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Feb 21 2012

IceBluemchen

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28. So solltest du nicht reden und schon gar nicht denken!

Geduldig ließ Itachi die stationäre Morgenroutine über sich ergehen, auch wenn ihm die ein oder andere Situation unangenehm war. Ausgerechnet eine recht junge Krankenschwester war für seine Körperpflege verantwortlich und begann ihn zu waschen. Ihm war bewusst, das dies jeden Morgen geschehen war, nur hatte er dies bis dato nicht bewusst wahrgenommen. Nun aber hätte er sich am liebsten davongestohlen.
Was ihm jedoch mehr ärgerte, war die Tatsache, das er kaum etwas selbst hinbekam. Nicht einmal seine Haare konnte er selbst kämmen oder sich ankleiden. Dies war gleichsam auch eine Veränderung, wurde das Krankenhemd durch einen Pyjama ersetzt.
Shuga führte Routineuntersuchungen durch, maß den Blutdruck und nahm Blutproben, horchte seine Lunge ab und kontrollierte die Atemwege auf Entzündungsanzeichen. „Deine Lunge hört sich besser an. Die Lungenentzündung geht allmählich zurück, aber ich warne dich besser vor möglichen Hustenanfällen. Auch wenn du Hustenblocker bekommt, kann dies dennoch vorkommen und dann recht unangenehm und schmerzhaft sein.“
Itachi nickte nur. Hustenanfälle hatte er auch vor dem Seppuke gehabt und auch diese waren nicht ohne gewesen. Wie viel schlimmer sollte es dann jetzt noch werden können?
Mehr war seine Aufmerksamkeit nun auf seinen Bauch gerichtet, schob der Mediziner das Hemd des Pyjama hoch und legte das große Pflaster frei, das die gewaltige Schnittwunde abdeckte. Augenblicklich schluckte Itachi. Das die Wunde groß war, wusste er. Aber es nun durch den Verband so deutlich zu sehen, machte es erst real.
Vorsichtig löste Shuga das Pflaster, wurde Itachi nun nervös. Gleich würde er die Wunde, die frische Narbe sehen. Was erwartete ihn nun? Wie ein langer roter Strich zog sich die Narbe über seinen Bauch, kamen sogleich die Erinnerungen an den Schmerz in ihm auf. Er erinnerte sich wie er sich zusammenreißen musste, als das Wakazashi in seinen Bauch eindrang, wie er einen schmerzlichen Aufschrei unterdrücken musste und all seinen letzten Mut zusammengekratzt hatte, um es überhaupt zu Ende zu bringen und nicht einfach aufzugeben und in Schande zu sterben.
In diesem Moment war es ihm ein Rätsel, wie er dies hatte überhaupt soweit durchziehen konnte. Er hatte keinerlei Ahnung mehr, woher er die Kraft und den Mut genommen hatte. Nur eines wusste er genau, er würde dies kein zweites Mal vollbringen können. Nicht jetzt wo er das wiederbekommen hatte, was ihm im Leben alles bedeutet… Sasuke!
„So schlimm?“, riss Shuga ihn aus seinen Gedanken, schüttelte Itachi leicht verunsichert den Kopf. Er hatte bis eben sich kaum vorstellen können, wie der Schnitt und die daraus entstandene Narbe hätte aussehen können. Wenn er es nun genauer betrachtete, sah es zwar auf dem ersten Blick gigantisch und unnatürlich aus, aber je länger er die Narbe betrachtete je weniger arg schlimm kam sie ihm vor.
„Es ist ein merkwürdiges Gefühl! Es wird erst jetzt alles richtig greifbar und real.“, vorsichtig fuhr er mit seiner Hand die Linie ab. „Sie fühlt sich merkwürdig taub an!“, murmelte er.
„Sei froh darüber!“, entgegnete Shuga sogleich, „Der Schnitt war tief. Du hast mit ihm nicht nur deine Haut verletzt, sondern auch deine Bauchmuskeln und Darm, Nervenbahnen und Blutgefäße durchtrennt. So etwas ist äußerst schmerzhaft, nicht nur wenn es geschieht, sondern auch während der Abheilungsphase. Aber keine Sorge, das taube Gefühl wird langsam nachlassen und in ein bis zwei Jahren wird sich dann alles wieder normal anfühlen.“
