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Feb 21 2012

IceBluemchen

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22. Die Bedeutung des Drachen

Voller Ungeduld wartete Naruto vor dem Krankenhaus, wo Kakashi ihren heutigen Treffpunkt bestimmt hatte. Er war viel zu früh dran, hatte er die Nacht kaum schlafen können, dachte er immer wieder an das Geschehene. Sein Team war erst seit wenigen Wochen zusammen und vor allem in den ersten drei Wochen war er immer wieder mit Sasuke aneinander geraten. Er hatte diese eiskalte Fassade einfach nicht verstanden und warum Sasuke immer so verschlossen war.
Jetzt hatte sich jedoch alles etwas geändert. Nun gab es eine Erklärung für alles und er konnte ihn verstehen. Sasuke musste eine unvorstellbare Wut in sich getragen haben und gleichsam eine bittere Trauer. Er hatte alles gehabt und mit einem Schlag verloren. Dies musste grausam für ihn gewesen sein.
Naruto spürte die Einsamkeit in sich aufkeimen, die er sein bisheriges Leben immer gespürt hatte. Erst seit kurzem war dieses Gefühl verschwunden, hatte er doch jetzt sein Team. Er hatte endlich Freunde, sah er Sakura und Sasuke als diese. Zuvor war er immer gemieden worden, wurde hinter seinem Rücken über ihn getuschelt oder er weggeschoben, wenn er den Versuch unternommen hatte, Freunde zu gewinnen. Nun war es anders. Niemand würde ihn fortschieben oder über ihn tuscheln. Auf Sakura und Sasuke konnte er sich verlassen.
„Ob Sasuke sich auch einsam gefühlt hat?“, fragte er sich und dachte an jene Momente zurück, wo er allein von der Akademie nach Hause ging und Sasuke regelmäßig allein am See sitzen gesehen hatte. Immer hatte er so traurig auf den See hinaus gesehen, voller Sehnsucht, als warte er auf etwas, das doch nicht kommen würde. „Ob er an seinen Bruder gedacht hatte?“
Naruto wusste das Grundlegende über den Clanmord, das was in der Öffentlichkeit erzählt wurde und seit zwei Tagen nun Gesprächsthema Nummer eins war. Itachi hatte den Clan in nur einer Nacht vollständig bis auf seinem Bruder ausgelöscht. Das Motiv soll rein egoistisch gewesen sein, erzählte man sich, er habe es nur getan, um zu sehen, ob er es schaffen könne. Naruto kam dies als Grund vollkommen merkwürdig vor. Wie kalt und eingebildet müsste man sein, um aus so einem Grund dies zu tun? Es passte überhaupt nicht zu dem Bild, das er von dem kurzen Aufeinandertreffen von Itachi hatte. Damals kam er ihm herzlich und gütig vor, aber nicht kaltblütig und egoistisch. Und ein eiskalter Mörder würde doch auch nicht das Seppuke wagen.
Ein Schauer lief ihm den Rücken hinab, war die Vorstellung an ein Seppuke so surreal und doch war es geschehen und sein Team-Kamerad und Freund dabei verletzt worden. Warum Sasuke dies getan hatte, konnte er gut nachvollziehen, hatte Kakashi es ihnen auch verständlich erklärt. Sasuke hatte seinen Bruder geliebt und wollte ihn nicht verlieren, egal mit welcher Schuld er behaftet gewesen war.
Naruto seufzte. Was würde er darum geben, seine Familie zurückzubekommen. Für Sasuke gab es zumindest einen Weg einen Teil zurück zu erlangen. Er aber kannte nicht einmal die Namen seiner Eltern…

„Guten Morgen Naruto!“, grüßte Sakura ihn und riss ihn so von seinen Gedanken los. „Morgen!“, grüßte er zurück, gähnte und streckte sich und sah gen Himmel. Es sah nach Regen aus und er hoffte, das Kakashi auch bald auftauchen würde.
