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Okt 21 2011

IceBluemchen

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13. Sasuke erwacht

Völlig benommen öffnete Sasuke die Augen, begriff er nicht wo er sich befand, gehorchte sein Körper ihm nicht und immer wieder fielen ihm die Augen zu, nickte er für einen Augenblick weg, eh er wieder die Augen öffnete und immer noch nicht begriff, wo er sich befand. Blinzelnd sah er sich um und fragte sich, was dies für ein merkwürdiges Zimmer war. Sein Geist konnte die aufgenommenen Bildreize einfach nichts zuordnen, ebenso wenig wie die Geräusche und Gerüche.
Verwirrt fragte er sich, was nur geschehen war, aber auch das Erinnern funktionierte nicht, konnte er die Bilder einfach nicht begreifen und zu einer klaren Antwort ordnen.
Leise murrte er auf, verspürte er einen merkwürdigen Druck an seiner rechten Seite und hatte das Gefühl, irgendwie eingewickelt zu sein. Aber er konnte weder an sich hinab sehen, sich sonst irgendwie bewegen, wollten sich seine Arme und Beine einfach nicht rühren und seinen Kopf befand er als viel zu schwer, bekam er ihn nicht einmal leicht gedreht.
Ein seufzen entfuhr ihm und er starrte nachdenklich an die Decke, versuchte sich gedanklich an ein Ereignis vor seiner Verwirrung zu klammern, aber immer wieder entglitten ihm die Erinnerungen, ergaben sie eh keinen rechten Sinn.
Ein Schatten huschte an ihm vorbei, versuchte er ihn zu folgen, beugte sich plötzlich ein junger Mann mit einer OP-Haube auf dem Kopf und Mundschutz vor dem Gesicht über ihn und in sein Sichtfeld. Ein kurzer dunkelbrauner Zopf fiel dem Mann über die Schulter, nahm diese Banalität Sasuke ein, betrachtete er das halblange Haar, erinnerte ihn dies an etwas… Nein an jemanden.
„Itachi…?“, flüsterte er fragend dem Mann zu, schüttelte dieser jedoch leicht den Kopf. „Mein Name ist Shuga Yamamuro. Ich bin Arzt.“, entgegnete er und lächelte ihn freundlich an, auch wenn das Lächeln hinter dem Mundschutz verborgen blieb. „Sasuke weist du wo du bist? Kannst du dich an irgend etwas erinnern?“
Fragend sah Sasuke den jungen Arzt an. Erst hatte er gedacht, Itachi beuge sich über ihn, der Zopf hatte ihn an seinen großen Bruder erinnert, fiel ihm auch immer so der Zopf über die Schulter, wenn er Sasuke morgens geweckt hatte, damit er nicht verschlief und womöglich noch zu spät zur Schule kam. Gern erinnerte er sich an diese Kleinigkeit und an das herzliche Lächeln, das Itachi ihm dann immer schenke. Aber dieser Mann war nicht Itachi.
Shuga sah deutlich in Sasukes fragenden und abwesenden Blick, das er noch vollkommen von der Narkose benommen war. In diesem Zustand war es vergebens, irgendetwas von Sasuke zu verlangen oder zu erfragen. Es würde noch etwas dauern, bis er soweit klar ihm Kopf sein würde und bewusst auf Fragen antworten könnte.
„Itachi…?“, flüsterte Sasuke wieder, verspürte er das starke Bedürfnis, ihn zu sehen. Gleichsam verwirrte ihn dieses jedoch auch, verspürte er eine tiefe Angst um seinen großen Bruder, die er sich nicht erklären konnte. Es ergab für ihn keinen Sinn, Angst um Itachi den Clanmörder zu haben, den er zutiefst hasste. Aber irgendwie verspürte er gar keinen richtigen Hass auf ihn, sondern nur Angst, Sorge und Verwirrung.
„Er ist neben an und schläft.“, antwortete Shuga, hatte er das Gefühl das Sasuke seinen Bruder suchte.
Nebenan schlafen klang für Sasuke gut. Es nahm etwas die Angst, aber die Sorge blieb. Sorge das Itachi plötzlich fort wäre. Nicht fort im Sinne von gegangen, wie schon einmal. Fort im Sinne von nicht mehr da, einfach weg und nicht mehr existent. Diese Sorge schürte jedoch wieder seine Angst, eine andere Angst als die um Itachi. Es war die Angst allein zu sein, niemanden mehr zu haben, der einen hielt, liebte und beschützte.
