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Jul 15 2012

IceBluemchen

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06. Dunkle Erinnerungen im Schneetreiben

Kälte nahm Sasuke ein, fröstelte es ihm plötzlich und hatte er das Gefühl, als fehle etwas sehr entscheidendes. „Itachi-san!“, stieß er aus und schreckte hoch. Wo war sein kleiner Bruder? Konnte er ihn nicht bei ihrem Nachtlager ausmachen und auch so fehlte jegliche Spur von ihm, war die Hütte verwaist, stand nur die Tür einen kleinen Spalt offen und ließ fahles Morgenlicht hereinfallen.
Sofort sprang Sasuke auf und eilte zur Tür. Ungestüm riss er sie auf und trat hinaus in den Schnee. Große Flocken vielen vom Himmel und schränkten die Sicht auf wenige Meter ein. Selbst sein Ethernal Mangekyou Sharingan war in dieser Situation nutzlos, sah er mit diesem keinen Meter weiter.
Aber dies musste er auch nicht, stand Itachi nur gute zwei Meter neben ihm im Schnee und beobachtete irgendetwas sehr fasziniert. „Otouto, was machst du denn da mitten im Schnee und dies nur in Shorts und ohne Decke?“, sprach Sasuke streng, als er auf den Kleinen zueilte und ihn liebevoll von hinten umfing.
„’tachi mal musste!“, grinste der Kleine und deutete auf den gelben Schnee, der bereits unter neuem Schnee zu verschwinden begann. „Und warum bist du nicht gleich wieder reingekommen, als du fertig warst. Du bist völlig nass und durchgefroren!“ Es erstaunte Sasuke selbst, wie streng er im Moment war. Aber er machte sich einfach nur große Sorgen und hatte einen riesigen Schrecken bekommen, als Itachi spurlos verschwunden war.
„Oh…“, kam es nur von Itachi, hatte er dies bis eben gar nicht mitbekommen. Den Schnee gelb zu zaubern hatte ihn völlig fasziniert, ebenso wie dieser nun unter den neuen Flocken allmählich wieder verschwand. „’tachi gar nicht merkt hat!“, biss er sich verlegen auf seine Unterlippe und ließ sich bereitwillig zurück in die Hütte tragen.
Sofort legte Sasuke neues Holz auf die Glut, loderte das Feuer im kleinen Ofen nun heiß auf und erfüllte den Raum mit einer wohligen Wärme. Schnell hatte er Itachi der durchnässten Shorts entledigt und wickelte ihn in die Wolldecke ein. Nur was er mit den nassen Haaren machen sollte, wusste er erst nicht, bis ihm das Handtuch vom Abend ins Auge stach. So rubbelte er das längere Haar soweit es möglich war trocken.
„Sasu’-chan jetzt böse ist?“, fragte Itachi vorsichtig nach, hatte er die Strenge seines großen Bruders gespürt. Aber er hatte sich in jenem Moment wirklich vollkommen verloren und weder Kälte noch den fallenden Schnee als störend empfunden. Es gab in diesem Augenblick nur den gelben Schnee und das fantasievoll entstandene Bild, das allmählich wieder unter der weißen eisigen Schneedecke verschwand. Sein kindlicher Geist hatte ihn vollkommen ergriffen, sodass er die eigentlich prekäre Situation überhaupt nicht wahrgenommen hatte. Und dies erschreckte ihn nun selbst.
„Nein Otouto! Aber ich habe mich sehr erschrocken, als du verschwunden warst. Ich hatte Angst und war in großer Sorge! Und dann finde ich dich völlig durchgefroren und gedankenverloren im Schneetreiben… ich kann dies nicht verstehen!“, er nahm Itachis Händchen in seine und seufzte. „Deine Hände sind noch immer eiskalt und sicherlich deine Füße auch. Was wenn du dich erkältest? Itachi-san, was wenn noch schlimmer? Verdammt, ich muss dich schnellstens wieder aufgewärmt bekommen!“, zog Sasuke seinen kleinen Bruder auf seinen Schoß und rieb erst seine Händchen und widmete sich dann den Füßchen. Wie befürchtet waren auch diese eisig und Itachi begann allmählich zu zittern.
