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Jan 13 2011

IceBluemchen

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09. Die königliche Wache

An diesem Abend verzichtete ich auf das Abendessen. Ich verabschiedete mich bei Legolas, mit der Ausrede vom Ausritt müde zu sein. Es war besser Jolan heute nicht mehr zu sehen und zu sprechen. Ich hatte noch einen Apfel, der mir als Abendessen reichen musste und nachdem ich diesen gegessen hatte, legte ich mich schlafen. Aber kaum lag ich, klopfte es an meiner Tür und mein Vater bat um einlas.
„Ohh, hast du schon geschlafen?“ Sprach er erstaunt und wollte sogleich wieder gehen, doch ich hielt ihn zurück.
„Nein, ich habe mich grad erst hingelegt. Was gibt es Vater?“ Ich setzte mich auf und mein Vater kam nun zu mir und setzte sich auf die Bettkante.
„Darf ein Vater seine Tochter nicht mehr ohne Grund sehen?“ Fragte er mich: „Ich habe dich heute beim Abendessen vermisst und mich interessiert es, wie dein Tag mit Legolas war!“
„Ich hatte keinen Hunger und der Tag war sehr schön, aber auch anstrengend. Die Elbensiedlung ist Atemberaubend.“ Ich strahlte ihn mit einem begeisterten Blick an. Meine Gedanken schwirrten um die Elbensiedlung und ließen mich erstrahlen.
„Das freut mich, das dir der Tag so gut gefallen hat und du die Siedlung schön findest. Es ist wirklich ein bezaubernder Ort, an dem man sein Herz verlieren kann!“ Das Letzte betonte Vater sehr merkwürdig. Sein Herz verlieren kann?! Meinte er wirklich die Elbensiedlung oder war er auf etwas ganz anderes aus?
„Ahh, na ja mein Herz möchte ich noch nicht verschenken. Dazu habe ich noch zu wenig gesehen. Du weist, das der erste Eindruck auch täuschen kann!“ Antwortete ich und war auf seine Antwort gespannt.
„Da hast du recht. Ein Guter kann zu einem Schlechten werden und ein Schlechter zu einem Guten!“ Er war eindeutig nicht auf die Elbensiedlung aus! Er wollte wissen wie ich zu Legolas stand. Das war typisch Vater. Nie direkt sagen, was er wirklich wissen wollte. Es lag in seiner Natur, alles durch die Blume zu erfragen. So hatte er schon so manches Geheimnis aus mir heraus bekommen. Aber mittlerweile kannte ich diese Art und ging auf sein Spiel ein, denn hier war nicht nur Legolas gemeint, sondern auch Jolan!
„Es ist aber schwer, einen Schlechten Eindruck in einen Guten zu wandeln, besonders wenn der Schlechte Eindruck auch noch in seiner Hässlichkeit nachlegt!“ Was Jolan heute getan hatte, war unentschuldbar. Er tat Legolas absichtlich weh, nur um einen Kuss zu erpressen.
„Manchmal missverstehen wir aber auch Dinge, besonders wenn sie uns Fremd sind!“
Nein das war unmissverständlich!
„Kann schon sein, aber manches ist nicht missverständlich, sondern einfach eine unwiderlegbare Tatsache!“ Ich wurde langsam sauer. Warum verteidigte Vater Jolan nur?
„Minuil, ich möchte nur nicht, das du dir zu voreilig ein Urteil bildest. Ein Urteil, das du eventuell später bitter bereust!“
„Werd ich schon nicht!“ Antwortet ich patzig und gab Vater damit zu verstehen, das dieses Thema für mich durch war. Er seufzte, wechselte dann aber das Thema.
„Mir ist auch zu Ohren gekommen, das Legolas dir ein Geschenk gemacht hat! Mir gefällt das nicht! Ich weis er mag dich, aber Dolche sind kein angemessenes Geschenk!“ Er hatte einen väterlichen beschützenden Ton in seiner Stimme und seine Mine war ernst.
„Er schenkte sie mir zum Schutz. Er meinte, es wäre leichtsinnig ohne Waffen im Düsterwald zu sein.“ Entgegnete ich.
„Nagut, da hat er schon recht, aber dennoch…“ Ich hob die Hand zu einem ‚Halt, Stop, nicht weiter!’ und unterbrach Vater mitten in seinem Satz.
„Dennoch? Nein Vater! Er hat sie mir geschenkt und ich habe sie dankbar angenommen. Sie gefallen mir und sie passen zu mir.“ Sie waren wie für mich gemacht. Ich würde sie nie mehr hergeben.
„Dennoch hätte er dir etwas damenhaftest schenken können!“ Dies erstaunte mich nun. Sicherlich hatte er schon mit dem Gedanken gespielt, sie mir abzunehmen. Aber das nun?