„Was hast du denn da?“, fragte er dann, als ihm das kleine Päckchen in Sakuras Hand auffiel. „Etwas für Sasuke, damit er schnell wieder zu Kräften kommt!“, antwortete sie verlegen und wurde leicht rot.
„Na, wartet ihr schon lange?“, fragte sie plötzlich Kakashi, der wie aus dem Nichts aufgetauscht, nun hinter ihnen stand.
„Nein, ich bin auch gerade erst eingetroffen.“, es geschahen noch Wunder, war Kakashi nur 5 Minuten zu spät und dies ein neuer Pünktlichkeitsrekord gegenüber seinen Schülern. „Gut, dann lasst uns reingehen. Es fängt sicher gleich an zu regnen!“

Leicht klopfte es an Sasukes Zimmertür, trat augenblicklich später auch schon Kakashi, gefolgt von Naruto und Sakura ein. Aber hatte Naruto entgegen gehöriger Krankenhausetikette auf dem Flur noch rumgealbert, war er nun ruhig und zog wie Sakura ein besorgtes Gesicht.
„Hey, was machst du nur für Sachen!“, versuchte Naruto seine Besorgnis herunterzuspielen, aber ganz bekam er sie dann doch nicht aus der Stimme fort. Sasuke war blass und wirkte deutlich geschwächt.
Seufzend sah Sasuke auf den Blondschopf und dann in die Runde. Sakura wirkte betrübt und Kakashi war wie immer ein Rätsel. Da stand nun sein erster Krankenbesuch und am liebsten hätte er sie sogleich wieder fortgeschickt, war ihm so gar nicht nach Besucht werden. Noch immer war er wütend wegen dem gestrichenen Besuch bei seinem Bruder und er hatte nicht einmal die Möglichkeit sie irgendwie herauszulassen.
Sonst war er immer Spazieren gegangen, wenn er zu wütend wurde. Verschaffte sich Freiraum, half ihm die frische Luft und das einsame nachdenken.
„Sensei, können sie bitte das Fenster aufmachen?“, bat er, würde die kühle Regenluft eventuell etwas sein erhitztes Gemüt abkühlen, wollte er nicht vor seinem Besuch explodieren.
Kakashi kam dieser Bitte nach, beschloss Sasuke auch sich aufzusetzen. Wieder stützte er sich mit den Armen ab, wollte Kakashi ihm sogleich helfen. „Nicht, ich schaffe es allein!“, hielt Sasuke ihn jedoch zurück und kämpfte sich wie zum Frühstück alleine in eine sitzende Position. Er war auf sich selbst Stolz, das es ihm bereits leichter fiel und auch nicht mehr sehr wehtat.
Eine betretene Stille trat ein, kam Sasuke alles recht gezwungen vor. Sakura stand noch immer schweigend und mit besorgten Blick da, hielt sich an ihrem kleinen Päckchen, das jedoch wiederum Sasukes Neugier weckte. Aber es war Kakashi, der die Stille unterbrach. „Ich habe dir ein paar Sachen mitgebracht.“, sprach er und stellte eine kleine Reisetasche auf das Bett. „Danke!“, murmelte Sasuke und zog sich die Tasche näher, um zu schauen, was Kakashi ihm da eingepackt hatte.
Kaum hatte er den Reisverschluss geöffnet, sprang ihm förmlich ein grüner Drache mit schwarzen Stirnband um den Hals entgegen. Wie erstarrt sah Sasuke auf das Plüschtier, das im schon immer sehr viel bedeutet hatte, griff jedoch augenblicklich Naruto danach.
„Oh der ist ja süß!“, gackerte er und hielt den Drachen musternd in der Hand. „Ein Ninja-Plüschi, wie passend…“
„Gib mir sofort meinen Drachen zurück!“, rannte Sasuke den Blondschopf an und fixierte ihn mit einem finsteren Blick. „Hey, nicht gleich so eingeschnappt, wegen einen dummen Plüschi.“, feixte Naruto jedoch nur und drückte den Kopf des Drachen etwas platt. „Schau mal, er kann genauso grimmig dreinschauen wie du!“, lachte er über die Grimasse des Stofftieres, konnte Kakashi nicht mehr schnell genug reagieren, wie die gespannte Situation eskalierte.
