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Sep 03 2012

IceBluemchen

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07. Ankunft in Yamasato

Es war ein schöner Morgen, hatte es in der Nacht aufgehört zu schneien und nun trübte kein Wölkchen den strahlend blauen Himmel, wärmte die Sonne so gut es ging und dennoch würden die Temperaturen wohl nicht die Plusgrade erreichen.
Zielstrebig hielt Sasuke auf den Pass von Yamaji zu. Seinen Rucksack geschultert und seinen kleinen Bruder fest im Arm schritt er den schmalen Pfad entlang, welcher durch den Schnee kaum ersichtlich war. Es war gefährlich, ein falscher Schritt an der falschen Stelle und sie könnten in die Tiefe der Schlucht stützen, welche sich immer wieder am Pfad vorbeischob. Aber auch so wäre es nicht sehr gut, wenn Sasuke stürzte, könnte sich Itachi keinesfalls abfangen und somit sehr wehtun.
Dick eingemummelt hat Sasuke ihn, hatte er ihm neben dem langen Hemd und der kurzen Shorts noch in zwei Decken gewickelt, lugte nur noch das kindliche Gesicht aus den Stoffmassen, obgleich Itachi selbst dies meist schützend vergrub. Und obwohl er durch so viel Stoff vor der Kälte geschützt sein sollte, bebte sein kleiner Körper immer wieder zitternd auf. Es war zu kalt und sein kleiner Körper nicht in der Lage genügend Wärme zu produzieren.
Sasuke wusste, er müsste sich beeilen, damit Itachi nicht unnötig lang der Kälte ausgesetzt war, aber auch, weil sich das Wetter in den Bergen schnell ändern konnte. Eben noch strahlender Sonnenschein, könnte binnen kürzester Zeit wieder ein Schneesturm aufziehen. Jedoch war ihm heute nicht nur das Wetter hold, kam er trotz des teils recht hohen Schnees gut voran. Bereits am späten Vormittag erreichten sie den Scheitelpunkt des Passes und es eröffnete sich ihnen eine Aussicht auf das Kommende.
„Yamasato!“, murmelte Itachi, konnten sie das Dorf in der Ferne bereits erahnen, stieg von dort Rauch aus den Schornsteinen der Häuser auf. Aber etwas stutze Sasuke dann doch. Itachi hatte gemeint, es wäre das Hauptdorf des Gebirgsreiches, jedoch wirkte es recht klein. Höchstens ein Viertel von Konoha nahm das gesamte Dorf ein, welches am Hang eines Berges errichtet worden war. Viele der Häuser waren dabei wahrscheinlich ähnlich wie die Hütte am Pass direkt in den Fels gebaut. So konnte die Größe des Dorfes auch täuschen, war es schwer abzuschätzen, wie weit sich die Häuser in den Fels hineinzogen.
Auch den Rest des Weges konnten sie ohne größere Schwierigkeiten hinter sich bringen. Nur einmal hatte sie halten müssen, plagte Itachi ein kleines lästiges Bedürfnis, aber er hätte es nicht mehr bis zum Dorf halten können. Nur ungern hatte Sasuke ihn aus den Decken gewickelt und mit seinen nackten Füßchen auf einen vom Schnee befreiten Fels gestellt. Zitternd erleichterte sich Itachi und war mehr als froh, als er sich wieder in die Decken und an seinen Bruder kuscheln konnte. Eine ganze Weile rieb Sasuke danach über den Rücken seines kleinen Bruders, um ihn so etwas aufzuwärmen. Es half zumindest ein wenig.
Je näher sie nun dem Dorf kamen, je öfter trafen sie auf Anwohner des Dorfes. Der erste Anwohner war ein älterer Mann gewesen, dick eingepackt in einen Mantel aus Bärenfell und mit einer geschulterten Axt, zog er einen leeren Schlitten hinter sich her. Er war auf dem Weg um Holz aus dem etwas abseits gelegenen Holzlager zu holen, welches er im Dorf dann verkaufen würde. Itachi murmelte, das es solche Holzhändler auch im Schneereich gäbe. Sie waren Angestellte des hiesigen Feudalherren, welchem die Wälder gehörten. So wurde im Sommer genügend Holz geschlagen und in Lager gebracht, sodass sie für die kalte Jahreszeit keine langen Wege gehen müssten. In Konoha war dies nicht nötig. Das Dorf lag in mitten eines dichten Waldes und die dortigen Winter fielen zwar auch kalt aus, aber es war nicht unmöglich an Brennholz zu kommen.