„Hat er auch!“ Antwortet ich erstaunt. „Er hat mir ein wunderschönes Kleid geschenkt und eine Kette und eine Haarspange.“ Bei dem Gedanken an das schöne Kleid und den Schmuck musste ich schmunzeln und meine Augen begannen zu leuchten.
„Ohh! Kann ich das Kleid sehen?“ Fragte mich Vater erstaunt. Damit hatte er nicht gerechnet. Er hatte also nur von den Dolchen gehört. Sicherlich von Jolan, der Petze. Von dem Kleid und dem Schmuck wusste ja nur Legolas, also von ihm konnte Vater es also nicht haben.
„Ich bekomme es erst morgen Abend. Aber ich wollte es auf der Hochzeit tragen, also wirst du es da dann sehen!“ Vater lächelte. Dann veränderte sich sein Ausdruck zu einer ernsten Mine.
„Minuil, kannst du mir noch etwas versprechen?“ Fragte er mich ernst. Ich war unsicher, aber ich konnte ihm schlecht dies verwehren. Es würde nur Schwierigkeiten heraufbeschwören.
„Ja natürlich!“
„Wenn du Jolan morgen wieder eine Ohrfeige gibst, nimm bitte die andere Seite… Dann sind sie wenigsten gleich rot!“ Er sagte dies mit einer Ernsthaftigkeit, die gar nicht zu dem passte, was er da gerade sagte. Verwirrt schaute ich Vater an und musste loslachen. Vaters Fassade bröckelte und dann prustete auch er los. „Einverstanden, versprochen!“ Brachte ich irgendwie lachend hervor. Ich hatte Jolan vor Augen mit einer dicken roten Wange, was mir nun einen waren Lachkrampf bescherte.
Noch eine ganze weile lachten wir, dann meinte Vater aber wieder ernst, das ich Jolan nicht mehr so provozieren sollte. Ich versprach mein bestes zu geben. Aber sagte ihm auch, das wenn Jolan mich provozierte, ich angemessen reagieren würde. Vater lächelte nur kurz auf. Er wusste was ich damit meinte. Er kannte mich sehr gut und wusste, das ich mir nichts gefallen lies.

Am nächsten Morgen wurde ich von einem Klopfen an meiner Tür geweckt. Es war Legolas! Schnell sprang ich aus meinem Bett und warf mir meinen Morgenmantel um, bevor ich ihm die Tür öffnete.
„Guten Morgen!“ Begrüßte er mich und trat ein.
„Ähm, Guten Morgen!“ Begrüßte ich ihn ebenfalls und zupfte verlegen an meinem Morgenmantel rum.
„Ich wollte dich zu unserem Ausflug abholen. Aber wie ich sehen, bin ich etwas zu früh dran!“ Er musterte mich und sein Blick schweifte über meinen Morgenmantel und wieder hoch zu meinem zerzaustem Haar.
„Ich wollte gerade aufstehen, als du kamst!“ Das war zwar gelogen, denn ohne ihn, hätte ich jetzt immer noch tief und fest geschlafen, aber das musste er ja nicht wissen.
„Ich mach mich schnell fertig!“ Sprach ich, drehte mich um und eilte zum Kleiderschrank. Im Gehen lies ich meinen Morgenmantel fallen und stand nun nur noch in meinem kurzen Nachthemd vor meinem Schrank und suchte mir passende Sachen für den Tag heraus. Eine lange bis fast zu den Knien reichende Tunika und eine Reithose, waren aus meiner Sicht das idealste, denn darunter war es kein Problem, meine Badesachen zu tragen. Ich zog mein Nachthemd aus und schlüpfte schnell in meine Sache. Als ich fertig war, drehte ich mich um und wollte zu der Kommode gehen, auf der meine Haarbürste lag, doch ich blieb wie erstart stehen. Ich hatte Legolas ganz vergessen. Er stand mit dem Rücken zu mir und schaute aus dem Fenster. Wie viel er wohl gesehen hatte, schwirrte es durch meinen Kopf und ich lief knall rot an. Ich biss mir auf die Unterlippe und versuchte diesen Gedanken zu verdrängen, das er mich womöglich nackt gesehen hatte. Aber er stand ja nun mit dem Rücken zu mir, also wird er sich wohl rechtzeitig umgedreht haben… Hoffentlich? Schnell ging ich zur Kommode, ergriff meine Bürste und bändigte mein Haar, ohne weiter daran zu denken. Nachdem ich mir einen Zopf geflochten hatte, wand ich mich wieder Legolas zu. „Ich bin fertig!“ Verkündete ich und versuchte mir nichts anmerken zu lassen, doch ich war immer noch leicht errötet.