„Und du glaubst, das ich dies noch erleben werde?“, fragte Itachi und sah den Mediziner nun betrübt an. Welche Aussicht hatte er schon groß? Die Krankheit würde ihn langsam aber allmählich aufzehren, auch wenn sie ihn nun gezielt behandelten und ihm noch einige Jahre versprechen. Er hatte dies für sich nicht so gewollt, auch wenn er es jetzt Sasukes wegen akzeptierte und das bestmögliche herausziehen wollte. Alleinig für Sasuke ließ er sich darauf ein.
„So solltest du nicht reden und schon gar nicht denken!“, mahnte Shuga sofort. „Ich weis!“, beschwichtigte Itachi, eh Shuga mit einem Vortrag, über seine zweite Chance und was dies für Sasuke bedeutete, beginnen konnte. „Ich muss dies alles nur erst einmal verdauen! Und auch akzeptieren!“
Nachdenklich sah er zur Seite und an Shuga vorbei. „Mit so etwas habe ich einfach nicht gerechnet. Ich sah das Ende meines Weges klar vor mir und nun hat sich kurz vor dem Abgrund, doch noch eine Brücke aufgetan und ich weis nicht, ob sie nicht mitten unter meinen Füßen zusammenbrechen wird. Ich will Sasuke kein zweites mal wehtun! Aber darauf läuft es nun hinaus.“
Betrübt blickte Itachi nun auf den grünen Drachen, der an seinem Fußende saß und irgendwie eine kindliche Fröhlichkeit ausstrahlte, die jedoch in keinster Weise auf ihn übergehen wollte. „Ich werde langsam aber sicher vor seinen Augen sterben. Und ich werde ihm noch mehr wehtun, als ich es ohnehin schon tat.“
Shuga wusste nicht was er in diesem Augenblick entgegnen sollte. Itachi wirkte in diesem Moment so traurig und verletzlich.
„Sasuke weis genau um das, was auf dich und ihn zukommen wird. Ich glaube, er hat sehr große Angst davor. Aber noch viel größer war seine Angst, dich jetzt zu verlieren. Jeden Tag hat er an deinem Bett gesessen und gebangt, sich über jeden noch so kleinen Fortschritt gefreut und…“, kurz hielt Shuga inne und seufzte. „Er liebt dich so sehr, das er sein Leben für dich aufs Spiel gesetzt hat. Ihm war das Seppuke so egal! Alles was er wollte, was er will, bist du! Er sagte zu mir „Gefängnis sei besser als Tod, denn im Gefängnis hätte er dich besuchen können!“, nun kam es sogar noch viel besser. Ihr habt eine gemeinsame Zukunft vor euch und auch wenn diese begrenzt ist, so bedeutet deinem Bruder dies alles.“
„Itachi!“, energisch sprach Shuga nun auf ihn ein, „Ich habe noch nie so etwas erlebt. Das was euch verbindet ist so stark, das es alles überwinden kann. Nur so solltest du denken! Positiv und nach vorn in die Zukunft und immer fest deinen Bruder vor Augen!“
„Das hatte ich immer, Shuga!“, entgegnete Itachi. „Ich meine immer Saskues Zukunft vor Augen. Er ist mir das wichtigste im Leben. Mein Leben stellte ich immer hinten an und dies wird sich nicht ändern! Sasuke will das ich lebe und bei ihm bin, dies werde ich ihm erfüllen, auch wenn ich noch nicht weis, wie dieses Leben aussehen wird!“
„Aus medizinischer Sicht gut, denn dafür werde ich sorgen!“, Entschlossenheit funkelte in Shugas Augen auf, „Es gibt keine Krankheit die man nicht heilen kann. Und bis ich das Heilmittel für dich gefunden habe, werde ich alles erdenkliche tun, um dir ein erträgliches Leben zu ermöglichen. Denn dies habe ich Sasuke versprochen, das ich alles geben werde, um dir zu helfen!“
Itachi atmete tief durch und nickte leicht. „Danke!“, flüsterte er und sah wieder auf die Narbe, sie die als Zeugnis auf ewig mit ihm sein und ihn auf ewig an alles erinnern würde.
„Ein neues Pflaster muss eigentlich nicht mehr darauf.“, sprach Shuga und zog daher das Hemd wieder über den Bauch und deckte Itachi zu. „Außerdem wird Dr. Matsu sicherlich vor deiner Verlegung den Wundverlauf begutachten wollen. Danach können wir wieder eines darauf machen, wenn es dir lieber sein sollte, wobei etwas mehr Luft der Narbe sehr gut tun würde.“
Itachi entgegnete nichts mehr darauf und beobachtete stumm den Rest der Untersuchung. In seinen Gedanken war er bei Sasuke und dem was kommen würde. Wie würde ihre Zukunft wohl aussehen? Eine gemeinsame Wohnung? Ein gemeinsames Leben? Er als Sasukes Lehrmeister der alten Geheimnisse des Uchiha-Clans? Jedoch die größte Frage war… wie lange?