Das erst beste was Sasuke in die Hände geriet, warf er zielsicher nach Naruto, traf es den Blondschopf direkt an den Kopf und dem erschrockenen schmerzlichen Aufschrei nach zu urteilen, hatte es ordentlich weggetan.
„Aua, was sollte das denn jetzt?“, wetterte Naruto wütend, erstarrte er jedoch, als er in das wütende Gesicht Sasukes und dessen aktivem Sharingan sah. Noch nie hatte er das Sharingan bei ihm gesehen. Bei Itachi schon, aber nicht bei Sasuke.
„Sofort aufhören!“, schrie Sakura aufgelöst und verängstigt, ging auch Kakashi dazwischen. „Naruto gib Sasuke seinen Drachen zurück und entschuldige dich bei ihm!“, sprach er und sah ihn bestimmend an. Naruto kam der Aufforderung sogleich nach, wobei er sich seine Stirn hielt, an der allmählich eine Beule wuchs, aber entschuldigen tat er sich nicht.
„Warum soll ich mich entschuldigen? Er hat mich doch beworfen!“, beschwerte er sich über die Aufforderung seines Sensei. „Du sollst dich entschuldigen, weil du absolut kein Taktgefühl hast und nicht einmal bemerkt hast, was du für einen großen Mist gerade gebaut hast.“, entgegnete Kakashi, sah Naruto ihn nun verwundert an, verstand er nur Bahnhof.
„Was soll das denn jetzt bedeuten?“, fragte er wütend nach, wobei ihm auffiel, wie verkrampf Sasuke den Drachen an sich drückte. ‚Das ist doch verrückt! Sasuke schein tatsächlich total an diesem dummen Plüschdrachen zu hängen!’, dachte er und sah wieder zu Kakashi.
„Das soll bedeuten, das du besser aufpassen und beobachten musst!“, sprach Kakashi und deutete auf den Drachen. „Erinnerst du dich daran, was Itachi Sasuke zum Abschied geschenkt hat? Und siehst du was der Drache um den Hals trägt? Naruto du musste besser auf die Details deines Umfeldes achten und auch auf die Reaktionen deines Gegenüber.“, belehrte Kakashi ihn, verstand Naruto nun, warum Sasuke so wütend und aggressiv gehandelt hatte.
„Es tut mir Leid!“, murmelte er entschuldigend und bückte sich. Er hob das Päckchen auf, das Sasuke Sakura aus der Hand gerissen und nach Naruto geworfen hatte. „Entgegen meiner Stirn, ist es wohl heil geblieben!“, reichte er es Sakura, die es sogleich entgegen nahm und begutachtete. In der Tat hatte das Päckchen keinen Kratzer abbekommen.
„Das habe ich dir mitgebracht!“, wand sie sich Sasuke zu und reichte es ihm hinüber. Sogleich zuckte Naruto zusammen, als Sasuke es dankend annahm. „Aber nicht wieder werfen!“, grinste er, war die vorangegangene Attacke bereits wieder Geschichte.
„Ich habe die Plätzchen selbst gebacken!“, strahlte Sakura, als Sasuke die kleine Holzdose öffnete und auf das runde Gebäck starrte. „Ich hoffe, du darfst sie auch essen? Daran habe ich gar nicht gedacht, ob du alles essen darfst…“, plapperte sie dann drauf los.
„Ja, ich darf alles essen!“, schlug er ihre Besorgnis über mögliche Diätpläne in den Wind und nahm sich anstandshalber eines der Plätzchen heraus. Er mochte so süßes Gebäck eigentlich nicht, aber er wollte Sakura auch nicht vor den Kopf stoßen.