Betrübt sah der Kleine die gesamte Zeit zu Boden und kämpfte mit sich, nicht gleich loszuweinen. Er hatte die Kälte wirklich nicht bemerkt und war unbedacht gewesen. Wie hatte dies nur soweit kommen können? Warum hatte ihn der Schnee nur so einnehmen und faszinieren können? Er verstand dies selbst nicht und dies machte ihm Angst. Haltsuchend kuschelte er sich an die Brust seines Bruders, war es dort auch so schön warm.
„’tachi leid tut! ‚tachi nicht weiß, warum nicht merkt hat!“, er schniefte, liefen ihm nun doch einige Tränen das Gesicht hinab, fühlte er sich, als habe er etwas schrecklich ungezogenes getan. „Otouto, nicht weinen! Ich bin dir wirklich nicht böse! Versprich einfach so etwas nicht noch einmal zu tun und im Warmen zu bleibe, damit du mir nicht krank wirst! Okay?“, schniefend nickte Itachi und zog seine Füßchen an sich heran, sodass er nun völlig zusammengekauert auf Sasukes Schoss saß und die dortige Wärme und Führsorge genoss.
„Ich werde besser eine Kanne heißen Tee kochen, er wird dich auch von innen aufwärmen!“, erhob sich Sasuke mit seinem kleinen Bruder auf dem Arm und trug ihn zu ihrem Schlaflager. Gut eingewickelt in die Wolldecke und der dicken Zudecke saß Itachi nun auf der Futon-Matratze und sah seinem Bruder zu, wie dieser erst Wasser aus dem Bach holte und dieses nun auf dem Ofen erhitzte. „Es schneit nach wie vor! So werden wir den Pass nicht passieren können, es wäre viel zu gefährlich!“, machte sich Sasuke Gedanken, wie es nun weitergehen sollte. „Wir bleiben hier, bis es aufgehört hat zu schneien. Welch andere Wahl hätten wir bei diesem Mistwetter auch!“, er wand sich Itachi zu, welcher ihn die gesamte Zeit über beobachtet hatte.
„Ist dir wieder warm?“, fragte er, nickte Itachi sogleich. „Ja, warm!“, biss es sich nun aber auf die Unterlippe, blubberte sein Bauch bereits einige male auf. „Hunger hab!“, gab er letztendlich zu und kaute nun auf seiner Unterlippe herum, als könne dies den Hunger stillen.
„Ich habe auch Hunger!“, griff Sasuke nach dem Wassereimer. „Sicher kann ich uns wieder einige Fische fangen. Bitte bleibe im Bett, ich bin nur kurz am Bach. Eh das Wasser kocht, bin ich zurück… versprochen!“, was blieb Itachi auch anderes übrig, als geduldig auszuharren und zu warten.
Itachis Gedanken kreisten noch immer um seinen kleinen Ausflug in den Schnee. Er hatte Freude dabei empfunden, den fallenden Flocken zu zuschauen. Er hatte den Schnee schön gefunden und dieser ihn völlig eingenommen. Alles um sich herum vergessen… so wie es nur kleine Kinder konnten. Seufzend ließ er seinen Kopf hängen und wurde traurig. Er hatte sich wie ein Kleinkind aufgeführt und nicht nachgedacht. Dies durfte einfach nicht sein, es machte ihm Angst… Angst sich selbst zu verlieren!
Als Sasuke vom Bach zurückkehrte, hatte er nur zwei Fische im Eimer. Durch das Schneetreiben war es schwieriger sie zu fangen und er wollte nach ihrem kleinen Frühstück noch einmal hinaus und sein Glück versuchen.
Eher schweigend und nachdenklich aß Itachi seine Portion und trank den wohltuend warmen Tee. Sasuke dachte sich seinen Teil darüber, glaubte er zu erahnen, was seinen kleinen Bruder im Moment so sehr beschäftigte… die Tatsache, dass er sich am frühen Morgen wie ein Kleinkind benommen hatte. Ein befremdlich irritierenden Gedanke, aber auch ein Gedanke, an den sich Sasuke allmählich gewöhnte. Natürlich hatte er seinen Bruder noch immer als Erwachsenen vor Augen, aber der kleine Itachi nahm diesen Platz mehr und mehr ein. Je mehr Zeit verstrich, je mehr sah er ihn als Kind und wollte auch, das Itachi Kind sein durfte.
