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Aug 08 2011

IceBluemchen

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07. Sei tapfer kleiner Angsthase (Teil 3)

Es war Mitternacht geworden, hoch stand der Mond am Himmel und erhellte den dunklen Wald. Aber noch etwas leuchtete hell Orangen, wusste Arie nun, das der Kampf gegen die Wölfe vorüber war und sie die Kadaver verbrannten, eh anderes gefährliches Getier von ihnen angezogen werden könnte. Es bedeutete jedoch auch, das ihr Vater bald Heim kommen würde. Ob er wusste, wie es um die Prinzen stand?
Sanft strich sie Legolas über das Gesicht. Er schlief ruhiger, dennoch hielt er seinen Bären fest umklammert, als würde sein Leben von dem Stofftier abhängen. Höchstwahrscheinlich würde er die Nacht durchschlafen, aber ganz sicher konnte sie sich darin auch nicht sein.
„Arie, wie geht es ihm?“ Leise war Thranduil eingetreten, trug kein Licht bei sich, reichte ihm das fahle Licht des Mondes aus, um seine Tochter im Lehnsessel zu entdecken.
„Er ist kaum verletzt, eigentlich nicht der Rede wert. Viele Schmarren und Prellungen, sein linker Fuß ist verstaucht. Aber sonst ist er körperlich unversehrt.“, leicht seufzte sie. Wie es in Legolas aussah, wussten sie noch nicht. Noch war er nicht erwacht und ließ erahnen, wie es seelisch um ihn stand.
„Warst du schon bei Jolan?“, fragte sie nun, hatte sie nichts mehr von ihm gehört, seit sie an Legolas Bett wachte. Leicht senkte ihr Vater seinen Blick und nickte. „Wie geht es ihm?“, sie klang so besorgt, das es dem alten Elb schmerzte.
„Nicht sehr gut. Er hat sehr viel Blut verloren und seine Schulter ist durch den Wolf zermalmt worden.“, er seufzte und fuhr sich über das Gesicht. „Mereen weis noch nicht, ob seine Schulter wieder wird. Er fürchtet, das sie steif werden könnte und damit sein rechter Arm stark in der Bewegung eingeschränkt sein wird.“ Dies waren absolut keine guten Nachrichten. Sie wusste ja um die stark verletzte Schulter, aber das es so schlimm um sie stand, betrübte sie sehr. Wie würde Legolas nur darauf reagieren?
Noch etwas blieb Thranduil am Bett seines Sohnes sitzen und beobachtete ihn im schlaf. Ruhig lag er da und schlief mit geschlossenen Augen. Eine kleine Merkwürdigkeit, die auch Jolan inne hatte, schliefen seine Söhne daheim, behütet und in Sicherheit, grundsätzlich mit geschlossenen Augen. Zweifelsohne hatten sie dies von ihrer Mutter geerbt, die ebenfalls dieser für Elben doch recht ungewöhnliche Merkwürdigkeit nachkam.
Aber plötzlich wurde er unruhig, warf er sich auf die Seite, schlug um sich und trat seine Decke fort. Wimmernd krallte er sich an Meglin und erwürgte den Stoffbären regelrecht.
„Legolas wach auf!“, redete Thranduil sanft auf seinen Jüngsten ein, der nun keuchend hochschreckte und seinen Vater und Schwester entgeistert ansah. Ungläubig sah er von seinem Vater zu seiner Schwester und wieder zurück. Er musste für sich erst begreifen, das er nicht mehr alleine im dunklen Wald verfolgt von schwarzen hungrigen Wolfen war. Jedoch schon kullerten erste Tränen und er war froh, das sein Vater ihn nun liebevoll in den Arm nahm und tröstete.
„Es tut mir leid Ada…“, schluchzte er leise und klammerte sich noch fester an ihn. Legolas wusste, das er eine sehr große Dummheit begangen und seinen Vater sicherlich sehr enttäuscht hatte. Dem war er sich schon im Wald bewusst geworden, als ihm klar wurde, das er sich heillos verirrt hatte und die nahen Wölfe bemerkt hatte. Jedoch wie er der mehr als deutlichen drohenden Gefahr entkommen und heimgekommen war, konnte er nicht erfassen. Zahllose Bilder voller Grauen hatte er vor Augen und ängstigte ihn so sehr, das er anfing zu zittern und seinen klammernden Griff abermals verstärkte.
Thranduil spürte deutlich die Angst seines Sohnes und sprach beruhigend auf ihn ein, das er nun in Sicherheit sei und die Wölfe ihm nichts mehr tun würden. Schluchzend nahm Legolas die Worte auf, murmelte unverständliche Entschuldigungen, aber seine Tränen wollten einfach nicht versiegen.
Eine lange Nacht stand dem Elbenkönig nun bevor, hing Legolas wie eine Klette an ihm und schrie sofort panisch auf, wenn sein Vater den Griff lösen wollte. Selbst Arie war dem machtlos gegenüber. Der Kleine suchte Sicherheit und alleinig sein Vater konnte ihm die Sicherheit geben, nach der er so sehr verlangte.
Am schlimmsten wurde es jedoch, als Legolas nach Jolan fragte und sie nicht wussten, wie sie ihm die Verletzungen seines großen Bruders beibringen sollten. Es war ein Schock für ihn und er weinte nur noch bitterlicher, gab sich die Schuld an dem gesamten Unglück und murmelte immer wieder, das ihm alles so leid täte.
Erst am Morgen bekam Thranduil seinen Jüngsten beruhigt, lag es auch etwas an dem Versprechen, das wenn Legolas nach dem Frühstück noch etwas schlafen würde, sie am Nachmittag einmal nach Jolan sehen würden. Lustlos aß er die zwei Brote mit Marmelade, die Arie ihm gebracht hatte, obgleich er einen riesigen Hunger hatte. Jedoch mit den Gedanken bei seinem großen Bruder und riesigen Schuldgefühlen im Bauch, schmeckte es ihm einfach nicht und sie bekamen auch kein Lächeln aus ihm heraus. Eher betrübt warf er sich zurück in seine Kissen, umschlang Meglin und versuchte noch etwas zu schlafen.