„Gut, dann sollten wir gehen!“ Er drehte sich zu mir um und reichte mir seine Hand. Aus seinem Gesicht konnte ich nicht erkennen, ob er etwas gesehen hatte oder nicht. Ich ergriff seine Hand und gemeinsam verließen wir mein Zimmer. Wir gingen jedoch nicht zum großen Saal zum Frühstück, sondern Legolas steuerte direkt das Arbeitszimmer seines Vaters an. „Was wollen wir denn bei deinem Vater?“ Fragte ich ihn. Mein Magen knurrte und schnell hielt ich meine Hand auf meinen Bauch. Hoffentlich hatte er das nicht gehört. „Vater hat mir noch keine Wache zugeteilt. Er hat es wohl in dem ganzen Hochzeitswirrwarr vergessen. Ich will ihn nur schnell daran erinnern und dann gehen wir Frühstücken!“ Er hatte es also doch gehört.
Legolas trat ohne anzuklopfen in das Arbeitszimmer seines Vaters ein, anscheinend brauchte er das als Prinz nicht. Thranduil saß an seinem Schreibtisch und grübelte über Papiere. Als ich die Tür schloss, erhob er nur kurz seinen Kopf und bedeutete seinem Sohn kurz zu warten. Er lass das Papier zu ende und wir setzten uns solange auf ein Sofa, das an einem riesigen Fenster stand, wo die morgendliche Sonne den Raum erhellte. Als er das Papier fertig gelesen hatte, legte er es auf einen kleinen Stapel anderer Papiere und wand sich uns zu. „Guten Morgen Vater!“ Begrüßte Legolas ihn und auch ich begrüßte ihn.
„Guten Morgen Kinder. Was führt euch zu so früher Stunde zu mir?“ Er hatte unseren Ausflug an den Fluss tatsächlich vergessen und nun erinnerte ihn Legolas daran. Er bat um 4 Wachen. Thranduil stimmte zum, meinte dann aber, das er lieber 5 Wachen mitschicken würde. Legolas war es recht und so gingen wir endlich Frühstücken. Es war das erste Frühstück das ich mit Legolas verbrachte. Wir waren fast alleine im großen Saal. Die meisten Hochzeitsgäste schliefen noch und die wenigen die noch mit uns im großen Saal waren, waren alles Elben.
Nach dem Frühstück holten wir unsere Sachen und Legolas organisierte noch ein Esspaket. Wir verabredeten uns am Haupteingang und wollten dann gemeinsam zum Stall gehen. Als ich an den Haupteingang kam, warteten dort 5 Elben. Es waren Jolan und die königliche Wache. Als ich sie erkannt hatte, blieb ich stehen und überlegte, wohin ich verschwinden konnte. Aber Jolan hatte mich schon entdeckt und heran gewunken. Ich atmete tief durch und ging langsam zu ihnen. Sie hatten alle ihre Waffen dabei, Bögen und Schwerter, und Tolan und Lanu hatten noch je einen Rucksack vor sich zu stehen.
„Guten Morgen Minuil!“ Begrüßte mich Jolan freundlich. Seine Wange war normal gefärbt und auch nicht angeschwollen. Schade, dachte ich. Wie selbstverständlich, als hätte es den gestrigen Vorfall nicht gegeben, hauchte er einen Kuss auf meine Hand, die darauf wieder anfing zu kribbeln. „Guten Morgen!“ Begrüßte auch ich ihn und wand mich dann an die anderen Vier und begrüßte sie ebenfalls. Während Lanu, Tolan und Mereen mir nur kurz zu winkten und gemeinschaftlich ein „Guten Morgen!“ wünschten, begrüßte Elias mich förmlich. Auch er hauchte mir einen Kuss auf die Hand, aber diesmal kribbelte es nicht. Das viel mir zum ersten Mal auf, das ich dieses merkwürdige kribbeln nur bei Legolas und Jolan bekam. Mysteriös, aber jetzt deutlich der falsche Zeitpunkt darüber nachzudenken.
„Sieht so aus, als wolltet ihr einen Ausflug machen!“ Stellte ich fest.
„Ja, an den Fluss!“ Antwortete mir Jolan und grinste. Oh Nein, sie waren unsere Wache die Thranduil für uns bereitstellte. Na das würde lustig werden. Hoffentlich würde sich Jolan zusammen reizen, sonst wäre ich am Ende vielleicht noch gezwungen, ihn zu ersäufen.
Als Legolas wenige Minuten später kam, war er genauso erstaunt wie ich über unsere Wache. „Vater will Elias so weit wie möglich weg von den Hochzeitsvorbereitungen wissen.“ Erklärte Jolan. „Sie bauen heute alles auf und er will keinen aufgeregten Bräutigam hier haben, der allen im Wege steht. Es reicht schon, das Arie alle verrückt macht. Also sollen wir Elias ablenken!“ Jolan schlug Elias auf die Schulter und grinste ihn an. Elias gefiel es gar nicht, das Thranduil ihn wegschickte. Es war seine Hochzeit und er wollte bei den Vorbereitungen dabei sein, aber genau das wollte Thranduil nicht.