Wieder hieß es für den Kleinen warten. Er hatte sich wieder auf die Futon-Matratze gesetzt und sich in die Decken eingemurmelt, lauschte er seinen Gedanken, um eine für sich annehmliche Antwort auf das Geschehene zu finden. Aber es gab nur diese eine Antwort, welche ihm so gar nicht gefiel… er wurde mehr und mehr zum Kleinkind und fürchtete, sich bald nur noch so aufzuführen. Ein schrecklicher Gedanke, fürchtete er auch um seine Erinnerungen. Er wollte nicht vergessen und überlegte, ob es nicht vielleicht sogar schon angefangen hatte. Aber er konnte nicht feststellen, ob er schon etwas vergessen hatte oder noch alles da war und er nach wie vor einfach nur Schwierigkeiten hatte, die Erinnerungen gezielt abzufragen.
Seufzend ließ er sich nach hinten fallen und streckte sich lang auf der Matratze aus. Ihm war langweilig, befand er nachdenken nicht unbedingt als eine sinnvolle Beschäftigung. Früher hatte er Stunden allein sein und nachdenken können, jetzt fielen ihm bereits wenige Minuten schwer. Wobei dies nicht unbedingt am nachdenken lag, konnte er dies nach wie vor für Stunden, aber er mochte nicht allein sein. Sein Blick fiel auf Sasukes Rucksack und augenblicklich fragte er sich, ob sein Bruder nicht vielleicht irgendeine sinnvolle Ablenkung darin hätte.
Aber als er sich den Inhalt näher besah, musste er erstaunt feststellen, dass sein Bruder eher ein Minimalist war. Einige Kleidungsstücke und Schriftrollen dominierten den Inhalt, zog Itachi jedoch ein Buch von ganz unten vor und war mit seinem Fund eigentlich recht zufrieden. Es war ein recht neuwertig aussehendes Bingo-Book eines Konoha-ANBU. Sicherlich hatte Sasuke dies bei einem seiner letzten Zusammentreffen mit einem ANBU mitgehen lassen. Ganz so dumm war dies auch nicht, standen in diesem so einige wichtige Informationen, wen Konoha alles aktuell auf der Suchliste hatte.
Itachi machte es sich wieder auf der Matratze bequem, kuschelte sich in die Decken und schlug das Buch auf. Erstaunt aber auch erleichtert fiel ihm wenigsten das lesen nicht schwer. Aber dies hätte ihn auch verwundert, hatte er auch in seinem alten Leben bereits recht früh lesen gelernt. Mit drei Jahren hatte er schon einfache Kinderbücher selbst lesen können, als er zur Akademie kam, konnte er bereits perfekt lesen und schreiben.
Interessiert blätterte er nun das Bingo-Book durch und blieb hier und da bei dem ein oder anderen Verbrecher hängen. Manche von ihnen kannte er dank Akatsuki persönlich, schüttelte es ihn sogleich. Viele dieser Menschen waren nicht nur Mörder, sondern wahre Schlächter und Vergewaltiger. Einige von ihnen hatten einen Hang zum Exhibitionismus, andere zerstörten ganze Dörfer und hinterließen nichts außer ein wahres Blutbad. Manche von ihnen waren in ihrer Grausamkeit mit nichts zu vergleichen und doch hatten sie alle einen Heiden Respekt gegenüber Itachi gezeigt, fürchteten sie alle den Massenmörder der den legendären Uchiha-Clan ausgelöscht hatte.
Itachi hasste diese Gedanken und damit verbundene Erinnerungen. Es tat ihm weh seine Eltern durch seine Hand sterben zu sehen und es schmerzte ihn noch viel mehr, dass er damals auch Sasuke so sehr wehgetan hatte. Auch schon damals hatten ihn diese Erinnerungen geschmerzt, aber er hatte sie im Griff und hinter seiner eiskalten emotionslosen Maske verschwinden lassen. Nun aber hatte er nicht diesen Schutz und die gesamten grausamen Bilder jagten durch seinen Geist, sah er alles noch einmal wie in einem grausigen Horrorfilm als machtloser und hilfloser Zuschauer.
