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Mai 25 2012

IceBluemchen

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64. Blackbeard trifft ein

Erst hatte Ace nicht verstanden, weshalb Marco ihm einen Firebird zusandte, anstelle ihm per Teleschnecke über ihren Verlauf ihres Teils des Plans zu informieren. Nun jedoch hatte er eine Antwort auf das „Warum?“.
„Jozu verdammt, warum hast du ihn nicht aufgehalten? Es ist doch noch Zeit!“, sprach Ace aufgebracht in die kleine Teleschnecke, die jedoch sogleich ein betrübtes Gesicht zog und leicht ihr Köpfchen schüttelte. „Nein Ace, es bleibt keine Zeit mehr!“, leicht seufzte Jozu. „Die Stromkontrolle war verbarrikadiert wie eine Festung. Uns wurde sofort klar, weshalb die Fischmenschen dies allein nicht bewältigen konnten. Wie auch? Marco und ich zweifelten sofort, das selbst wir dies rechtzeitig bewältigt bekämen. Wir haben zusammen mit den Fischmenschen getan, was wir konnten! Aber am Ende trieb die Verzweiflung die Belagerten zu einer großen Dummheit. Sie haben die Kontrollsteuerung zerstört. Es ist derzeit von der Zentrale nichts zu steuern und die Techniker sind mehr damit beschäftigt, die Ströme aufrecht zu erhalten, als das sie sich um das Kontrollzentrum kümmern können.“, erneut seufzte der Hüne, konnte Ace deutlich die Sorge Jozus im Gesicht der kleinen Teleschnecke ablesen. „Marco meinte, er muss tun, was getan werden muss. Ich wollte ihn ja aufhalten, aber es ist Marco… In solchen Fällen hört er auf niemanden mehr und vertraut auf seine innere Stärke.“
Für Ace bedeutete dies, Marco vertraute einmal mehr auf seine Teufelskraft und das der Phönix ihn schon vor dem schlimmsten bewahren würde. Aber wie sollte der Phönix dies bewerkstelligen, wenn er machtlos gefangen auf dem Meeresboden ruhte? Ace konnte sich kaum vorstellen, das Marco dies nicht berücksichtig hatte. Und dennoch fragte Ace sich, was sein Vize sich hier im Moment eigentlich dachte und sich aufopferungsvoll für ein ganzes Volk und seiner Familie in den Tod stürzte. „Verdammt Marco, warum musst du immer den selbstmörderischen Helden spielen!?“
Aber Jozus Worte ließen Ace Gedanken auch auf ihr derzeit wohl größtes Problem richten. Wie nah war Blackbeard bereits? „Steuermann, hart Backbord!“, gab er den Befehl das Schiff zu wenden und sie vor der Schleuse in Position zu bringen.
„Namur, ich will das du dich zur Schleuse begibst und dich davor positionierst. Wenn die Notschleusung in Kraft tritt, musst du sehen, das du Marco gepackt bekommst!“
„Aber Ace… Käpt’n…“, Namur war nicht der Typ von Kommandant, der einen Befehl seines Kapitäns in Frage stellte, jedoch bei diesem Befehl gab es einen kleinen Hacken. Die Kräfte die bei einer Notschleusung wirkten, waren einfach unvorstellbar. Sich so einfach einmal vor der Schleuse positionieren und jemanden aus dem herausgedrückten Strom zu greifen, war schier undenkbar. Jedoch Ace ernstes und auch besorgtes Gesicht ließ die aufkeimende Widerrede ersterben. „Aye Käpt’n, ich werde mein möglichsten tun!“
„Mehr verlang ich auch nicht!“, murmelte Ace mehr zu sich selbst, aber Namur hatte es gehört und nickte leicht lächelnd, wenn auch betrübt. Niemand von ihnen wollte Marco verlieren und ganz besonders Ace nicht. So viel hatte der junge Kapitän seinem Vize zu verdanken. Marco nannte Ace neckend seinen kleinen Bruder, aber es war auch ernst gemeint. Ace brauchte einen großen Bruder der auf ihn achtete und Marco nahm diese Aufgabe mehr als ernst. Oft schützte er Ace vor sich selbst und seine hitzköpfigen Ideen. Durch Marco war er erwachsen und verantwortungsbewusst geworden, obgleich Ace in mancher Hinsicht schon ein starkes Verantwortungsgefühl besaß. Im Grunde hatte Marco das vollendet, was Whitebeard vor Jahren bei dem Jungen begonnen hatte. Er hatte aus ihm einen waschechten Piratenkapitän und Kaiser gemacht.
Konzentriert seinen Blick auf die gewaltige Schleuse gerichtet, war die Oro Jackson für den schlimmsten Fall der Fälle bereits, wenn Marco scheiterte und die Notschleusung versagte. Jedoch bezweifelte Ace es stark, das Marco scheitern würde… nicht Marco!