Ängstlich sah Sasuke zum Arzt, der ihm geduldig Zeit ließ für seine Gedanken. Für Shuga war es normal, das Patienten in dieser Aufwachphase verwirrt waren und oft plötzliche Angst- und Panikattacken bekamen. Sie verstanden meist ihre Situation nicht, wusste nicht wo sie waren und was mit ihnen geschehen war. Oft dachten sie auch gar nicht an sich, sondern an Verwandte, Freunde oder das geliebte Haustier. So kam es schon vor, das ein Patient sich mehr sorgen um seinen Nin-Ken machte, als um sich selbst.
Sasukes Angst lag deutlich bei Itachi. Er hatte seine eigene Situation noch gar nicht erfasst, war sein Geist viel zu sehr verwirrt und steuerte ihn rein Instinktiv und Emotional.
„Du brauchst keine Angst zu haben, es wird alles wieder gut. Die Nachwirkungen der Narkose wirken noch auf dich ein, aber ich versichere dir, du bist in den besten Händen und auch Itachi wird nur von den besten Ärzten versorgt. Es wird sicherlich alles wieder gut.“, versuchte Shuga ihm die Angst zu nehmen, jedoch begriff Sasuke die Worte nicht. Ärzte und gut konnte er einfach nicht in Einklang bringen. Ärzte bedeuteten für ihn Krankenhaus, Krankheit und auch Tod. Irgendwie passte da das Wort gut nicht hinein, stand außen vor, wie eine Hoffung auf Gesund und Leben.
Suchend schweifte Sasukes Blick von Shuga ab. Was war dies nur für ein merkwürdiges Zimmer. Das sterile helle Weiß der Decke und Wände brannte in den Augen. Das gelbliche Licht der Neonröhre wirkte künstlich und beunruhigend, warf es merkwürdig graue Schatten, wie Geister gleich. Ein Piepsen drang an sein Ohr, wurde er sich diesem kontinuierlichen Geräusch erst jetzt bewusst, ging es ihm auch schon auf die Nerven. Die Flaschen die in der Luft hingen, verwirrten ihn zusätzlich. Wie konnten Flaschen so in der Luft schweben? Eine Weile betrachtete er sie, stieg ab und an eine Luftblase auf. Dann fiel ihm das metallene Gestell auf, an denen die Flaschen hingen. Also doch keine Zauberei, sondern nur dummes Krankenhaus.
„Krankenhaus, Narkose…?“, fragte er dann an Shuga gewand, war es mehr eine Bestätigungsfrage, als eine Frage wo er sei. „Ja, du bist im Krankenhaus auf der Intensivstation. Du wurdest schwer verwundet und musstest operiert werden. Aber alles ist gut verlaufen und du wirst wieder ganz gesund.“, antwortete Shuga, wurde Sasuke nun allmählich klarer.
Wieder ließ Sasuke seinen Blick schweifen, ergab das Zimmer mehr und mehr einen Sinn, nur das Warum blieb ein verwirrendes Bild. Er erinnerte sich daran, das er gelaufen war und ANBU auswich, die ihn hatten zurückhalten wollen. Ein Bild vom Park kam nun in seine Gedanken. Viele Shinobi hatten dort gestanden und etwas beobachtet. Nein, sie sahen bei etwas wichtigem zu, waren sie alle sehr konzentriert, starr und angespannt. Ganz still war es gewesen, keiner von ihnen hatte einen Laut von sich gegeben, war es wie die Totenstille auf einem Friedhof nach einer Beerdigung. Alle schauten sie auf einen weißen Bereich, der so unschuldig und deplaziert wirkte. Ein neues Bild formte sich und er sah im ersten Moment nur Rot auf weißem Grund. Merkwürdiges Rot, sah es aus wie Blut. Und plötzlich sah er Itachi, riss Sasuke weit die Augen auf und sah Shuga entsetzt an.
„Itachi ist verletzt… Hilfe… Er ist verletzt… nicht sterben… mein Bruder… nicht sterben…“, flüsterte er verzweifelt, regte ihn die Angst und Sorge innerlich auf, sodass sein Herzschlag sich beschleunigte und das Piepsen des Monitors ebenso, als wolle es mit Sasukes Herz um die Wette rennen.
„Ganz ruhig Sasuke. Wir haben Itachi geholfen! Er ist auch hier, gleich neben an und schläft.“, versuchte Shuga ihn wieder zu beruhigen. „Ich hab dir doch erzählt, er ist nebenan und schläft. Wir haben ihm geholfen und er wurde wie du operiert. Verstehst du mich, Sasuke?“
Kurz ließ Sasuke die Worte Revuepassieren, brauchte er etwas, um sie zu begreifen, schlich sein Geist noch und war für Höchstleistungen im Denken noch zu träge. Aber er begriff, Itachi war da, huschte sein Blick zur Wand. „Andere Seite!“, flüsterte Shuga und wieder huschte ein ungesehenes Lächeln über seine Lippen. Sogleich wanderte Sasukes Blick zur anderen Seite. „Da?“, fragte er flüsternd. Shuga nickte. „Er schläft? Ist nicht…“, wagte Sasuke nicht, gestorben auszusprechen. „Ja er schläft ganz tief. Ein künstlicher tiefer Schlaf, damit sein Körper sich ausruhen und heilen kann.“, erklärte Shuga, nickte Sasuke leicht, verstand er dies, wurde sein Verstand immer wacher und klarer.