Die nächsten Anwohner auf die sie trafen waren sechs noch recht junge Frauen gewesen. Auch sie trugen dicke Mäntel, teils aus Fellen teils aus dicker Schurwolle. Und auch sie waren auf dem Weg hinaus aus dem Dorf, jedoch nicht um irgendetwas zu holen, sondern um den Männern in den Minen ihr Mittagessen zu bringen. So wie Sasuke nun durch seinen kleinen Bruder erfahren durfte, war das Gebirgsreich reich an Metall- und Kohlevorkommen, welches in weit verzweigten Minen tief im Berg abgebaut wurde. Aber trotz dieses Reichtums, war das Land eher ärmlich, mussten sie vor allem Lebensmittel importieren, gab es kaum landwirtschaftliche Anbauflächen und auch nicht viel, was in dieser Lage wuchs. Lediglich einige seltene Kräuter konnten hier oben angebaut werden und auf den Hochweiden gab es einige Ziegenherden, welche dort weideten und so für Milch und Käse sorgten.
Aber bald trafen sie auch auf Anwohner, welche wie sie zum Dorf hin unterwegs waren. Manche mit großen Reisigbündeln beladen, andere mit Karren voll Gemüse für den Markt und wieder andere mit Schlitten, auf denen Kohle oder Brennholz lag.
Sasuke schloss sich jedoch einer kleinen Gruppe Männer an, welche auf dem Heimweg von den Minen waren. Müde wirkten sie und wurden am Tor des Dorfeingangs kaum beachtet. Wahrscheinlich kannten die Wächter diesen Anblick müder ausgelaugter Arbeiter und ließen sie unbehelligt passieren. Es war ein Glücksfall oder aber gängige Unachtsamkeit der Torwächter. In Konoha wäre er eindeutig nicht so ohne weiteres hineingekommen, wurde dort jeder angehalten und nach den Papieren gefragt, der den Wächtern nicht einschlägig bekannt war.
Nun im Dorf versuchte Sasuke sich erst einmal zu orientieren, hatte er einen genauen Plan im Kopf, wie es nun weitergehen sollte. Als aller erstes wollte er in ein Bekleidungsgeschäft und Itachi endlich passende Anziehsachen kaufen. Der Kleine sollte nicht länger wie ein verwahrlostes Geschöpf herumgetragen werden, könnte er mit eigenen Anziehsachen und Schuhen auch laufen, würde Sasuke so die Hände freibekommen.
„Endschuldigen sie Ma’am, können sie mir sagen, wo ich ein Bekleidungsgeschäft finde, welches Kinderbekleidung führt!“, fragte er daher eine ältere Dame, welche mit einem vollen Einkaufskorb voller Lebensmittel wohl auf dem Heimweg war.
„Oh da gibt es nur das Geschäft der Familie Ganguten. Es befindet sich auf der Marktstraße, welche überhaupt nicht zu verfehlen ist. Geht einfach diese Straße geradeaus weiter, sie führt direkt auf die Marktstraße und das Bekleidungsgeschäft liegt dann auf der rechten Seite und ist auch nicht zu übersehen!“, dankend verabschiedete sich Sasuke und folgte der Beschreibung. Wachsam sah er sich dabei um und achtete auf jeden Shinobi, den er traf. Tief hatte er seine Kapuze ins Gesicht gezogen, sodass seine auffälligen Augen im Verborgenen lagen. Aber wenigsten fiel er hier mit diesem Verhalten nicht auf. Viele trugen Mützen und Kapuzen, um sich vor der Kälte zu schützen, wurde er so nicht beachtet und erreichte bald die Marktstraße und das Bekleidungsgeschäft.
Als Sasuke das Geschäft betrat, schlug ihm im ersten Moment eine unangenehme Wärme ins Gesicht, war der Kontrast zwischen der verschneiten Straße und dem Geschäft einfach zu groß. Jedoch Itachi befand diese Veränderung als sehr angenehm, lugte er aus dem Gewirr der Decken hervor, kaum das die Tür ins Schloss gefallen war. Vor ihnen eröffnete sich nun ein recht kleiner Raum, welcher bis unter die Decke mit Regalen voller Kleidungsstücke in jeglicher erdenklicher Größe gefüllt war und auch im Raum selbst standen zwei Bekleidungsständer vollgehangen mit dicken Mänteln und Jacken.
„Guten Tag mein Herr! Was kann ich für sie tun?“, begrüßte sie eine dickliche Frau mittleren Alters. Sie stand hinter einem kleinen Tresen, auf dem eine ältere Registrierkasse und ein Glas voller bunter Bonbons stand.
„Guten Tag Ma’am! Ich benötige Kleidung für meinen kleinen Bruder und auch Schuhe, wenn sie diese auch führen.“, so vollgestopft wie der Laden war, war es für Sasuke kaum ersichtlich, was es hier nun alles genau gab und was nicht.
