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Feb 21 2012

IceBluemchen

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26. Die praktische Prüfung (Teil 2)

Steifgefroren erwachte Ace mitten in der Nacht. Ein eisiger Wind fegte durch den Dschungel und hatte jegliche tropische Wärme davon geweht. Was blieb war eine glitschige Schicht aus Reif an den Bäumen, die diese bizarr im hellen Mondschein glitzern ließen.
„Himmel, ist das Kalt geworden!“, fluchte Ace und schlang seine Decke enger um sich. Aber es half nicht im geringsten, hatte die Kälte ihn bereits vollkommen durchdrungen und jeglicher Wärme beraubt.
Fluchend über diesen Umstand, blieb ihm keine andere Wahl. Heiße Flammen loderten auf und hüllten ihn in wohlige Wärme. Sofort löste sich der Reif in seiner Nähe auf und tropfte in kleinen Rinnsalen an den Blättern hinab.
Aufgewärmt, zog er sein Feuer zurück und löschte auch die wenigen Äste, die von den Flammen angesenkt wurden. Sein Blick wanderte hinauf zum Sternenbedeckten Himmel, schien auf dem ersten Blick alles okay mit dem Wetter zu sein. Aber verräterische Wolken am Horizont, die wie bedrohliche schwarze Schatten langsam auf die kleine Insel zurollten, trübten den Eindruck erheblich.
„Herrlich, sieht so aus, als käme ein Sturm auf uns zugerollt!“, stöhnte er verärgert auf, da damit die Nacht beendet war. Seiner Einschätzung nach, würde der Sturm zu Tagesanbruch sie erreichen, was ihm noch gut vier Stunden Zeit bescherte, eh es mehr als ungemütlich werden würde.
Müde seufzte er und sprang vom Baum. Obwohl er hundemüde war, war jetzt nicht mehr die Zeit zu schlafen. Es galt den Rest des Weges zu bewältigen und damit sich in Sicherheit vor einer unbekannten Naturgewalt zu bringen.
Ein kurzer Blick auf seine Karte verriet ihm, das sein Vorhaben mehr als knapp werden würde. Er rechnete für die Reststrecke gute drei Stunden ein und dies ohne mögliche Probleme.
Mies gelaunt stapfte er los. „Nachtwanderung um eiskalten Busch… herrlich!“, grummelte er und kletterte über eine Wurzel die aufgrund des Reifes silbrig erstrahlte. Zwar das Licht des Mondes ihm eine Hilfe, aber die Kälte eher sein größter Feind. Der Weg war teils halb gefroren und immer wieder rutschte er weg.
Zudem kroch ihm allmählich wieder die Kälte in die Glieder, sodass er sich ab und an mit Hilfe seiner Flammen aufwärmen musste. Nur zerrte dies wieder an seinen Kräften, knurrte sein Magen protestierend auf und seine Augen wollten auch lieber zufallen, als auf zu bleiben.
Dennoch mahnte er sich zur Konzentration und Eile. Bald würde er den Fluss erreichen, den es zu überwinden galt, auch wenn es noch keine rechte Idee hatte, wie er dies bewerkstelligen sollte. Er wollte auch noch nicht darüber nachdenken und sich erst darüber den Kopf zerbrechen, wenn er sich diesem Problem direkt konfrontiert sah.
So brach er weiter durch das Unterholz des gefrierenden Dschungels und kletterte über Wurzeln und Felsen. Schnell kam er dennoch nicht voran, war es trotz hellem Mondschein einfach zu dunkel.
Rauschen drang durch das Gewirr aus Bäumen, Büschen und Lianen, war am Fluss angekommen und hatte es sich doch gedacht. Schnell floss der Strom eisigen Wassers durch das zerklüftete Flussbett und brach sich an herausragenden Felsen.
Sechs oder sieben Meter breit schätzte Ace den reißenden Strom und sah sich nach einer Art Brücke um. Einige Minuten lief er in eine wahllos erachtete Richtung, aber nichts was auch nur annähernd an eine Brücke erinnerte, begegnete er. Das einzigste was halbwegs als Übergang in Frage kam, waren viel größere Felsen, die teil Steil aber teils auch Flach aus dem Wasser ragten.