Einige Momente zuvor…

Im schnellen Flug jagte Marco Richtung Schleuse, seine Gedanken starr auf seine Aufgabe gerichtet, durfte er sich jetzt nicht ablenken lassen. Er hatte sich von Anfang an nicht an den Erfolg ihres ursprünglichen Plans gebunden. Die Fischmenschen waren kein wehrloses Volk, die so abhängig von der Hilfe Verbündeter waren. Er ahnte das dieses Kontrollzentrum eine Festung sein müsste und deren Besatzer diese nicht kampflos aufgeben würden. So hatte er die gesamte Zeit bereits an dem Alternativplan gefeilt und war sich dennoch nicht sicher, ob dieser auch wirklich so zu einhundert Prozent funktionieren würde. Aber an einen Misserfolg wollte und durfte er jetzt nicht denken. Er musste es einfach schaffen und sein Plan funktionieren… auch wenn er bereits wusste, das Ace ihm die Phönixohren gewaltig lang ziehen würde!
Er hatte die Schleuse und die kleine Wartungstür erreicht. Nun war es soweit, kein zurück mehr. Eng war der Wartungsschacht und er fragte sich, welcher Fischmensch diesen eigentlich benutzte. Er kannte nur große und bullige Fischmenschen, keiner von diesen würde auch nur ansatzweise hier hindurchpassen. Aber unter den Technikern der Stromkontrolle hatte er einige Winzlinge gesehen. Sie würde sich bestimmt hier hindurchquetschen können, so wie er sich nun durch die stickige Enge kämpfte und die Drucklufttür zum Schleuseninneren erreichte.
Dann hieß es warten. Noch konnte er nicht die Schleuse selbst betreten, war sie geflutet und wartete auf den nächsten Besucher der Insel. Erst wenn Blackbeard mit seinem Schiff in die Schleuse eingefahren und der Schleusvorgang begonnen hatte, konnte er hinein und es zuende bringen.
Warten! Eine Lästigkeit die Marco hinnahm und versuchte seine Gedanken alleinig auf seine Aufgabe zu konzentrieren. Und doch gelang es ihm nicht ganz, wanderten seine Gedanken unweigerlich zu Ace und dem Anpfiff, der ihm garantiert war. „Flieg mein kleiner Freund und sag meinem kleinen Bruder, das es mir leid tut!“, schickte er seinen kleinen Firebird mit einer vielleicht letzten Botschaft los. „Ace vergib mir. Aber manchmal läuft das Leben auf eine einzige irrwitzige Entscheidung hinaus, die über Leben und Tod entscheidet. Ich habe keine andere Wahl, niemand anderes kann dies schaffen… Es wird schon gut gehen.“
Ein dumpfes Grollen und mechanisches klackern verriet ihm, das es soweit war. Die äußeren Schleusentore schlossen sich. Bald begannen die Pumpen das Wasser aus der Kammer zu leiten, öffnete Marco nun die Drucklufttür, die ins innere der Schleuse führte. Vorsichtig und leise versuchte er ungesehen zu dem ersten Sicherungsbolzen zu gelangen, immer ein wachsamer Blick auf das gewaltige Schiff gerichtet, welches sich Blackbeard ergaunert hatte. Niemand von der Crew war auf Deck auszumachen, aber dies hatte nichts zu bedeuten. Nicht jeder befand den Schleusenvorgang für so spannend, diesen komplett auf Deck bestaunen zu müssen. Es würde für sie erst notwendig werden, wenn der Schleusvorgang fast abgeschlossen war und es ans neuerliche Segelhissen ging, um das Schiff auf den Hafenströmungen aus der Schleuse zu bringen.