„Wir führen Bekleidung in jeder Größe und Schuhe für Kinder bis etwa zum zehnten Lebensjahr. Welche Kleider und Schuhgröße benötigen sie denn genau?“, ließ die Dame wissen und stellte sogleich eine Frage, welche Sasuke nicht auf Anhieb beantworten konnte. Er sah auf seinen Bruder, welcher sich nun soweit aus den Decken kämpft hatte, dass er mit seinem Kopf vollständig hervorlugte und sich interessiert im Laden umsah. „Ich weis nicht genau! Er ist drei Jahre alt und etwa einen Meter groß.“
„Das macht nichts! Diese Angabe reicht schon aus und er kann es ja anprobieren, sodass sie dann sehen, ob es passt oder nicht. Was brauchen sie denn genau?“, half der Frau die Angabe bereits, um in etwa die richtige Größe zu wissen.
„Alles!“, kam es prompt von Sasuke, was die Verkäuferin stutzen ließ. „Er braucht Unterwäsche, Hosen, Shirts, Nachtwäsche, einen dicken Mantel, sowie Schuhe.“, noch einmal ging er die Liste der benötigten Dinge im Kopf durch, meinte aber alles aufgezählt zu haben.
„Oh…“, kam es nur als Antwort, eilte die Dame auch schon zielstrebig auf das erste Regal zu und holte von dort einen kleinen Stapel Shirts hervor. Dann dirigierte sie ihre Kundschaft in den hinteren Teil des Geschäftes, wo sich in mitten der Regal eine kleine Umkleideecke befand.
Behutsam setzte Sasuke seinen kleinen Bruder auf die dortige Bank und begann ihn aus den Decken zu wickeln. Wieder erklang ein leises „Oh…“, seitens der Verkäuferin, als ihr Blick auf Itachi und seinen improvisierten Aufzug fiel, reichte sie ihnen nun ein langärmliges Shirt, welches Itachi anprobieren sollte.
„Es ist etwas zu groß!“, merkte sie an, als Itachi sich das Shirt übergestreift hatte und die Ärmel ihn bis weit über die Hände ragten. „Aber Kinder in diesem Alter wachsen so schnell und es wäre ärgerlich, wenn es nur wenige Wochen passen würde.“
Sasuke sah es ähnlich, aber auch mit dem Gedanken, das etwas zu groß auch mehr wärmender Stoff bedeutete. Als nächstes folgte die Unterwäsche und Hosen. Bei allem immer eine Größe zu groß, krempelte die Dame die Hose einfach um und band das Zugband der Hose entsprechend eng. „Schuhe!“, murmelte sie dann und lief in eine andere Ecke, während Sasuke wiederum in einer anderen Ecke Mützen und Schals ausgemacht hatte, was er als recht nützlich erachtete.
Allein in der Umkleide saß Itachi da und sah sich seinerseits etwas um. Überall wohin er sah, sah er Kleidung, wirkte dies alles recht erdrückend auf ihn. Es war kein angenehmer Ort, auch wenn ihm endlich warm geworden war und er es auch schön fand, endlich eigene relativ passende Kleidung zu tragen. Seufzend legte er seinen Kopf in den Nacken und ließ ihn dann zur Seite fallen. In Gedanken war sein Blick auf eines der Regale gerichtete, welches eher verborgen in einem Knick stand und nun seine Aufmerksamkeit völlig in den Bann zog. Ohne zu zögern sprang er von der Bank und lief zu dem Regal, in welchen Plüschtiere und Holzspielzeug gezwängt lagen.
Es bedurfte für ihn kein „Warum?“, als er sich einen dunkelbraunen Plüschbären aus dem Regal nahm und ihn näher betrachtete. Es war einfach so, dass er diesen haben wollte und auch nicht weiter darüber nachdachte, wieso dies so war. Er hatte was er wollte und kehrte zur Umkleide zurück.
Gerade als er sich wieder setzte, kam Sasuke mit einer Wollmütze, Schal und passenden Fäustlingen zurück. Mehr als verwundert sah er auf seinen Bruder und den Bären, den dieser in seinen Händchen hielt und ihn nun fragend ansah. „Darf ich haben?“, fragte Itachi verhalten und kaute sogleich unsicher auf seiner Unterlippe herum, während große fragende bittende Augen seinen großen Bruder maßen.
Ungläubig sah Sasuke auf seinen kleinen Bruder und den Bären, hallte die Frage in seinen Ohren nach und konnte er es kaum fassen. Es war wie ein Schlag ins Gesicht und zugleich ein Beweis… sein großer Bruder Itachi schwand, war nicht mehr da… Er war ein kleines Kind mit entsprechenden Bedürfnissen und Wünschen.