Gemeinsam gingen wir zum Stall und holten unsere Pferde. Dann brachen wir zum Fluss auf. Auf dem Weg dort hin, ritt Legolas neben mir. Vor uns ritten Elias, Lanu und Jolan und hinter uns Tolan und Mereen. Wir lachten viel, den Tolan erzählte mir einige lustige Geschichten über die Dummheiten die sie schon alles verbrochen hatten. Es überraschte mich sehr, aber die Sechs Männer waren eine eingespielte Truppe, die schon einiges erlebt hatten. Mereen erklärte mir, wie der Zirkel der königlichen Wache aufgebaut war. Ihr Befehlsgeber war König Thranduil, gefolgt von Jolan als Kronprinz und dann Elias als ihr Hauptmann. Mereen selbst nahm eine Sonderstellung ein, da er der königliche Heiler war. Wenn er etwas Anordnete, was zum Wohle eines Verletzten war, dann waren seine Anweisungen gleichwertig mit denen von Elias. Sonst war er genauso wie Tolan ein einfacher Kämpfer. Lanu war noch Schüler und Elias war sein Ausbilder. Auch Legolas gehörten der königlichen Wache an. Als Prinz vom Düsterwald war dies automatisch so. Während Jolan von der Befehlskraft über Elias stand, war Legolas unter Elias. Legolas war Jolan sein Schüler und als Schüler war er nicht mehr als ein einfacher Kämpfer. Mich störte dies etwas, aber so war es schon immer gewesen. Als Jolan noch Elias Schüler war, war auch er nur ein einfacher Kämpfer gewesen und musste sich den Befehlen seines Lehrmeisters und Hauptmannes beugen. Wenn Legolas seine Ausbildung abgeschlossen hatte, würde er aber weiterhin unter Elias stehen, wobei er als Prinz eh eine Sonderstellung einnahm, denn die königliche Familie war ein Primärziel der königlichen Wache. Die Prinzen gehörten der Wache vor allem daher an, weil es so leichter war, auf sie zu achten. Schließlich macht ein Gefährte weniger Schwierigkeiten, als ein verwöhnter Prinz. Durch ihre Ausbildung zur Wache lernten die Prinzen mit ihrer Stellung und Verantwortung umzugehen. Die königliche Wache waren die Elite der Kämpfer. Thranduil setzte sie oft auf Spezialaufträge an und gab ihnen große Freiheiten und Vollmachten.
„Und wann ist deine Ausbildung abgeschlossen?“ Fragte ich Legolas.
„Das dauert noch ein paar Jahre!“ Antwortete er mir. Jolan hatte unsere Unterhaltung mitverfolgt und schloss zu uns auf.
„Mein kleiner Bruder ist bereits in vielen sehr gut, aber es fehlen noch die Prüfungen!“ Erklärte er und lächelte uns an.
„Was für Prüfungen?“ Fragte ich neugierig.
„Die Prüfungen zum Meister im Kampf. Die normalen Prüfungen zum Kampf hat er bereits bestanden.“ Erklärte mir Jolan.
„Wie laufen diese Prüfungen ab?“ Ich fand das alles sehr interessant und spannend.
„Die Prüfungen sind eine Art Turnier. Ich musste damals gegen mehrere ausgewählte Kämpfer antreten. Dabei ist das Gewinnen nicht unbedingt erforderlich. Wichtiger ist, wie man sich schlägt. Bei den Meisterprüfungen wird es genauso sein. Ich erinnere mich noch an meine Prüfung ohne Waffen und mit den Schwertern. Da musste ich beide male gegen Tolan ran. Gegen Tolan hat keiner eine Chance. Wenn er dich trifft, ist das als würde dich eine Horde Orks umhauen.“ Erzählte mir Legolas.
„Ja, aber kämpfe mal gegen so einen Winzling!“ Beschwerte sich sogleich Tolan. „Legolas ist so klein und zierlich, er ist andauernd unter mir durchgeschlüpft und hat sich hinter mir versteckt!“ Ich musste grinsen, als ich mir diese Szene vorstellte. Auch wenn Legolas auf mich nicht zierlich wirkte, war er tatsächlich kleiner als die anderen.
„Stimmt, Legolas war der Erste, der dich ganz schön ins schwitzen brachte.“ Grinste Jolan.
„Aber ich hab ihn erwischt!“ Prahlte Tolan und klopfte sich stolz auf die Brust.

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