„Mach den Mund auf!“, wies Arie ihren großen Bruder an, freiwillig die bittere Medizin zu schlucken, die Mereen für ihn verordnet hatte. Blass und kraftlos saß er in seinem Bett und alleinig ein kleines Murren war Protest genug, fehlte ihm einfach die Energie sich gegen seine überführsorgliche Schwester zu stellen. So schluckte er das sirupartige Zeugs und hätte sich danach am liebsten vor Ekel geschüttelt, aber seiner Schulter zu liebe beließ er es und bekundete seinen Unmut mit einem angewiderten „Bäh!“.
Der Tee den sie ihm danach einflößte, spülte nur bedingt den abscheulichen Geschmack hinfort, schmeckte er trotz Honig auch nicht gerade sehr berauschend. Aber die Medizin und der Tee taten ihm gut, spürte er deutlich seine Kräfte wiederkommen, auch wenn ihm dies in seiner verordneten festen Bettruhe absolut nichts nützte. Und an diese wollte er sich strickt halten, wollte er keine Komplikationen bei der Abheilung seiner Schulter riskieren.
Vorsichtig ließ er sich in die Kissen sinken und überlegte, wie er den langen Nachmittag rumbekommen sollte. Vielleicht sollte er Arie um ein gutes Buch aus der Bibliothek bitten. Nur hatte er dortige fast alle bereits gelesen, einige sogar bereits mehrfach.
Leise klopfte es an der Tür und sogleich tat Thranduil ein und Jolan wusste, dieser Nachmittag würde keinesfalls langweilig werden, trug sein Vater Legolas auf dem Arm. Schuldbewusst und traurig sah der kleine Junge auf seinen großen Bruder und hielt seinen Stoffbären in festen Klammergriff.
Behutsam setzte Thranduil seinen Jüngsten auf dem Bett seines Ältesten ab und sah ihn mahnend an, hatte er ihn erklärt, das Jolan sich mit seiner Schulter nicht viel bewegen konnte und Legolas sehr vorsichtig sein müsste.
Zaghaft und verschüchtert sah Legolas auf seinen großen Bruder und zog einen Flunsch wie drei Tage Regenwetter. „Es tut mir leid. Ich wollt dies nicht!“, schniefte er und sah betreten auf die Bettdecke.
„Ach Legolas…“, erwiderte Jolan seufzend und ergriff Legolas Hand, zog ihn leicht zu sich, sodass er ihn in seinen unverletzten Arm nehmen konnte. „Ich bin so froh, das dir nichts passiert ist.“, sprach er sanft und strich ihm beruhigend über den Rücken, weinte Legolas wieder bitterlich und es brauchte eine Weile, bis er sich wieder beruhigt hatte.
„Aber wegen mir wurdest du verletzt.“, schniefte er und wischte sich die Tränen in seinem Nachthemd ab.
„Ja, das stimmt. Ich wurde verletzt. Aber dies heilt wieder. Viel schlimmer wäre es gewesen, wenn dir etwas zugestoßen wäre. Niemals hätte ich mir dies verziehen!“, entgegnete Jolan und drückte Legolas etwas an sich.
„Bitte versprich mir etwas!“, sprach er dann nachdenklich, woraufhin Legolas ihn leicht kopfnickend ansah. „Mach nie mehr so eine Dummheit! Es hat Gründe, wenn Vater, Arie und ich dir etwas verbieten. Wir wollen nicht, das dir etwas zustößt. Du glaubst vielleicht, das du schon groß bist, aber das bist du nicht!“, durchdringend ernst sah er Legolas an. „Du bist ein kleines Kind und hast noch sehr viele Jahre vor dir, eh du erwachsen sein wirst. Und dies ist auch gut so. Du wirst nie mehr so unbeschwert frei sein können, wie als Kind. Du hast noch keine Verpflichtungen und Lasten mit dir herumzutragen. Sei nicht so dumm und bürde dir selbst etwas auf, das noch nicht sein muss. Verstehst du das?“
Legolas nickte und biss sich verlegen auf die Unterlippe. Sein Vater und Geschwister machten sich doch nur Sorgen um ihn und er bereitete ihn solch einen Kummer. „Ich verspreche es! Ich werde nicht mehr alleine in den Wald laufen und ich werde gehorchten.“, erneut schniefte er, lief ihm vom vielen weinen die Nase. Aber jetzt wollte er nicht mehr weinen, so kuschelte er sich wieder an seinen Bruder und blieb dort bis zum Abend liegen und lauschte einer Geschichte, die Jolan ihm erzählte.