Hell schien der Mond am Firmament und tauchte die Straße in ein fahles Licht der Nacht… Totenstille… keine Regung von Leben mehr… ausgelöscht in jener Dunkelheit der Intrige… Es war vollbracht!
Ruhig saßen seine Eltern vor ihm, erwartend sie nun auch ihren Tod. „Du bist nun auf ihrer Seite…“, war dies eher eine Feststellung von Fugakus Seite aus, als das er dies seinen Sohn fragte.
„Vater… Mutter… Ich…“, Itachi stockte, fiel es ihm so unsäglich schwer. Sie waren doch seine Eltern…! Wie sollte er dies nur fertig bringen?
„Wir verstehen dich… Itachi!“, sprach Mikoto mit sanfter verständnisvoller Stimme. Es gab für sie kein Zurück mehr. Sie hatten sich für ihren Weg entschieden, so wie ihr Sohn sich nun für seinen Weg entschied. Es zu akzeptieren war nur noch eine Frage, es auch hinzunehmen. Der gesamte Clan war tot… es gab nichts mehr, worum es noch zu kämpfen galt.
„Itachi… verspreche uns eine letzte Sache… pass gut auf Sasuke auf!“, bat Fugaku, sah auch er nun das unvermeidbare kommende auf sich und seine Frau zukommen. Er hatte getan, was er für richtig hielt. Nun zahlte seine Familie den bitteren Preis. Er akzeptierte dies, ahnte in jenem Moment, das er den falschen Weg eingeschlagen hatte. „Verstanden!“, entgegnete Itachi und hob unter Tränen und mit zittriger Hand sein Katana, war nun der Moment gekommen.
„Fürchte dich nicht… dies ist der Weg, den du gewählt hast, nicht wahr…?“, sanft war nun die Stimme seines Vaters und machte es Itachi keines Wegs leichter, das auszuführen, was nun kommen mochte. „Auch wenn unsere Art des Denkens anders war, ich bin stolz auf dich…“
Ungehalten rannen Itachi die Tränen das Gesicht hinab, durchtränkten sein Hemd. Mit zittriger Hand, bebte sein gesamter Körper, beendete er es und starb in jenem Moment selbst…

Zusammengekauert weinend und völlig aufgelöst fand Sasuke seinen kleinen Bruder vor, als er nach erfolgreichem Fischzug und kleinem Jagderfolg zurück zur Hütte kam. „Itachi-san, was ist mit dir?“, stellte Sasuke den vollen Eimer achtlos ab und eilte hinüber zu seinem kleinen Bruder, welcher so aufgelöst weinte, dass er seinen großen Bruder noch gar nicht wahrgenommen hatte. Erst als Sasuke ihn ergriff und hochzog, schreckte er zusammen und sah seinem großen Bruder in die tief roten Augen… seine Augen… waren sie in jenem Moment gleich.
Völlig verwundert und auch erschrocken sah Sasuke in die tief roten Augen seines kleinen Bruders, hatte Itachi nicht nur sein Sharingan aktiv, nein sogar sein Mangekyou Sharingan. Mit zittriger Stimme begann der Kleine Entschuldigungen zu murmeln und weinte ungehalten weiter.
Sasuke verstand überhaupt nicht, was mit seinem Bruder war, weshalb er so verschreckt und aufgelöst war und immer und immer wieder Entschuldigungen murmelte, welche jedoch irgendwie keinen Sinn ergaben. „Itachi-san bitte beruhige dich doch und sag mir, was du hast! Bitte… sag mir, was mit dir ist!“
„Mama… Papa…“, schniefte Itachi und warf sich gegen seinen Bruder, krallte sich förmlich an ihm fest und suchte den beschützenden Halt seines Bruders. Sasuke zog seine Stirn kraus, nahm seine Verwirrung noch mehr zu. „Bilder nicht aufhören…“, vergrub Itachi sein Gesicht in Sasukes Hemd. „Alle tot… alle tot… alle tot…”, allmählich dämmerte Sasuke, was im Moment im Kopf seines kleiner Bruders vor sich ging. Sogleich schlang er beschützend seine Arme um den kleinen zittrigen Leib und drückte ihn fest an sich.