„Und schmecken sie dir?“, fragte sie dann mit einem Leuchten in den Augen, als Sasuke gerade einen kleinen Biss nahm. „Ähm ja!“, entgegnete er und schob sich auch den Rest in den Mund. Das Plätzchen war eindeutig zu süß und mit zu viel Schokolade versehen, aber sie hatte nicht nach einer Kochkritik gefragt und so musste sie sich mit dieser knappen gelogenen Antwort begnügen.
„Darf ich auch eines haben?“, fragte Naruto mit Bettelblick. „Nein!“, rannte Sakura ihn sofort forsch an. „Sasuke muss wieder zu Kräften kommen und da wirst ganz sicher nicht du ihm seine Plätzchen wegfuttern.“
Dennoch reichte Sasuke ihm die kleine Holzdose. „Ich darf zwar alles essen, aber auch nicht zu viel süßes.“, sprach er und hoffte, das Sakura diese Andeutung verstand, das sie ihm beim nächsten Besuch nicht wieder so etwas Süßes mitbrachte.
Naruto griff sich gleich zwei Plätzchen und lobte Sakura für ihre guten Backkünste, als er das erste sogleich verschlungen hatte. Höfflich bot Sasuke auch Kakashi ein Plätzchen an, nahm er es dankend an, steckte es jedoch in eine seiner Westentaschen. „Ich esse es später!“
Natürlich, es wäre auch zuviel verlangt die Maske vor seinen Schülern kurz fallen zu lassen und es sofort zu essen.
Eine Weile unterhielten sie sich ungezwungen, beschwerte sich Naruto über ihren gestrigen Trainingstag, wo er mit Sakura mehrfach durch Konoha rennen durfte, nur damit Sasuke eine neue Zahnbürste und Shampoo bekam. Sasuke amüsierte dies, das Kakashi seine Kritik gleich so nützlich umgesetzt hatte.
Doch dann schwenkte Naruto plötzlich auf das Thema Seppuke um. Sogleich zog Sasuke wieder den Drachen enger an sich, auch wenn Naruto voller Ehrfurcht über Itachis Mut sprach. Es war ähnlich wie bei allen anderen Ninja, stand das Seppuke als etwas sehr ehrenwertes im Raum. Dennoch betrübte es Sasuke, keimte die Angst und Sorge um Itachi wieder hoch, die er zuvor wenigsten für einen Augenblick etwas in den Hintergrund hatte schieben können.
„Wie geht es ihm? Er wird doch wieder oder?“, fragte Naruto, bemerkte er erst jetzt, wie verkrampft Sasuke dasaß und auf seinen Drachen sah. „Ich weis es nicht! Ich durfte ihn heute noch nicht sehen!“, murmelte Sasuke. Leicht strich seine Hand über die Stirnplatte von Itachis Stirnband. Sie war wieder heil, so wie Itachi wieder ein vollwertiges anerkanntes Mitglied der Gemeinde war. Er würde ihm das Stirnband zurückgeben, wenn er aus dem Koma aufwachte, sollte Itachi den Beweis seiner Begnadigung in Händen halten können.
Dieser Drache musste Sasuke wirklich einiges bedeuten, dachte sich Naruto, war es die einzigste logische Erklärung, weshalb ein Eisklotz wie Sasuke sich so an ein altes Plüschtier klammern konnte. Er musste ihn wohl schon sehr lange besitzen, war er teils recht abgegriffen und am Rücken auch einmal geflickt worden. Aber er wollte dieses mal nicht taktlos sein und verkniff sich die Nachfrage, woher Sasuke eigentlich dieses Plüschtier hatte. Wahrscheinlich würde Sasuke es ihm auch gar nicht erzählen.
Ein Klopfen zerriss die bedrückte Stimmung, trat augenblicklich Shuga ein, erhellte sich Sasukes Gemüht sogleich, als er den Assistenzarzt und vor allem den leeren Rollstuhl erblickte…

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