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Nov 18 2011

IceBluemchen

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20. War es ein Fehler?

Nachdenklich lag Sasuke in seinem Bett, hatte ihn der kurze Besuch bei seinem Bruder sehr aufgewühlt und viele Fragen aufgeworfen. Itachi hatte auf ihn so zerbrechlich gewirkt, nichts hatte an den einst so starken Ninja erinnert. Hilflos und schwach hatte er dort gelegen, dem Tode so viel näher als dem Leben.
„Shuga, was genau für eine Krankheit hat Itachi eigentlich, das er als einzigste Lösung den Tod sah?“, fragte er den Mediziner, der gerade damit beschäftigt war, letzte Kabel für Sasukes Überwachung an den Herzmonitor anzuschließen.
„Er hat einen sehr seltenen bakteriellen Infekt des Lymphsystems, sowie eine Lungenentzündung, die als Begleitkrankheit auftritt. Während wir die Lungenentzündung mit Antibiotika, Hustenblocker und Fiebersenkern gut behandeln können, gibt es gegen den lymphattischen Infekt kein bekanntes Heilmittel. Das Bakterium ist gegen jedes uns bekannte Antibiotikum resistent, können wir mit diesen die Krankheit nur verlangsamen und für einige Zeit sogar zum Stillstand bringen. Jedoch letztendlich ist der Infekt bislang tödlich und der Patient bis zu seinem Tode ein Pflegefall. Ich denke jedoch, das er mehrere Gründe für seine Entscheidung hatte und die schwere Erkrankung nur ein Teil, vielleicht das ausschlaggebende Quäntchen war. Das er den Tod das Seppuke für sich als einzigen Weg gesehen hat, lag auf jeden Fall daran, das er nicht den Rest seines Lebens auf Medikamente angewiesen sein wollte, nur um ein paar weitere Jahre als Geächteter durch die Lande ziehen zu können.“
„Er wollte ein würdevolles Ende!“, murmelte Sasuke dazwischen.
„Ja, er wusste das er schwächer werden würde. Früher oder später wäre ein rastloses Leben nicht mehr möglich gewesen, spätestens wenn er das dritte der vier Stadien der Erkrankung erreicht hätte, hätte er sich ein dauerhaftes Versteck suchen müssen, nur um dann einen qualvollen ehrlosen Tod ins Auge zu sehen.“ Sasuke schluckte. Dies klang alles nicht sehr gut und allmählich keimte in ihm die Frage auf, ob er seinem Bruder mit der Rettung überhaupt einen Gefallen getan hatte.
„Wie genau sieht der Verlauf der Krankheit aus? Was sind dies für Stadien und wo steht Itachi?“, fragte er daher, gab es auf seine Gedanken vielleicht eine Antwort.
„Die Krankheit verläuft in vier Stadien. Das erste Stadium ist die Infektionsphase, wo sich ein Patient über infiziertes Blut mit dem Erreger ansteckt und innerhalb von Wochen bis zu einem halben Jahr das komplette Lymphsystem befällt. In diesem Stadium treten noch keine Symptome auf, daher wird die Krankheit oft erst entdeckt, wenn sie in das zweite Stadium übergeht. Bei Itachi wurde die Erkrankung eher durch Zufall im ersten Stadium entdeckt, jedoch dadurch das er nahe zum zweiten Stadium stand und eine Behandlung ablehnte, befindet er sich jetzt im zweiten Stadium.“ Aufmerksam hörte Sasuke zu, erklärte Shuga gut verständlich, sodass er bislang alles sehr gut verstanden hatte und nichts hinterfragen brauchte.
„Im zweiten Stadium treten erste Symptome wie Kopf- und Gliederschmerzen auf und die Patienten sind anfälliger für Infektionen der Atemwege, sowie des Verdauungssystems. Itachi hatte sich jedoch schon vorher eine Lungenentzündung eingefangen und war wegen dieser bei einem Arzt gewesen, der jedoch die Lungenentzündung als ein Anzeichen für das dritte Stadium angesehen hatte. Denn charakteristisch für das dritte Stadium sind neben sehr starken Glieder- und Muskelschmerzen, auch eine chronische Atemwegsentzündung, sowie meist auch Entzündungen anderer Organe. Spätestens ab jetzt ist eine sehr intensive medizinische Betreuung notwendig, kann man sonst bereits in diesem Stadium sterben.“
„Und was kommt im vierten Stadium, wenn man diese überhaupt noch erreicht?“, fragte Sasuke ungeduldig dazwischen.
