys kleiner Bauch gab ein lautes grollen von sich. „Ach was soll’s… Überraschung hin oder her… HUNGER!“, warf Ace jeglichen Gedanken an eine Überraschung über Bord. Es wäre so oder so eine große Überraschung, wenn er gleich die Mensa der Sunny stürmen und sich auf das Abendessen stürzen würde. Sicherlich rechnete Ruffy und seine Bande um diese Zeit nicht mehr mit Gästen.
Schwungvoll überwand er die Reling. Aber kaum das er auf dem Deck gelandet war, ertönte ein ohrenbetäubendes Schrillen und Heulen. Ruckartig schreckte Any auf und sah sich erschrocken um. Auch Ace war vor Schreck zusammengefahren. „Was ist das?“, entfuhr es ihn fluchend, aber im Lärm unhörbar. Jedoch mehr erschreckte ihn die Tatsache, das ihm nun auch Kugeln um die Ohren flogen.
Feuer züngelte an seinem Arm auf, als eine Kugel diesen durchschlug. „Verdammt!“, fluchte Ace und dachte sogleich an Any. Wenn eine dieser Kugeln ihn träfe… dies würde er sich nie verzeihen. Sofort unterdrückte er seine Teufelskraft und wand sich um, sodass er mit seinen breiten Schultern und Rücken seinen kleinen Sohn schützen konnte. Jedoch auch zu seinem eigenen Schutz, warf er sich aufs Deck und hoffte, das ihn dort keine der Kugeln erwischen würde.
Schreiend wand sich Any in den Armen seines Vaters.
Der Schreck… der Lärm… das Feuer… der Kugelhagel… Angst und Panik…

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