Fletschende Zähne, Knurren und Geheul… Peitschende Äste, zerfetzendes Gebüsch… Todesangst und blanke Panik…
Schreiend erwachte Legolas und sah sich hektisch in seinem Zimmer um. Es war dunkel, nur der Mond schien und erhellte den Raum kaum merklich. Angst kroch in ihm hoch, war es so Ruhig und Beklemmend. Und auch wenn er wusste, das er eben nur geträumt hatte, so fürchtete er, das jeden Augenblick ein schwarzer Wolf aus dem Dunkel auf ihn zugesprungen käme.
Schnell schlug er seine Zudecke fort und rutschte aus dem Bett. Schmerzlich verzog er das Gesicht, als er mit seinem verstauchten Fuß auftrat. Aber er wollte jetzt nicht allein sein. So biss er die Zähne zusammen und humpelte mit Meglin im Arm los.
Weit erschien ihm der Weg, bis er den schwach ausgeleuchteten Raum erreichte, wo er sich Sicherheit, Wärme und Geborgenheit versprach.
„Legolas, was machst du hier?“, fragte Thranduil erstaunt, als er seinen Jüngsten in der Tür stehen sah, wie er ängstlich seinen Bären umklammerte und ihn mit genauso ängstlichen Blick ansah.
„Kann ich bei dir schlafen?“, antwortete der Kleine, blieb aber in der Tür stehen, schmerzte sein Bein nun sehr und er wollte keinen Schritt weiter gehen. Ein liebevolles Lächeln umspielte nun Thranduil Gesicht. Und obwohl er eigentlich noch einiges an Papieren vor sich hatte, ließ er diese liegen und nahm seinen kleinen Sohn auf den Arm. Sofort schmiegte sich Legolas an seine Brust und hielt sich schutzsuchend an ihm. Leicht hauchte Thranduil ihm einen Kuss aufs blonde Haar und verließ sein Arbeitszimmer.
Lang kam es ihm vor, das Legolas schon nicht mehr bei ihm geschlafen hatte. In den ersten Lebensjahren schlief er keine einzige Nacht in seinem eigenen Bettchen und kuschelte sich immer zu Arie, Jolan oder ihm. Seit er aber sein eigenes Zimmer hatte, kam dies immer seltener vor und in den letzten Monaten dann gar nicht mehr. Er wurde merklich größer, nicht nur körperlich, sondern auch vom Geiste her. Dennoch war er noch ein Kind.
Ein kleiner Junge der sich schutzsuchend an seinen Vater klammerte und wusste, er würde die bösen Albträume fernhalten. Ruhig schlief Legolas in seinem Arm und wachte die Nacht nicht wieder auf.
„Guten Morgen, Ada!“, flüsterte Arie ihrem Vater zu, wollte sie Legolas nicht wecken, der noch immer friedlich in seinen Armen schlief. Sie hatte sich bereits gedacht, das sie ihn hier finden würde, als sie ihren kleinen Bruder nicht in seinem Zimmer vorfand. Das er zu Jolan geschlichen war, bezweifelte sie sogleich, war er zwar gerne als nächtliches Kuschelopfer auserkoren, aber hier ging es um Albträume und Ängste und dort war schon immer ihr Vater die erste Adresse gewesen.
„Guten Morgen, Arie!“, flüsterte auch er. „Warst du schon bei Jolan?“
Arie nickte lächelnd. „Ja, ich habe Mereen geholfen die Verbände zu wechseln und er sagt, das alles sehr gut aussieht und gut verheilt. Wobei es natürlich noch zu früh ist, um zu sagen, wie sich das mit der Schulter letztendlich entwickeln wird.“ Es war eine positive Nachricht und gab etwas Hoffnung, das der Schrecken bald vergessen sein könnte.