„Im vierten Stadium zersetzen sich die entzündeten Organe und es kommt zu einem multiplen Organversagen. Während das dritte Stadium schon recht schmerzhaft ist, ist das vierte Stadium die Hölle. Kein Schmerzmittel kann die Schmerzen mehr vollständig unterbinden und der Patient stirbt unter größten Qualen meist bei vollem Bewusstsein, da das Bakterium schützende Rezeptoren zum Gehirn blockiert, die den Patienten sonst in eine Bewusstlosigkeit gezogen hätte.“ Besorgt dachte Sasuke darüber nach. Dies klang für ihn alles nach einem wahren Albtraum und immer mehr quälte ihn die Frage, ob es wirklich gut gewesen war, das er das Seppuke so beeinflusst hatte.
„Wie lange hat Itachi noch?“ fragte er und kaute unsicher auf seiner Unterlippe herum. „Ich meine, er wird dies hier doch überstehen und soweit wieder gesund werden, oder?“, fügte er noch an und sah Shuga mit einem besorgten traurigen Blick an, der deutlich die Angst des Alleinseins zeigte, die in Sasuke wohnte.
Seufzend fuhr sich Shuga durchs Haar, wodurch sich sein Haarband löste und die schulterlangen Haare nun offen teils über seine Schultern fiel. Jedem hatte er gesagt, das er noch keine Prognose bezüglich Itachi abgeben könne, war es einfach noch zu früh und sein Zustand noch zu kritisch. Jedoch so könnte er Sasuke doch nicht abspeisen. Der Junge machte sich bereits jetzt schon viel zu viele Sorgen und Gedanken. Wenn er ihm jetzt noch offen sagen würde, das er Itachis Chancen bestenfalls auf fifty-fifty einschätzte, konnte einfach noch zu viel geschehen und schief gehen, würde Sasuke wohl einen Nervenzusammenbruch erleiden. Jedoch hatte er ihm auch versprochen, ihn nicht anzulügen. Was für ein Dilemma!
„Steht es so schlecht um Itachi, das du mir nicht antworten magst?“, riss Sasuke ihn aus seinen Gedanken und Schweigen.
„Sein Zustand ist sehr kritisch! Es wäre einfach vermessen von mir, wenn ich sage, er wird wieder gesund. Es wäre eine Lüge und anlügen werde ich dich nicht, das habe ich versprochen! Daher beantworte ich dir deine Frage so, das dir derzeit niemand als die Zeit und Geduld deine Frage beantworten kann. Denn mit jedem Tag, jeder Stunde die er durchhält, steigen seine Chance es zu überstehen.“ Betrübt sah Sasuke auf seine Decke, verkrampften sich seine Hände darin und er spürte, wie ihm ein Klos im Halse zu schaffen machte. „Danke das du ehrlich zu mir bist!“, murmelte er mit zittriger Stimme, musste er sich stark zusammenreißen, setzten ihn die Worte sehr zu. Er wollte sich einfach nicht vorstellen müssen, das es doch noch ein schreckliches Ende nehmen könnte, wobei sich dies zeitgleich mit seinem Zweifel biss, ob es generell gut war, das er das Seppuke soweit beeinflusst hatte. Was wenn er einen großen Fehler begangen hatte und seinem Bruder dadurch nur zusätzlichen Qualen ausgesetzt hatte. Würde Itachi ihn dafür nicht hassen?
„Ich kann deine Frage nach dem „Wie lange?“, jedoch theoretisch beantworten, wenn dich die Antwort noch interessiert. Also theoretisch im Sinne, das dein Bruder sich wieder erholt.“, schlug Shuga vor, worauf Sasuke sogleich nickte.