„Charon, ich hoffe du hast noch keinen Platz in deinem Boot für mich reserviert!“, sprach er sich selbst Mut zu und trat dichter ans Ufer heran, um seinen genauen Absprungpunkt abzuschätzen.
Mit fünf größeren Sätzen wollte er den Fluss überqueren und dies möglichst ohne dabei zu ertrinken. So atmete er noch einmal tief durch und setzte zu einem kleinen Anlauf an.
In einem hohen Bogen sprang er auf den ersten Fels zu und landete Zielsicher darauf. Glitschig war dieser und bereitete ihm alle Mühe sich daran festzuhalten. Aber er wollte keine Zeit verlieren und schon gar nicht darüber nachdenken, was alles geschehen könnte, wenn er von diesem oder einen der anderen Felsen abrutschen würde.
Sogleich machte er sich für den nächsten Sprung bereit und stieß sich kraftvoll ab. Flach war der Fels, auf dem er landete und in jenem Augenblick von Wasser überspült wurde. Wie ein Stich eines Dolches traf in das eisige Wasser am Fuß und ließ ihn kehlig aufschreien. Gar nicht erst verharrend, setzte er zum nächsten Sprung an, wollte er keines Falls im eisigen Nass zum Stillstand kommen.
Der dritte Fels war zwar höher, aber auch er war glitschig und seine Landung mehr als unsanft. Nur mit größter Mühe fand er halt mit den Händen, aber nicht mit seinen Füßen. Immer wieder rutschte er weg und immer wieder schlugen kalte Wellen gegen ihn.
„Ace reiß dich am Riemen. Nur noch ein kleines Stück und dann hast du es geschafft.“, sprach er sich selbst Mut und Hoffnung zu und begann sich am Felsen lang zu hangeln. Er musste Halt mit seinen Füßen finden und auch einen guten Absprungpunkt damit er von diesem Felsen weg kam.
Es kostete ihm viel Kraft und einiges an Stärke die eisige Kälte des Wasser zu ertragen, bis er endlich eine geeignete Position erreicht hatte, von der er schon fast mühelos zum nächsten Felsen springen konnte.
„Oh nein verdammt!“, fluchte er auf, war dieser Fels noch glitschiger als alles anderen Felsen zuvor und kippelte gefährlich zur Seite. Sich zu Halten war ein mehr als Kräftezehrender Kraftakt, kippte der Fels einmal über und hätte ihn fast in den Fluten begraben.
Krachend brach die Welle über ihn zusammen, aber er schaffte es, sich weiter festzuhalten und sogar sich hochzustemmen, obgleich der Fels weiter gefährlich wankte und die Fluten ihn davon reißen wollten.
Mit seiner letzten Kraft warf er sich dem rettenden Ufer entgegen und ergriff eine Liane, die dort nahe über dem Fluss hing. Sich an ihr in Sicherheit ziehend, ließ er sich dort Kraftlos fallen und rang um Atem.
Diese Flussüberquerung hatte er sich leichter vorgestellt und er war sich gar nicht mehr so sicher, ob er die selbe Überführung auch am Tage ausgewählt hätte. Aber er hatte es geschafft, wenn er und all seine Sachen nun auch vollkommen durchweicht waren und die Nachtkälte ihm zum zittern brachte.
Nur mühevoll konnte er sich aufraffen und zum weitergehen animieren. „Nicht mehr weit!“, redete er immer wieder auf sich selbst ein, während er mehr im Automatismus einen Fuß vor den anderen setzte.
Doch ab jetzt war das Glück auf seiner Seite. Sein eingeschlagener Weg lichtete sich immer mehr und bald konnte er das ersehnte Ziel in der Ferne ausmachen. Ein kleines Häuschen am Berghang gelegen, machte auf sich Aufmerksam, indem leichter Rauch aufstieg und ein prasselndes Feuer im Ofen erahnen ließ.
Mit warmen Gedanken bald das Ziel erreicht zu haben, mobilisierte er seine letzten Kraftreserven und beschritt die letzten Meter. Jedoch so einfach war die Hütte dann doch nicht zu erreichen, führte nur eine in den Fels geschlagene schmale steile Treppe dort hinauf.
Stöhnend und teils auf allen Vieren erkomm er aber auch diese und schleppte sich erleichtert in die ersehnte Wärme.