Gähnend drehte sich Legolas um und rutschte so aus den Armen seines Vaters. Protestierend sah er auf und sah zu seinem Vater und Schwester auf. Jedoch war er noch zu müde für irgend einen Morgengruß und ließ seinen Kopf zurück auf die Brust seinen Vaters fallen, um noch einen Augenblick zu dösen.
„Sieht wohl so aus, als würdest du heute im Bett frühstücken müssen!“, kicherte Arie und erhob sich, hatte sie gerade eine brillante Idee. Eigentlich wollte Thranduil dagegen anprotestieren, hatte er heute noch so viel zu tun, konnte Jolan ihm nicht helfend unter die Arme greifen und die Papiere stapelten sich zu kleinen Gebirgen unerledigter Verwaltung. Jedoch Arie war bereits aus seinem Schlafgemach geeilt, mit einem lächeln auf dem Gesicht, das absolut nichts Gutes bedeuten konnte.
Seufzend sah er auf seinen Jüngsten, der ihn nun aus verschlafenen Augen ansah, ein „’morgen Ada!“, murmelte und abermals herzhaft gähnte.
Gut hatte er geschlafen, fühlte er sich in den starken Armen seines Vaters einfach wohl. Keine Albträume hatte er mehr gehabt, so wie es immer schon war, vertrieb sein Vater die bösen Geister und beschützte ihn.
Ernst sah Thranduil plötzlich zur Tür, weswegen Legolas sich nun leicht aufrichtete und auch zur Tür schaute. Niemand war dort, ging sie jedoch sogleich einen Spalt auf und Jolan kam hereingeschlüpft, als wolle er sich vor jemanden verstecken.
„Jolan, was machst du hier? Du gehörst ins Bett!“, herrschte ihn sein Vater sogleich an, konnte er es nicht glauben, das sein Ältester gerade seine Gesundheit riskierte und durchs Schloss stromerte.
„Will ich ja!“, grinste er und machte es sich neben seinem Vater im Bett bequem. Legolas fand das entgeisterte Gesicht seines Vaters toll und grinste nun auch, was Thranduil und Jolan freute, das er endlich wieder fröhlich war.
Dennoch war Thranduil über Jolans Aktion etwas verwirrt und überlegte, wann sein Sohn eigentlich das letzte mal in seinem Schlafgemach war. Weit musste er zurück denken, war es noch zu Naneths Zeiten und als Arie noch ein kleines Kind war. Oft hatte Naneth ihre kleine Familie morgens zusammengeholt und im Bett gemeinsam gefrühstückt.
Nun ahnte er, war Arie vor hatte und wurde einige Zeit später darin bestätigt, kam sie mit einen Teller voll belegter Brote und einem Krug warmer Milch wieder und setzte sich zu ihren drei Männern.
Legolas gefiel dies, kam es zwar nicht selten vor, das sie alle gemeinsam frühstückten oder zu Abend aßen, aber noch nie hatten sie gemeinsam dies im Bett getan. Es war eine ganz andere Atmosphäre, viel gemütlicher und familiärer.
So aßen sie und unterhielten sich über dies und das, bis Legolas sich fast an seinem Käsebrot verschluckte, als Jolan ihm zum erlegten Wolf gratulierte. Er selbst hatte keine rechte Erinnerung daran, kam ihm die Nacht und der Kampf wie ein schrecklicher Albtraum vor.
So freute er sich nicht sonderlich über diese Beute und meinte Kleinlaut, das er auch mit einem Wildhuhn zufrieden gewesen wäre…

… to be continues!

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