„Ganz ruhig Otouto! Dies ist lang her, sehr lang her… und dich trifft keine Schuld, dies weist du doch! Du trägst keine Schuld, du hast doch nur das Dorf vor einem Krieg bewahren und mich beschützen wollen… dies weist du doch!“, aber auch wenn Itachi dies wusste, ließen ihn die Bilder seiner sterbenden Eltern und Verwandten nicht los. Er sah sie vor sich sitzen, wartend auf den richtenden Schlag, hielt ihr Vater die Hand ihrer Mutter…
Bitterlich weinend schaffte er es nicht die Bilder wieder zu vertreiben und fortzusperren, sah er sie immer und immer wieder und immer mehr erschreckte er über sich selbst und sein handeln, obgleich sein Herz mit seinen Eltern starb. Damals war er innerlich zerbrochen und gestorben, hatte sich selbst aufgegeben und alles zurück und hinter sich gelassen, was er so sehr geliebt hatte.
Zum ersten Mal seit er seinen kleinen großen Bruder zurück hatte, wünschte sich Sasuke, Itachi würde sich doch nicht an sein früheres Leben erinnern oder zumindest nicht an dieses grausame Kapitel seines Lebens. Er wünschte er könnte ihm diese grausamen Bilder nehmen, die ihn im Moment quälten. Sasuke sah sie nun selbst wieder vor sich, als Zuschauer aus der Illusion des Tsukuyomi die Itachi ihm damals aus dem Edo Tensei heraus gezeigt hatte. Schmerzliche Erinnerungen welche er jedoch beherrschen konnte, er war über dies hinweg und hatte seinen eigenen Frieden mit der Vergangenheit geschlossen, hielt er doch einen kleinen Teil seines Friedens in den Armen… und es schmerzte wieder, Itachi so aufgelöst und bitterlich weinen zu sehen, rissen alte längst verheilte Wunden wieder auf… aber er konnte den Schmerz beherrschen, anders als sein kleiner Bruder, welcher vollkommen in den Erinnerungen und den Schmerz gefangen war. So sehr gefangen, das sich sogar sein Sharingan und Mangekyou Sharingan aktivierte.
„Otouto ganz ruhig! Ich bin ja da! Bitte, ganz ruhig! Bitte!“, Sasuke wusste nicht was er machen sollte, außer beruhigen auf seinen kleinen Bruder einzureden und ihn fest an sich gedrückt zu halten. Er konnte Itachi nicht die schrecklichen Bilder nehmen, auch wenn er es sich in jenem Moment so sehr wünschte. Er konnte nichts tun und dies frustrierte ihn sehr.
Wie eine gefühlte Ewigkeit kam es ihm vor, in der er seinen kleinen bitterlich weinenden Bruder fest hielt und beruhigend liebevoll auf ihn einsprach. Letztendlich war es wohl die Erschöpfung, welche die Tränen versiegen ließ und Itachi in Sasukes Armen zusammensackte. Tief und fest schlief der Kleinen nun und dennoch waren seine Händchen noch immer haltsuchend in Sasukes Hemd vergraben.
Behutsam legte Sasuke seinen kleinen Bruder auf der Matratze ab und deckte ihn warm zu. Erst jetzt bemerkte er das Bingo-Book, welches aufgeschlagen neben der Matratze lag. Es war die Seite über Sasuke selbst aufgeschlagen und feuchte Stellen auf dem Papier verrieten, das Itachi wohl auch dies sehr geschmerzt hatte.