Verwundert sah die alte Frau auf, als ein völlig durchnässter und durchgefrorener junger Mann die Hütte betrat. Ohne auf sie zu achten, ließ er seinen grünen Rucksack am Eingang fallen und schritt ohne umschweife auf die Feuerstelle zu. Zwar hatte er einen Ofen oder Kamin erwartet, aber eine so offene Feuerstelle erachtete er noch als viel besser.
Mit entsetzen sah die alte Frau, wie Ace sich einfach mitten ins Feuer stellte und erleichtert aufseufzend in sich zusammensackte. „Herrlich!“, murmelte er und ein zufriedenes Lächeln zeichnete sich auf seinen Lippen ab.
„Junger Mann, ich darf doch bitten!“, schnalzte die alte Frau ungehalten, als ihr erster Schreck verflogen war und erhob sich aus ihrem Nachtlager. Als sie bemerkt hatte, dass das Feuer dem Jungen nichts anhaben konnte, wusste sie sogleich, wenn sie vor sich zu sitzen hatte.
„Du hast die selben ungehobelten Manieren, wie dein Großvater!“, zischte sie ihm an und deutete mit einem Fingerzeig an, das er aus ihrem Feuer verschwinden sollte.
„Guten Abend oder besser eher Guten Morgen, Vizeadmiral Kranich!“, grüßte Ace sie und grinste breit, setzte dann aber zu einem flüchtigen Salut an, der aber mehr einem abwinken gleich kam. Dennoch kam er ihrer Aufforderung nach und erhob sich aus dem gleißenden Feuer.
Er kannte sie durch seinen Großvater, der oft über sie erzählte und er hatte sie auch bereits zwei mal getroffen. Nur selten verließ Vizeadmiral Kranich das Marinehauptquartier, aber wenn dann bevorzugte sie es auf Admiralsschiffen zu reisen und sie hatte einen Fable für den alten Monkey D. Woran dies lag, wusste Ace nicht, aber sein Großvater murrte jedes mal mürrisch herum, wenn sie sich ankündigte und trieb seine Mannschaft zu einem Putzmarathon an, sodass das Schiff im Anschluss jedes mal glänzte wie ein geölter Babypopo.
„Entschuldigung, aber es ist draußen eisig und ich musste mich erst einmal aufwärmen.“, nun war es Kranich, die ihm einfach nur eine abwinkenden Geste entgegenwarf und sich zu einem kleinen Tisch begab, der neben einem Stuhl und einem zerwühltem Bett die einzigsten Möbelstücke darstellten.
„Hier!“, reichte sie ihm eine in blaue Folie eingewickelte Schriftrolle, die mit seinem Namen und der Ziffer 1 versehen war. „Bewahre sie gut auf und versuch sie nicht zu ertränken!“, es war eine Anspielung auf seinen Rucksack, der bereits eine große Pfütze auf dem steinernen Boden hinterlassen hatte.
„Keine Sorge, ich werde gut darauf achten!“, entgegnete er ihr und griff sich seinen Rucksack. Ohne zu fragen, ob er überhaupt in der Hütte bleiben durfte oder eigentlich gleich weiterziehen müsste, packte er seinen Rucksack aus und warf die nasse Kleidung auf einen Haufen. Den Rest legte er fein säuberlich nahe des Feuers, damit es dort schnell trocknen könnte. Zu seiner Freude schien es Vizeadmiral Kranich egal zu sein, ob er sich hier nun ausbreitete oder sofort wieder verschwand.
Müde gähnte sie und machte eine winkende Handbewegung. Eh Ace sich versah, wurde seine Wäsche in die Luft gerissen und hing nun auf einer Wäscheleine. „Danke!“, bedankte er sich mit einem Lächeln.
„Schnarch nicht so laut wie dein Großvater, sonst setz ich dich vor die Tür! Gute Nacht!“, damit legte sie sich in ihre Bett und schnarchte augenblicklich selbst leise vor sich hin.
Erleichtert das er hier Vizeadmiral Kranich angetroffen hatte und nicht einen der anderen Vizeadmiräle, machte er es sich selbst am Feuer bequem. Die Steine dort waren warm, aber hart. Dennoch fiel er schnell in einen tiefen Schlaf und verpasste so den Beginn des hereinbrechenden Sturmes und das sich damit ereignenden Drama.

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