Eine halbe Stunde später kam die Morgenvisite und erneut wurde Itachi untersucht. Dr. Matsu der Oberarzt der Allgemeinmedizin, sowie der Chefarzt der Chirurgie diskutierten über den Wundverlauf und ob eine Verlegung von der Intensivstation wirklich schon eine gute Idee sei. Jedoch nachdem man zur Übereinkunft gekommen war, das Itachi dort eigentlich die selbe Pflege erhielt, die Anwesenheit seines kleinen Bruders sehr gut für sie beide sein würde und letztendlich bei Itachi allmählich an eine Rehabilitationstherapie gedacht werden musst, stand die Entscheidung.
„Es ist ein Einzelzimmer auf das du jetzt verlegt wirst, da wir so eine mögliche Infektionsgefahr durch andere Patienten und deren Besucher ausschließen wollen. Jedoch werden wir Sasuke mit in dein Zimmer legen, denn wie Dr. Matsu es sagte und ich der selben Meinung bin, es wird euch beide sehr gut tun!“, erklärte Shuga während er neben Itachis Bett herlief. Die Verlegung war im vollen Gange und Itachi etwas verunsichert und fühlte sich nicht recht wohl bei der ganzen Aktion.
Immer wieder sahen ihn Ärzte, Krankenschwestern und Patienten mit einem merkwürdigen Blick an, der neben fragend und neugierig, aber auch manchmal Abneigung und Unverständnis ausdrückte. So war er heilfroh als er in sein neues Zimmer geschoben wurde und sich endlich diesen Blicken nicht mehr ausgesetzt fühlte.
Mit schnellen Handgriffen war er an die vorgesehene Position geschoben und bekam eine Nasensonde mit Sauerstoff unter die Nase geschoben. Shuga überprüfte noch die Infusionen, als für Itachi das wichtigste kam… Sasuke wurde ins Zimmer geschoben und strahlte über das gesamte Gesicht. „Nii-san!“, begrüßte er seinen Bruder freudig und wäre am liebsten aus dem Bett gesprungen und zu ihm gelaufen. Aber der strenge Blick von Dr. Yaten ließ ihn inne halten.
Sein Bett wurde an die Wand geschoben, gab der kleine Raum nicht mehr her, nahmen der Überwachungsmonitor und das Beatmungsgerät von Itachi bereich recht viel Platz ein, sodass zwischen den zwei Betten nur ein guter Meter platz vorherrschte. Aber es störte keinen der Brüder, war der eine Meter eigentlich schon zuviel!

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