„Okay, also rein theoretisch Itachi kommt wieder auf die Beine, dann würden ihm wahrscheinlich noch mehrere Jahre vergönnt sein, eh er das dritte Stadium erreicht. Die Infektion ruht zur Zeit. Das Antibiotikum, das ich ihm gegen die Lungenentzündung gebe, hat diesen positiven Nebeneffekt. Und gegen mögliche auftretende Schmerzen, wird er ein leichtes Schmerzmittel bekommen. Außerdem wird er sein Leben sehr umstellen müssen. Jedoch können wir dies dann erörtern, wenn es soweit ist.“ Auch wenn Shuga sich nicht recht wohl dabei fühlte, Sasuke so rein theoretisch Hoffnung zu machen, das er mit Itachi noch einige Jahre glücklich leben könnte, so tat er es dennoch, denn er sah deutlich das Sasuke diese Antwort genügte. Sasuke entspannte sich und sah erleichtert aus. Ein Teil seiner Angst war ihm genommen. Sicherlich die Angst Itachi zu verlieren blieb, aber dennoch gab es auch einen Hoffnungsschimmer für die Zukunft.
„Also war es kein Fehler? Er wird mit der Krankheit leben können und es wird keine Qual sein?“, unsicher sah er Shuga an, war dieser über diese Frage sehr überrascht.
„Es war auf keinen Fall ein Fehler, Sasuke!“, entgegnete er daher sogleich. „Itachi hatte damals seine Entscheidung mit einem gänzlich anderen Hintergrund getroffen. Er hatte keine Zukunft mehr gesehen. Aber jetzt hat er eine Zukunft und wer weis schon, wie weit die Medizin in ein paar Jahren sein wird. Vielleicht findet ein Forscher schon Morgen ein Heilmittel! Vielleicht war es eine höhere Macht, die für ihn noch nicht das Ende gesehen hat. Vielleicht gibt es für ihn noch eine Aufgabe, die er noch erfüllen muss und daher alles so kam, wie es kam.“
Ernst und doch voller Hoffung sah Shuga ihn an. „Sasuke, du solltest in dem Ganzen nur das positive sehen und jegliche negativen und schlechten Gedanken davon schieben. Du hast ein großes Geschenk bekommen, du hast deinen Bruder wiederbekommen. Das ist es doch, was du dir gewünscht hast. Also denke Positiv! Positive Gedanken geben Kraft und diese wirst du noch brauchen…“ Und dann sprach Shuga es einfach doch aus, auch wenn er dabei vielleicht zuviel an Hoffung versprühte. „Denke an eine Zukunft mit deinem Bruder! Er wird dich brauchen… immer! Allein wird er es nicht schaffen! Er braucht deinen Halt und deine Hilfe. Allein die Genesungsphase jetzt wird sehr lang und Kräftezehrend sein, sowie auch die Krankheit ihm viel abverlangen wird. Er wird deinen Beistand brauchen und deine Liebe.“
Sasuke bis sich nachdenklich auf die Unterlippe. Es war schwer alles Negative und Schlechte loszulassen. Sicher er hatte Itachi von Herzen vergeben und wollte die schreckliche Bluttat hinter sich lassen. Jedoch waren dort dennoch so viele ungeklärte Fragen und Rätsel, der gesamte Clanmord war für Sasuke ein reines Mysterium, hatte er sich vor diesen Schicksalshaften zwei Wochen kaum Gedanken über das wirkliche Warum gemacht, kam dies jetzt immer mehr auf.
Das wahre Warum, weshalb Itachi dies begangen hatte, glaubte Sasuke einfach nicht mehr daran, das es rein egoistische Gründe hatte. Nein, dies passte nicht zu dem Bild von seinem Bruder, das sich in ihm geformt hatte. Er wusste, das er Itachi jetzt wahrlich vor sich sah, so wie er wirklich fühlte und dachte. Alles zuvor war nur Lüge gewesen. Eine Lüge um ihn, Sasuke hassen zu lassen. Nur warum? Warum hatte Itachi gewollte, das Sasuke ihn hasst und bittere Rache schwor. Es ergab doch keinen Sinn, wenn Itachi ihn in Wahrheit liebte.
Müde und resignierend strich er sich über das Gesicht und gähnte herzhaft. „Du solltest jetzt schlafen. Morgen hast du einiges vor dir und da solltest du ausgeschlafen sein.“, sprach Shuga, nickte Sasuke nur und kuschelte sich bereitwillig in seine Decke.
Aber sofort konnte er nicht einschlafen. Noch immer hielt ihn das Rätsel und ein Entschluss keimte in ihm auf. Er wollte der Wahrheit auf die Spur kommen und das Rätsel hinter Itachis Lüge lösen. Auch wenn er bezweifelte, das Itachi ihm selbst die Lösung geben würde.

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