Seufzend strich Sasuke über den Kopf seines Bruders. Itachi musste den Schmerz schon immer mit sich getragen haben, hatte ihn jedoch durch sein erwachsenes Ich immer unterdrücken können. Als kleines Kind war ihm diese Selbstkontrolle nicht mehr gegeben und so war es wohl nur eine Frage der Zeit gewesen, wann dies aus ihm herausbrach, fürchtete Sasuke auch, dass dies erst die Spitze des Eisberges war. Es gab noch viele dunkle Erinnerungen und er würde ganz neu lernen müssen, mit dem Schmerz aber auch Wut, Hass, Trauer, Verzweiflung umzugehen und über den Verlust und Erlebtes hinwegzukommen. Doch Sasuke würde ihm dabei helfen, als großer Bruder war dies doch seine Aufgabe. Und er hatte es doch versprochen, ihn zu beschützen und immer für ihn da zu sein. In diesem Zusammenhang fiel ihm auch etwas ein, an was er bislang noch gar nicht gedacht hatte. Ihr Vater hatte Itachi damals gebeten, gut auf seinen kleinen Bruder zu achten. „Vater… Mutter…“, flüsterte er und strich abermals über den Kopf seines Bruders. „Jetzt begreife ich, was geschehen ist. Ich danke euch und ich verspreche, gut für ihn zu sorgen und mit allem zu beschützen, was ich habe!“
Noch vor wenigen Tagen hatte er nur noch sterben wollen, für sich keinen Weg und keine Zukunft mehr gesehen. Sein Wunsch bei seinem großen Bruder zu sein, war in jener Nacht wohl so groß gewesen, dass seine Eltern und auch Itachi dies im Jenseits gehört hatten. Und da es nicht sein sollte, das Sasuke sein Leben einfach aufgab, machten sie sich das tiefe Band der zwei Brüder zu nutzen. Mit dem kleinen Itachi und das Versprechen den Eltern gegenüber, hatte Sasuke wieder einen Lebenssinn. Er würde leben… ihre Söhne würden leben! Für Fugaku und Mikoto war dies das wichtigste im Tode, sollten Sasuke und Itachi nie mehr getrennt sein und durch ihr brüderliches Band auf ewig aneinander gebunden sein.
Leicht schmunzelte Sasuke, war er seinen Eltern für dieses kleine Geschenk mehr als dankbar. Nun aber würde er erst einmal seinen kleinen Bruder schlafen lassen und sich in der gegebenen Zeit der Zubereitung ihres Essens widmen.
Er hatte sieben Fische gefangen, bis er einen Hasen auf der anderen Uferseite entdeckte. Vollkommen unbekümmert hatte der Hase dort im Schnee gescharrt und nach Kräutern und Wurzeln gesucht. Er hatte überhaupt nicht mehr die Chance gehabt, die Gefahr zu erkennen, hatte Sasuke auch schon das Kunai geworfen und ihn erlegt. Aber durch den Hasen hatte er auch einige schmackhafte Knollenwurzeln gefunden. Zusammen mit dem Kaninchenfleisch wollte er daraus eine sämige Suppe kochen, würde diese zusammen mit dem Fisch sie bis zum nächsten Morgen mit genügend Essen versorgen, sodass er nicht mehr hinaus in das Schneetreiben müsste, würde es heute wohl nicht mehr aufhören zu schneien.
Während er den Fisch ausgenommen in die Pfanne legte und für ihr Mittagessen zur Seite stellte, machte er sich nun daran den Hasen zu enthäuten und auszunehmen, um so an das magere Fleisch zu gelangen. Irgendwie war es ihm nun auch ganz recht, das Itachi schlief, während er den Hasen bearbeitete. Wie hätte er wohl darauf reagiert? Sein kindliches Ich wurde immer deutlicher. So entsorgte er das Fell und die unverwertbaren Reste auch sofort, war dies wahrlich kein schöner Anblick für ein Kleinkind.
Als er zurück in die Hütte kam, war Itachi wach, lag aber noch und sah traurig und verloren ins Nichts. „Hey Otouto, alles wieder gut?“, setzte sich Sasuke zu ihm und strich ihm liebevoll durchs Haar. Er mochte Itachis langes Haar, hatte es immer geliebt.