Allmählich wurde ihm auch das Geschehen wieder klar und machte ihn nun stutzig. „Warum?“, fragte er, wand den Blick jedoch nicht von der Wand ab, als könne er hindurch blicken und Itachi sehen.
„Was genau meinst du?“, hackte Shuga nach, konnte ein Warum für recht viel stehen. „Warum Seppuke? Warum sterben wollen? Warum nicht bei mir sein?“ Sasukes Augen füllten sich mit Tränen, hatte er über diese Fragen selbst noch nicht nachdenken können, kamen sie ihm gerade in den Sinn und quollen aus ihm heraus.
Shuga atmete einmal tief durch. Dieses Warum konnte er zum größten Teil beantworten, vielleicht auch ganz, so ordnete er seine Gedanken und versuchte es Sasuke so einfach wie möglich zu erklären.
„Ich konnte in den letzten Tagen viel über deinen Bruder erfahren, auch wenn er selbst nicht gerne über sich spricht, so erzählt er gerne über dich. Er erinnert sich sehr gerne an eure gemeinsame Zeit und er sagte immer, das er dies sehr vermisse.“
„Er hat mich lieb!“, schniefte Sasuke dazwischen, liefen bereits erste Tränen. Shuga nickte. „Ja er hat dich sehr lieb und er bereut seine Fehler, bereut dir wehgetan zu haben.“, leicht seufzte Shuga auf, wollte er in diese Richtung eigentlich nicht abdriften. „Er wollte es wieder gutmachen und dich wieder glücklich sehen.“
„Aber warum wollte er sterben. Ich versteh dies nicht…“, leicht schüttelte er den Kopf und sah Shuga an. „Ich dachte erst, Meister Hokage habe dies entschieden und ich wollte es verhindern. Gefängnis ist besser als Hinrichtung. Im Gefängnis kann ich ihn sehen und lieb haben…“ Traurig biss er sich auf die Unterlippe und kaute etwas darauf herum. „Warum wollte er sterben und mich alleine lassen?“
Diese direkte Frage und die Angst die deutlich dahinter stand, ließ Shuga erkennen, Sasuke war nun hell wach und alles an Narkose fort. Er würde es ihm erklären können, ohne zu fürchten, das er es morgen Früh erneut tun müsste.
„Manchmal ist das Schicksal ein trauriger steiniger Weg und bringt uns zum straucheln und fallen…“, begann Shuga, erinnerte dies Sasuke sehr an den Brief, hatte Itachi etwas ähnliches geschrieben. „Dein Bruder ist sehr krank. Ich meine damit jedoch nicht die Verletzung aus dem Seppuke, sondern er ist schon eine Weile sehr krank. Es ist eine sehr schwere Erkrankung und ihr Verlauf ist mit sehr vielen Schmerzen verbunden, endet sie nach einem langen Weg im Tod, da es bislang kein bekanntes Heilungsmittel gibt.“
Plötzlich fühlte Sasuke sich wieder überfordert. Was Shuga ihm gerade erzählte, hörte sich wie ein perfider Witz an und er fühlte sich schlagartig sehr elend. Seine Gedanken kreisten, versuchte zu begreifen und zu verstehen. Er versuchte die Worte mit dem Geschehenen in Einklang zu bringen und daraus seine Schlussfolgerungen zu ziehen.
Seine Gedanken sagte ihm, das Itachi seinetwegen diesen Weg ging, konnte es nur so sein, dachte Itachi nie erst an sich, sondern gingen immer andere vor. Er war gekommen, um sich zu entschuldigen und zu verabschieden, wenn er dies wohl auch nur mit einem Brief geplant hatte. Jedoch fand Sasuke es gut, das er seinen Bruder vorher noch einmal gesehen hatte, war es dieses Treffen, das seine Entscheidung trug und der Brief nur der letzte Schupser war. Es war die Entscheidung Itachi nicht verlieren zu wollen und über das Geschehene endlich hinweg zu kommen, wenn sein Bruder gerecht bestraft dafür werden würde.