„Oh, da hast du dir aber einen hübschen Bären ausgesucht!“, stellte die ältere Dame erfreut fest und reichte an Sasuke ein Paar einfache Kinderschuhe weiter. „Sie sollten ihm passen!“, meinte sie dann noch und wand sich um, wollte sie nun nach einem passenden wärmenden Wintermantel sehen.
„Probierst du sie an!“, bat Sasuke, nahm er Itachi den Bären aus der Hand und gab ihm die Schuhe. Itachi nickte bloß und versuchte in die Schuhe zu schlüpfen, während Sasuke sich den Bären näher besah.
Es war ein hübscher weicher gut verarbeiteter Plüschbär, aber der Preis war gehörig. 10.000 Ryou sollte das Spielzeug kosten und überstieg damit eindeutig das, was sich Sasuke hätte leisten können.
„Passen gut!“, kam es leise von Itachi und ließ Sasuke aufsehen. Die Schuhe passten ihm in der Tat sehr gut, aber dies war jetzt eher nebensächlich. „Es tut mir Leid Itachi-chan, aber ich kann dir den Bären nicht kaufen!“, sprach er betrübt, sah ihn der Kleine sogleich fragend, aber auch traurig an. „Er ist zu teuer! 10.000 Ryou sind einfach zu viel. Das verstehst du doch oder?“, leicht nickte Itachi und sah traurig zu Boden.
Er hatte nicht auf den Preis geachtet und konnte es durchaus verstehen, das sein großer Bruder diese Summe nicht aufbringen konnte. 10.000 Ryou waren wirklich eine Menge Geld und für manche Menschen bedeuteten 10.000 Ryou ein gesamtes Monatsgehalt. Aber Sasuke verdiente gar kein Geld und wie Itachi nun so darüber nachdachte, wurde ihm bewusst, das bereits seine Kleidung eine größere Ausgabe für seinen Bruder darstellen musste. Woher Sasuke überhaupt das Geld hatte, welches er bei sich führte, wusste Itachi auch nicht. Er konnte es sich nur denken, das es wohl einst Akatsuki gehört hatte oder aus noch viel früheren Zeiten stammte und damit aus Orochimarus Besitz stammte. Aber letztendlich war es egal. Seine finanziellen Mittel waren begrenzt und zukünftig wollte Itachi daran denken, dass er eben nicht alles haben konnte, nach was sich sein Herz sehnte.
„Ich lege ihn zurück!“, tat es Sasuke im Herzen weh, das er seinem kleinen Bruder den Plüschbären nicht hatte kaufen können. Aber der Preis war einfach enorm und solang ihre Zukunft ungewiss war, musste er sein verfügbares Geld zusammenhalten. Mit 10.000 Ryou konnte er sie gut und gerne zwei bis drei Monate durchbringen, wenn er sparsam war und größere Ausgaben ausblieben.
Wieder nickte Itachi nur traurig und griff nach der Wollmütze, welche er nun anprobierte, sowie sich auch den Schal umband und in die Fäustlinge schlüpfte. Als Sasuke den Bären zurückgelegt hatte, war sein kleiner Bruder nun auch in einen schwarzen Wollmantel gehüllt, der innen mit einem weichen Lammfell gefüttert war und für die wärmere Übergangszeit herausgenommen werden konnte. So dankten sie der netten Dame für ihre Hilfe und begaben sich an die Kasse.
Hier wurde Itachi schmerzlich bewusst, wie überteuert sein Wunsch gewesen war. Die komplette Kleidung mit Wechselkleidung kostete gerade einmal 2.300 Ryou. Bekleidung war eben etwas Notwendiges und fast überall recht günstig zu haben. Ein Plüschbär hingegen war purer Luxus und hatte entsprechend seinen Preis. Er kam sich so kindisch vor, dass er überhaupt diesen Wunsch geäußert hatte, aber… wenn er ehrlich zu sich war, dann hatte ihm der Bär mehr als sehr gefallen. Er hatte in sich ein Gefühl verspürt, welches er solang nicht mehr gespürt hatte. Ein Gefühl das er noch aus seiner Zeit bevor Sasuke auf der Welt gewesen war her kannte. Das Gefühl ein Kind zu sein!
„Hier mein Kleiner!“, nahm die Dame das Bonbon-Glas vom Tresen, schraubte es auf und reichte es Itachi, während Sasuke die Rechnung beglich. Erst zögerte Itachi etwas, aber dann nahm er sich zwei Bonbons heraus, wobei er einen sofort auswickelte und sich in den Mund steckte.
Sasuke musste sogleich schmunzeln, lutschte sein kleiner Bruder genüsslich auf dem süßen Zuckerball herum und ließ den Bären zumindest für einen Moment vergessen machen.

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