Erst nickte Itachi, schüttelte aber sogleich wieder seinen Kopf. „Na komm her!“, zog Sasuke ihn daher auf seinen Schoß, kuschelte sich Itachi sogleich an die starke Brust und schloss wieder seine Augen. Noch immer jagten Bilderfetzen durch seinen Geist, noch immer fühlte er sich so unsäglich traurig. „Ich bin ja bei dir!“, murmelte Sasuke und strich durch das lange Haar. Noch vor zwei Tagen hätte er niemals geglaubt, noch so viel Liebe in sich zu finden, aber sein kleiner Bruder hatte ein wahres Inferno an Liebe in ihm entfacht und so schmerzte es Sasuke sehr, seinen kleinen Bruder so traurig zu sehen. „Was damals geschehen ist, ist sehr lang her und war in einem anderen Leben… es war für dich ein anderes Leben und auch für mich… bitte, du musst die Vergangenheit hinter dir lassen und nach vorn sehen… Ich weiß, du hast viele Erinnerungen in deinem Kopf die dich traurig machen und die du nicht verstehst. Es ist damals so vieles geschehen, was für ein Kind einfach nicht begreifbar ist.“, damals hatte Sasuke es doch auch noch nicht verstehen können und er war bereits acht Jahre gewesen! Wie sollte es da ein Dreijähriger verstehen und begreifen können?
„’tachi alles kaputt gemacht. Sasu‘-chan böse sein muss auf ‚tachi!“, mit einem betrübten und traurigen Flunsch sah er zu seinem Bruder auf und wurde im nächsten Moment von einer Geste überrascht, welche er so nicht erwartet hatte. Leicht tippt Sasuke seinem kleinen Bruder auf die Stirn und murmelte: „Egal was geschehen ist und noch geschehen wird, ich werde dich immer lieb haben! Und nun sind die bösen Erinnerungen hinfort und du kannst wieder glücklich lächeln!“, völlig perplex sah Itachi auf Sasukes Hand, die noch immer leicht erhoben war. Diese Geste… dieser Satz… Itachi hatte etwas Ähnliches zu Sasuke gesagt, als er sich damals im Edo Tensei auflöste. Sasuke hatte es nicht vergessen und dies freute Itachi sehr. Und in der Tat nahm ihm das Lächeln auch die traurigen Erinnerungen. Zwar waren sie nach wie vor in seinem Kopf, aber sie waren wieder tief in ihm verschlossen und er hatte nicht vor, sie alt zu bald wieder hervorzukramen.
„Danke Nii-chan!“, ließ Itachi seinen Kopf an Sasukes Brust sinken und verharrte dort einen Moment, lauschte dem gleichmäßigen Herzschlag, beruhigte dies allmählich auch ihn. Dann aber war es an der Zeit das Essen weiter zuzubereiten. So half Itachi soweit er konnte beim Putzen der Knollenwurzeln und diese dann kleinzuschneiden.
Und während die Suppe langsam vor sich her köchelte, aßen sie den gebratenen Fisch und überlegten, was sie nun mit ihrer unfreiwilligen Freizeit anfangen sollten. „Sasu‘-chan, kannst du mir mit den Fingerzeichen helfen? Wieder können will! Wieder lernen muss! Bitte Nii-chan!“
„Natürlich helfe ich dir dabei. Du wirst sie schnell lernen, aber vorher möchte ich, dass du mir etwas versprichst! Bitte aktiviere nicht mehr dein Mangekyou Sharingan. Du weißt doch, dass es deinen Augen schadet. Und dies möchte ich nicht. Bitte versprich es!“, leicht nickte Itachi. „’tachi verspricht. Nicht aktivieren wollte, einfach passiert. Aber ‚tachi nicht mehr macht, wirklich versprochen.“, mit diesen Worten setzten sie sich auf die Futon-Matratze und Sasuke half seinem Bruder die einzelnen Fingerzeichen korrekt zu formen. Erst noch mit Hilfestellung, aber bald ging es auch so, war Itachi glücklich darüber und Sasuke sehr stolz auf ihn…

Author’s Notes:

Knollenwurzeln sind so etwas Ähnliches wie Karotten nur wesentlich Stärkehaltiger, also rein vom Geschmack her ist sie mit Kohlrabi zu vergleichen. Als Kulturpflanze gibt es sie meines Wissens nach nicht, meine Oma hat sie immer im Spätherbst und Frühwinter im Wald gesammelt. Ich kenne dieses Gemüse nur unter dem Namen Knollenwurzel, es kann natürlich sein, dass sie in anderen Regionen anders benannt wird.

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