Aber mit dem Seppuke hatte er nicht gerechnet und es tat ihm im Herzen weh, bedeutete es alleine zurück zu bleiben. Jedoch war das Seppuke vorüber und Itachi lebte noch, schlief nebenan und sie kümmerten sich um ihn. Wieso, das wollte ihm sein Verstand jedoch nicht verraten. Aber der Grund für die Entscheidung zum Seppuke war nun ausgesprochen. Er war Krank und wollte ein gerechtes Ende gehen. Gerecht im Sinne, das er seine Tat mit seinem Blut und Mut sühnen wollte, wie er es immer geplant hatte, nur das er jetzt durch seine eigene Hand den Tod finden wollte und nicht der Hand Sasukes. Er hätte mit dem Seppuke alles Schuld getilgt und die Ehre wieder bereinigt. Jedoch was war jetzt?
Shuga sah, das Sasuke nachdachte und grübelte, die Worte verarbeitete und versuchte zu verstehen. Er gab ihm die Zeit die er benötigte, hatte er genügend davon, denn mit nur einem eigenen Patienten, der derzeit im künstlichen Koma nebenan lag und er schnell vor Ort sein würde, wenn etwas nicht stimmte, und einer Freistellung vom Chefarzt höchst persönlich, bekam der Fall Itachi die höchste Priorität vom Hokage persönlich und damit eine Sonderstellung, hatte Shuga momentan sehr viel Zeit. Zeit für die er sich vornahm, Sasuke näher kennen zu lernen und zu helfen, alles richtig zu verstehen, wollte er nicht alles auf Kakashi abladen. Außerdem konnte er auf Fragen über Itachis Zustand am besten antworten, müsste Sasuke nicht mit Vertröstung oder Halbwissen abgespeist werden.
Plötzlich brach alles über Sasuke zusammen. Er verstand nichts mehr und weinte bitterlich, wollte Antworten auf so viele Fragen, die plötzlich in seinen Kopf stürzen und ihn überwältigten und überforderten. Jedoch sein Mund kannte nur eine Frage. „Was wird mit Itachi? Was wird mit ihm?“, schluchzte er fast unverständlich.
Shuga verstand diese Frage erst falsch, erklärte das sie Itachi behandeln würden und sie alles tun würde, damit er ein weitgehend normales Leben führen könne.
„Was bedeutet im Gefängnis normal? Er ist krank, er darf doch nichts in Gefängnis! Krank darf er nicht ins Gefängnis, das ist nicht richtig…“, schniefte er, weinte er noch immer.
„Sasuke, nein. Nein er muss nicht ins Gefängnis. Sasuke sieh mich an…“, er wartete bis Sasuke ihn mit einem verständnislosen Blick ansah, ergab dies bislang noch keinen Sinn für ihn, war er innerlich so verwirrt und durcheinander. „Itachi wurde begnadigt! Hast du dies verstanden? Er ist frei, soweit…“, er unterbrach sich, sah Sasuke ihn nun an, als wäre die Welt plötzlich stehen geblieben und es gäbe nur noch einen Mittelpunkt.
„Er ist frei, soweit… soweit was?“, kam es merkwürdig emotionslos.
Es erschreckte Shuga, wie schnell Sasuke von zerbrochen zu kalt wechseln konnte.
„Er ist frei, soweit es seine schwere Erkrankung zulässt. Er wird wahrscheinlich den Rest seines Lebens Medikamente nehmen müssen und regelmäßig untersucht werden. Er ist frei und doch irgendwie gefangen…“
Jedoch hatte Shuga sich geirrt, war Sasuke nicht emotionslos kalt geworden, sondern nur auf einen Schlag ganz ruhig. Frei und begnadig war etwas wunderbares und klang für Sasuke richtig. All seine Ängste waren plötzlich fast vollständig hinfort und er fühlte sich befreit, als wäre eine schwere Last einfach verschwunden und nur noch schmerzende Striemen erinnerten an die einstige Last. Striemen die mit der Zeit heilen würden, Schmerzen die abklingen würden, nur Narben würden zurückbleiben und ihn nie vergessen lassen.
Lächelnd und mit glücklichen Augen sah Sasuke zu Shuga, gänzlich ruhig und befreit. Jetzt sah Shuga deutlich seinen Irrtum und lächelte zurück.
„Ich will zu ihm!“, bat Sasuke, gähnte jedoch augenblicklich später herzhaft auf und er spürte, wie es ihm immer schwerer fiel, seine Augen offen zu halten. „Das geht momentan noch nicht. Du musst fest liegen, damit deine Verletzung gut heilen kann. Gib deinem Körper etwas Zeit und deinen Gedanken auch. Okay?“, Sasuke wollte wiedersprechen, jedoch musste er wieder gähnen und seufzte nur noch als Antwort, fielen ihm die Augen zu und er glitt in einen erholsamen ruhigen Schlaf.

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