Schnell huschte er über den schmalen Steg der zu den Haltebolzen des rechten Schleusentores gehörten. „Der Rote!“, murmelte Marco, als sein Blick über die Reihe der Haltebolzen schweifte. Rot, dies hatte ihm einer der Techniker gesagt. „Verdammt, ausgerechnet der Unterste. Welcher Konstrukteur kam den auf die Schnapsidee, den Haltebolzen für die Notschleusung so beschissen auszurichten.“, er musste sich auf den Steg legen und angestrengt nach unten hangeln, um diesen wenigsten mit den Fingerspitzen berühren zu können. Leicht schob er sich vom Steg und hing dort mehr schlecht als recht. Mühevoll umschloss er den Bolzen und versuchte ihn zu lockern. Fehlanzeige! Also auf die gewaltsame Tour. Er zog sich wieder hoch und versuchte nun den Bolzen mit seinen Füßen zu erreichen. Kraftvoll trat er auf den Bolzen, knirschte dieser verdächtig und sackte ein wenig ab. Einige weitere Tritte genügten und er viel krachend und polternd in die Tiefe und versank in die schwindenden Fluten.
Kaum hatte der Bolzen das Wasser in einem tosenden Platsch durchschlagen, ertönte ein Ohrenbetäubender Alarm. „Verdammt! Dies haben sie aber verschwiegen!“, fluchte Marco sogleich los und zog sich hoch auf den Steg. Er musste auf die andere Seite und dies zügig, war er wohl nicht mehr unentdeckt. Zumindest tat sich jetzt etwas auf Blackbeards Schiff, wäre es auch merkwürdig gewesen, wenn sie nicht auf diesen ohrenbetäubenden Alarm reagieren würden.
„Was zur Hölle ist dies?“, blaffte es über das Deck von Blackbeards Schiff. „Ich habe keine Ahnung!“, kam die ehrliche Antwort von Raffit. Sie hatten alle absolut keine Ahnung, was hier gerade vor sich ging.
Marco versuchte dies auszublenden und rannte was das Zeug hielt. „Dort oben!“, war er jedoch aufgeflogen, schossen auch schon erste Kugeln auf ihn zu. „Ach lasst den Müll!“, blaffte Blackbeard jedoch. „Bei ihm nützt dies absolut nichts!“
Sich wegduckend erreichte Marco die linke Seite der Schleuse und machte sich daran, auch hier den Sicherungsbolzen mit einigen ordentlichen Tritten zu lösen. „Na warte du Vogel…“, brubbelte Blackbeard angesäuert, das er ausgerechnet bereits auf der Fischmenscheninsel auf die Whitebeard-Piratenbande treffen musste und diese wohl gerade alles daran setzten, ihn hier schleunigst wieder los zu werden. Zumindest wertete er den schrillen Alarm demnach, war auch der Schleusvorgang unterbrochen worden.
„Hey du Papagei, lass dies!“, brüllte er Marco an und konzentrierte sich auf seine Hände. Es fiel im schwer seine dunkle Teufelskraft abzurufen und gleichsam die gestohlene Kraft von Whitebeard in sich zu bewahren. Dunkle Materie sammelte sich um seinen Händen, formte er seinen schwarzen Sog, den er nun gegen Marco richtete.
Marco spürte wie etwas an ihm zog und zehrte. Er konnte die Kälte der dunklen Materie spüren, so wie Ace es ihm beschrieben hatte. Eiskalt und unberechenbar kraftvoll. Nein, er durfte jetzt nicht aufgeben, nicht so kurz vor dem Ziel. Nur noch dieser Bolzen… nur noch wenige Tritte…
Er rutschte ab und wurde vom Steg gezogen. Aufschreiend vor Schmerz, zerriss es ihn die Knochen in den Beinen, welche von der dunklen Materie erfast worden waren. „Nein du Bastart!“, gab Marco nicht auf und klammerte sich an den Sicherungsbolzen. „Du Federvieh lass los und ergib dich deinem Schicksal!“, wetterte Blackbeard, das Marco nicht so einfach das Feld räumen wollte.
So hatte Marco sich diese Aktion zwar nicht vorgestellt, aber auch so würde es funktionieren. Nur was dann kam… er hatte keine Zeit mehr darüber nachzudenken…
Der schwarze Sog hatte ihn fast vollständig erfasst und riss ihn in die Tiefe, aber nicht ohne dabei den Sicherungsbolzen mitzureißen und damit den Notschleusungsvorgang auszulösen.

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